FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR
Deutschland, Italien, Spanien 1964
Regie: Sergio Leone
DarstellerInnen: Clint Eastwood, Gian Maria Volonté, Marianne Koch, Wolfgang Luschky u.a.
Inhalt
Ein mysteriöser Mann mit Poncho reitet auf seinem Maultier durch eine kleine, nicht mehr besonders dicht besiedelte Stadt, auf deren Boden schon viel Blut vergossen wurde.
Die Bewohner tun alles, um ihn möglichst bald wieder loszuwerden. Aber Joe bleibt. Und er macht sich den zwei rivalisierenden Banden (die Rojos und die Baxters) abwechselnd nützlich, ohne dass die jeweilig andere Seite davon Wind bekommt. Er geht dabei ohne mit der Wimper zu zucken über Leichen.
Als er begreift, wie skrupellos und gnadenlos die Rojos wirklich sind, stellt er sich überraschenderweise gegen sie, um eine unschuldige Familie zu retten. Ist dies sein Todesurteil?
Eine Bemerkung gleich zu Beginn: Dieses Review über den Film, mit dem alles begann, der quasi den Startschuss des Italowestern-Genres markiert, versteht sich nicht nur als Filmkritik, sondern als Liebeserklärung an den Italowestern und fällt deshalb etwas ausführlicher aus als sonst.
"Für eine Handvoll Dollar" entstand 1964 als erster Western von regista Sergio Leone. Darauf folgend führte er Regie bei "Für ein paar Dollar mehr", "Zwei glorreiche Halunken" und "Spiel mir das Lied vom Tod".
Der Zeitpunkt des Drehbeginns war vielleicht etwas ungewöhnlich, denn das italienische Publikum hatte sich eigentlich satt gesehen an (amerikanischen) Western und manche von ihm angefragte Produzenten oder Schauspieler hielten ihn für verrückt.
Niemand konnte es sich so recht vorstellen - ein Western, der in Italien gedreht wird? Zum damaligen Zeitpunkt befanden die meisten Leute diese Idee für mehr als nur befremdlich.
Ein namhafter Drehbuchautor, den ein Telefonanruf Leones und der Vorschlag, einen Western zu produzieren, nur ein Kopfschütteln und müdes Lächeln gekostet hat, gab seiner Frau sogar die Anweisung, wenn dieser Leone wieder anrufe, solle sie sagen, er sei nicht da.
Sie wurden alle eines Besseren belehrt.
Doch wie kam Sergio Leone auf diese - damals wohl noch revolutionäre - Idee? Er sah den japanischen Samurai-Film "Yojimbo" im Kino und wusste sofort, das ist Stoff für einen Western. Er studierte Szene für Szene und adaptierte diese für seinen Film, was ihm nach dem durchschlagenden Erfolg von "Für eine Handvoll Dollar" noch rechtliche Probleme bescheren sollte. Aber sei's drum.
Drehort war das spanische Almería, weil die Produktionskosten in Spanien erheblich geringer waren und die Landschaft der texanischen ähnelt.
Der dem Weltpublikum zum damaligen Zeitpunkt noch unbekannte Schauspieler und Seriendarsteller Clint Eastwood sagte Leone für die Hauptrolle ohne Umschweife zu.
Diese kam ihm gelegen, weil es sein Vertrag mit den Machern der Serie "Rawhide" verbot, innerhalb von Amerika einen Film zu drehen.
Abgesehen davon weckte die ungewöhnliche Idee Leones die Neugier des Schauspielers.
Inspiriert, motiviert und gut vorbereitet schneite Eastwood mit einem Koffer, in dem er unter anderem sein Cowboy-Outfit, das er im Film zu tragen beabsichtigte, transportierte, auf dem Filmset ein.
Clint Eastwood tat gut an seiner Neugier. Er avancierte über Nacht zum Weltstar.
"Für eine Handvoll Dollar" ist im Vergleich zu späteren Italowestern vielleicht nicht der raueste, inhaltlich tiefgründigste oder der am sorgfältigsten inszenierte Genrevertreter, war aber revolutionär in seiner Machart und der Wegbereiter für zahlreiche Antihelden des italienischen Westerns.
Für die Outlaws, die nicht auf selbstgefällige Art und Weise wie John Wayne und Co. die Rächer und Beschützer der Unschuldigen waren, sondern eben nicht rein altruistische Interessen verfolgten.
Es sollte der Beginn sein einer Ära von wortkargen Charakteren mit unverwechselbaren Gesichtszügen, die ihre Berechtigung unter anderem aufgrund des "Style over Substance"-Prinzips innehatten. Sergio Leone soll über Clint Eastwood einmal gesagt haben, er habe nur zwei Gesichtsausdrücke. Einen mit Hut und einen ohne Hut.
Alles andere wäre auch fehl am Platz. Das Schlimmste für die Hauptprotagonisten des Italowesterns ist nämlich Over-Acting.
Gerade das schauspielerische Understatement und die Großaufnahmen von Gesichtern, in denen man nichts ablesen kann, machen den besonderen Reiz aus.
Die folgende Generationen von Italowestern erhöhten den Dreckfaktor der Kulissen und Kostüme noch mehr und bewiesen, dass es weitaus rauer und gewalttätiger zugehen kann als in "Für eine Handvoll Dollar", verwendeten aber das selbe Grundprinzip.
Ein weiterer, für die Atmosphäre nicht zu unterschätzender Punkt ist die Filmmusik. Die guten Italowestern wie zum Beispiel "Django", "Spiel mir das Lied vom Tod", "Der Gehetzte der Sierra Madre" oder Leichen pflastern seinen Weg funktionieren als untrennbar verbundene Einheit von Bildern und Soundkulisse.
Musik weckt oder unterstreicht Emotionen beim Zuschauer, setzt Akzente, ist imstande, die Dramatik der Handlung zu verstärken oder Spannung aufzubauen. Während ich diese Zeilen schreibe, tönen im Hintergrund die Klänge von Ennio Morricones Soundtracks zu den Filmen der Dollar-Trilogie aus den Boxen.
Auch wenn seine Musik zu "Für eine Handvoll Dollar" noch nicht ganz so opulent und episch ist wie in späteren Werken, ist sie für sich genial und macht einen großen Teil der Atmosphäre des Films aus.
Mit ein bisschen simplem Gitarrengeschrammel und Gepfeife einen so einprägsamen Sound zu kreieren wie für diese Titelmusik, dazu ist wahrlich nur ein musikalisches Genie wie Ennio Morricone in der Lage.
Wenn Worte versagen, sollte man Musik sprechen lassen. Es gibt Szenen, die funktionieren in erster Linie durch Musik. Jeder Satz wäre obsolet, jedes Wort würde die Atmosphäre (zer-)stören.
Ich würde vielleicht öfters Filme der neueren Generation anschauen, würde das moderne Kino statt geschwätzigen Protagonisten und unkreativen, schon tausendmal gehörten One-Linern mehr Wert auf einen guten Soundtrack legen.
Dass die musikalischen Meisterstücke von damals nichts an Wirkung und Aktualität verloren haben, beweisen die Soundtracks für "Kill Bill" und Co. eindrücklich. Aber das ist jetzt wieder ein anderes Thema.
Ein weiterer unverzichtbarer Pluspunkt bei Italowestern ist, dass die Schauspieler nicht austauschbar sind und einen großen Wiedererkennungswert haben. Exzentrische, zerfurchte Gesichter mit außergewöhnlichen Nasen (siehe Lee van Cleef oder Adolfo Celi), Pockennarben und wilde Bärte lassen die Protagonisten ungeschliffen und authentisch wirken.
Die drei Rojo-Brüder in "Eine Handvoll Dollar" sind ein gutes Beispiel dafür.
Der Niederträchtigste des Trios, Ramón, wird von Gian Maria Volonté verkörpert. Letzterer, u.a. Protagonist in Die Banditen von Mailand und Von Angesicht zu Angesicht war wohl einer der begnadetsten Darsteller des italienischen Kinos.
Unglücklicherweise hat er sich mit seinem Talent rar gemacht, was wohl an seiner etwas radikalen Einstellung lag, jedes Projekt, das nicht eindeutig linkspolitisch war, abzulehnen.
"Wenn sich zwei Männer duellieren, der eine hat nen Colt, der andere ein Gewehr, ist der mit dem Colt ein toter Mann. So heißt doch euer Sprichwort. Wollen sehen, ob's stimmt." (Joe zu Ramón)
Es gibt Filme, die vielleicht nicht die besten ihrer Art sind, aber die man einfach kennen sollte, weil sie im zeitlichen Kontext betrachtet auf gewisse Weise bahnbrechend und ein Meilenstein in der Kinogeschichte sind.
"Für eine Handvoll Dollar" gehört hier ganz klar dazu.
Foto: Paramount DVD und Blu Ray von Universum
Sie wurden alle eines Besseren belehrt.
Doch wie kam Sergio Leone auf diese - damals wohl noch revolutionäre - Idee? Er sah den japanischen Samurai-Film "Yojimbo" im Kino und wusste sofort, das ist Stoff für einen Western. Er studierte Szene für Szene und adaptierte diese für seinen Film, was ihm nach dem durchschlagenden Erfolg von "Für eine Handvoll Dollar" noch rechtliche Probleme bescheren sollte. Aber sei's drum.
Drehort war das spanische Almería, weil die Produktionskosten in Spanien erheblich geringer waren und die Landschaft der texanischen ähnelt.
Der dem Weltpublikum zum damaligen Zeitpunkt noch unbekannte Schauspieler und Seriendarsteller Clint Eastwood sagte Leone für die Hauptrolle ohne Umschweife zu.
Diese kam ihm gelegen, weil es sein Vertrag mit den Machern der Serie "Rawhide" verbot, innerhalb von Amerika einen Film zu drehen.
Abgesehen davon weckte die ungewöhnliche Idee Leones die Neugier des Schauspielers.
Inspiriert, motiviert und gut vorbereitet schneite Eastwood mit einem Koffer, in dem er unter anderem sein Cowboy-Outfit, das er im Film zu tragen beabsichtigte, transportierte, auf dem Filmset ein.
Clint Eastwood tat gut an seiner Neugier. Er avancierte über Nacht zum Weltstar.
"Für eine Handvoll Dollar" ist im Vergleich zu späteren Italowestern vielleicht nicht der raueste, inhaltlich tiefgründigste oder der am sorgfältigsten inszenierte Genrevertreter, war aber revolutionär in seiner Machart und der Wegbereiter für zahlreiche Antihelden des italienischen Westerns.
Für die Outlaws, die nicht auf selbstgefällige Art und Weise wie John Wayne und Co. die Rächer und Beschützer der Unschuldigen waren, sondern eben nicht rein altruistische Interessen verfolgten.
Es sollte der Beginn sein einer Ära von wortkargen Charakteren mit unverwechselbaren Gesichtszügen, die ihre Berechtigung unter anderem aufgrund des "Style over Substance"-Prinzips innehatten. Sergio Leone soll über Clint Eastwood einmal gesagt haben, er habe nur zwei Gesichtsausdrücke. Einen mit Hut und einen ohne Hut.
Alles andere wäre auch fehl am Platz. Das Schlimmste für die Hauptprotagonisten des Italowesterns ist nämlich Over-Acting.
Gerade das schauspielerische Understatement und die Großaufnahmen von Gesichtern, in denen man nichts ablesen kann, machen den besonderen Reiz aus.
Die folgende Generationen von Italowestern erhöhten den Dreckfaktor der Kulissen und Kostüme noch mehr und bewiesen, dass es weitaus rauer und gewalttätiger zugehen kann als in "Für eine Handvoll Dollar", verwendeten aber das selbe Grundprinzip.
Ein weiterer, für die Atmosphäre nicht zu unterschätzender Punkt ist die Filmmusik. Die guten Italowestern wie zum Beispiel "Django", "Spiel mir das Lied vom Tod", "Der Gehetzte der Sierra Madre" oder Leichen pflastern seinen Weg funktionieren als untrennbar verbundene Einheit von Bildern und Soundkulisse.
Musik weckt oder unterstreicht Emotionen beim Zuschauer, setzt Akzente, ist imstande, die Dramatik der Handlung zu verstärken oder Spannung aufzubauen. Während ich diese Zeilen schreibe, tönen im Hintergrund die Klänge von Ennio Morricones Soundtracks zu den Filmen der Dollar-Trilogie aus den Boxen.
Auch wenn seine Musik zu "Für eine Handvoll Dollar" noch nicht ganz so opulent und episch ist wie in späteren Werken, ist sie für sich genial und macht einen großen Teil der Atmosphäre des Films aus.
Mit ein bisschen simplem Gitarrengeschrammel und Gepfeife einen so einprägsamen Sound zu kreieren wie für diese Titelmusik, dazu ist wahrlich nur ein musikalisches Genie wie Ennio Morricone in der Lage.
Wenn Worte versagen, sollte man Musik sprechen lassen. Es gibt Szenen, die funktionieren in erster Linie durch Musik. Jeder Satz wäre obsolet, jedes Wort würde die Atmosphäre (zer-)stören.
Ich würde vielleicht öfters Filme der neueren Generation anschauen, würde das moderne Kino statt geschwätzigen Protagonisten und unkreativen, schon tausendmal gehörten One-Linern mehr Wert auf einen guten Soundtrack legen.
Dass die musikalischen Meisterstücke von damals nichts an Wirkung und Aktualität verloren haben, beweisen die Soundtracks für "Kill Bill" und Co. eindrücklich. Aber das ist jetzt wieder ein anderes Thema.
Ein weiterer unverzichtbarer Pluspunkt bei Italowestern ist, dass die Schauspieler nicht austauschbar sind und einen großen Wiedererkennungswert haben. Exzentrische, zerfurchte Gesichter mit außergewöhnlichen Nasen (siehe Lee van Cleef oder Adolfo Celi), Pockennarben und wilde Bärte lassen die Protagonisten ungeschliffen und authentisch wirken.
Die drei Rojo-Brüder in "Eine Handvoll Dollar" sind ein gutes Beispiel dafür.
Der Niederträchtigste des Trios, Ramón, wird von Gian Maria Volonté verkörpert. Letzterer, u.a. Protagonist in Die Banditen von Mailand und Von Angesicht zu Angesicht war wohl einer der begnadetsten Darsteller des italienischen Kinos.
Unglücklicherweise hat er sich mit seinem Talent rar gemacht, was wohl an seiner etwas radikalen Einstellung lag, jedes Projekt, das nicht eindeutig linkspolitisch war, abzulehnen.
"Wenn sich zwei Männer duellieren, der eine hat nen Colt, der andere ein Gewehr, ist der mit dem Colt ein toter Mann. So heißt doch euer Sprichwort. Wollen sehen, ob's stimmt." (Joe zu Ramón)
Es gibt Filme, die vielleicht nicht die besten ihrer Art sind, aber die man einfach kennen sollte, weil sie im zeitlichen Kontext betrachtet auf gewisse Weise bahnbrechend und ein Meilenstein in der Kinogeschichte sind.
"Für eine Handvoll Dollar" gehört hier ganz klar dazu.
Foto: Paramount DVD und Blu Ray von Universum