Sonntag, 21. März 2021

IT FOLLOWS (2014)









IT FOLLOWS

USA 2014
Regie: David Robert Mitchell
DarstellerInnen: Maika Monroe, Keir Gilchrist, Daniel Zovatto, Jake Weary, Olivia Luccardi, Lili Sepe, Bailey Spry u.a.

Inhalt:
Während Kelly mit Vorliebe entspannt Zeit mit ihren Freunden Yara und Paul verbringt, trifft sich ihre ältere Schwester Jay mit ihrem neuen Freund Hugh. Ein Kinoabend mit ihm endet für Jay jedoch völlig anders als sie sich das vorgestellt hat. Nach einem Schäferstündchen auf dem Rücksitz von Hughs Auto wird sie von ihm betäubt, gefesselt und schließlich im Eiltempo auf ihr neues Leben vorbereitet. Hugh informiert Jay, dass ein Fluch, den er durch das sexuelle Abenteuer auf sie übertragen hat, auf ihr lastet. Sie wird fortan immer wieder unvermittelt von Personen unterschiedlicher Gestalt, die zielstrebig auf sie zugehen, verfolgt werden. Sollte sie nicht rechtzeitig fliehen können, wird sie sterben und in weiterer Folge geht der Fluch wieder auf Hugh über. Es gibt nur einen Ausweg. Jay muss den Fluch selbst weitergeben, indem sie mit einem Jungen schläft…


Jay sieht zum ersten Mal was sie fortan verfolgt


Nachbar und Vorstadt-Casanova: Greg


Ich bezweifle, dass ich nach der Lektüre dieser Inhaltsangabe große Lust hätte, mir diesen Film anzusehen. Um ehrlich zu sein, klingt diese Geschichte ziemlich trivial und schablonenhaft.
Wer regelmäßig auf dieser Seite vorbeischaut und vielleicht das Prinzip von "Schattenlichter" kennt, wird bestimmt schon erahnen, dass jetzt gleich das ganz große "aber" folgt.
In der Tat habe ich "It follows" nun bereits zum dritten Mal gesehen. Und zwar nicht wegen der (geringen) Komplexität der Geschichte, sondern weil es ein gut gemachter moderner Film ist, der den großen Klassikern des Horrorfilms respektvoll und stilsicher Tribut zollt. Er ist im Grunde genommen weder von der Idee noch von der Darstellung her besonders innovativ. Regisseur David Robert Mitchell versucht auch nicht den Anschein zu wecken, als wäre er das.
"It follows" kommt angenehmerweise ohne die im modernen Genrekino mittlerweile überstrapazierten Jump Scares oder Plot-Twists am Ende (ach ja, der Hauptdarsteller ist in Wirklichkeit tot/schizophren/was auch immer) aus.
Die Gruppe von Jugendlichen, die im Zentrum der Geschichte stehen, wirken authentisch und sympathisch. Allen voran natürlich Jay, die von der charismatischen Maika Monroe (The Guest) verkörpert wird. Den (visuellen) Rahmen liefert eine nicht real existierende (Kunst-)Welt, die eigens für den Film geschaffen wurde.


Man beachte die Position der Mutter und das Interieur

Die Umgebung, in der sich Jay, ihre Schwester Kelly und ihre Freunde bewegen, ist weder in einen zeitlichen Kontext mit unserer Gegenwart noch mit der Vergangenheit zu setzen.
Dies erkennt man an ihrer Kleidung, den Mobiltelefonen und anderen elektronischen Geräten, die verwendet werden, an Autos, die seltsam nostalgisch und dann doch wieder zeitgemäß wirken oder den Interessen der Jugendlichen. Kelly und ihre Freunde sehen sich zum Beispiel in ihrer Freizeit auf Röhrenfernsehern mit Vorliebe Schwarz-Weiß-Horrorfilme aus den 50er Jahren an. Auch die Inneneinrichtung von Jays und Kellys Haus wirkt retro, aber dennoch nicht der Stilrichtung einer bestimmten Zeit zuordenbar.
Es gibt noch weitere Beispiele dafür, aber ich möchte mich nicht in einer Aufzählung von offensichtlichen Details verlieren.
Die erzählerische Perspektive ist stark auf die jugendlichen Hauptcharaktere fokussiert. Eltern und andere Erwachsene werden, wenn überhaupt, nur kurz und schemenhaft (am Bildrand) gezeigt.
Sie haben keine Namen und spielen keine tragende Rolle. Die meisten Eltern glänzen durch Abwesenheit. Von Jays und Kellys Vater hängen einige Fotografien an der Wand. Wo er ist oder was mit ihm passiert ist, bleibt bewusst im Dunkeln.



Ein ganz kurzer Moment der Ruhe für Jay


Das Gefühl, potentiell ständig in Gefahr zu sein, weil "it" unkalkulierbar ist und zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlicher Gestalt auftaucht, ist omnipräsent. Die Momente von Ruhe und Entspannung sind oft nur von kurzer Dauer für Jay. Die Versuche unserer kämpferischen Antiheldin und den anderen Jugendlichen, das Monster zu bekämpfen, sind naturgemäß nur kurzzeitig erfolgreich und in letzter Konsequenz zum Scheitern verurteilt. Unerbittlich, frei von Emotionen und ohne Hektik steuert das unheimliche Wesen zielgerichtet wie der T-800 ("Terminator") auf Jay zu.
Die Atmosphäre, die in beträchtlichem Ausmaß auf die zentrale Aussichts- und Hoffnungslosigkeit der Teenager baut, wird sowohl durch die Aufnahmen der desolaten Gebäude in Detroit (ähnlich effektiv wie in "Only lovers left alive")  als auch durch den ohrwurmverdächtigen Synthesizer Soundtrack verstärkt. Letzterer wiederum ist stark angelehnt an die Kompositionen, die man von John Carpenter (The Fog,
Die Fürsten der Dunkelheit) kennt.

Was mich als großer Fan von "Nightmare on Elm Street" besonders freut, sind die unverkennbaren thematischen Parallelen zu diesem Horror-Klassiker.
Wie in "Nightmare" geht es um eine Gruppe von Jugendlichen, die von einer nicht greifbaren und nicht real existierenden Entität heimgesucht werden. Sie kennen den Grund dafür nicht und da auf die durch Abwesenheit glänzenden Erwachsenen kein Verlass ist, müssen sie sich selbst aus der Misere helfen.
Die Vorstadthäuser, in denen sie leben, sehen aus, als lägen sie in unmittelbarer Nachbarschaft der berühmten Elm Street. Speziell in einer Szene, in der Jay in der Nacht aus dem Fenster blickt und versucht, ihren gegenüber wohnenden Nachbarn Greg vor der drohenden Gefahr per Telefon zu warnen, lässt sich die Hommage an Wes Cravens Kultfilm in aller Deutlichkeit erkennen.


Jays Blick aus dem Fenster


Ebenso augenscheinlich ist auch die Referenz an John Carpenters "Halloween" und auch an Wes Cravens "Nightmare on Elm Street" in der Schulszene, in der Jay ermüdet von dem eintönigen Vorlesen der Lehrerin aus dem Fenster direkt ins Auge der Gefahr blickt.

Die in manchen Texten zu "It Follows" als zentral hervorgehobene Sexualität der Teenager würde ich nicht zu stark gewichten wollen. Meiner Meinung nach dient der Sex in dieser Geschichte lediglich als narratives Vehikel für die Weitergabe des Fluchs. Er ist potenziell austauschbar gegen andere populäre wiederkehrende Motive im Horrorfilm wie versehentlich heraufbeschworene Geister oder ein durch einen tödlichen Fluch belasteten Gegenstand, der von Mensch zu Mensch wandert.

"It follows" besticht durch exquisit gecastete junge Darstellerinnen und Darsteller, kreatives Set-Design, morbid-ästhetische Aufnahmen Detroits und einen Soundtrack, den man sich gerne öfter zu Gemüte führen möchte.
Der einzigartige Stil, die permanente alptraumartige Atmosphäre und die freimütig zur Schau gestellten Parallelen zum Horrorkino der Achtziger Jahre machen "It follows" besonders für LiebhaberInnen des gepflegten Genrekinos vergangener Zeiten attraktiv.




Foto: Blu Ray von Weltkino Filmverleih/Universum (Limited Edition)



Sonntag, 14. März 2021

GANGSTERS '70 (1968)















GANGSTER STERBEN ZWEIMAL

Italien 1968
Regie: Mino Guerrini
DarstellerInnen: Joseph Cotten, Franca Polsello, Giampiero Albertini, Giulio Brogi, Bruno Corazzari, Franco Ressel

Inhalt:
Destil riecht nach einem Jahrzehnt Aufenthalt hinter schwedischen Gardinen endlich wieder Frischluft. Der etwas in die Jahre gekommene Gangster möchte sich nun in Griechenland zur Ruhe setzen. Natürlich nicht, ohne vorher noch den ganz großen Coup seines Lebens zu landen. In Windeseile stellt er sich eine Truppe von Spezialisten zusammen, die ihn dabei unterstützen sollen. Doch hat er bei seinem (vermeintlich) genialen Plan nicht etwas Wichtiges übersehen?


Noch zuversichtlich - Destil (Joseph Cotten)


Kameramann Delli Colli mag Spiegelungen


Update zur Veröffentlichung (ab 19.03.2021 im Handel erhältlich)
Als ich "Gangster sterben zweimal" im Jahr 2017 auf dem Italocinema Festival Norimberga Violenta passend zum Filmtitel zum zweiten Mal gesehen habe, war ich der Meinung, dass ich diesen kurzweiligen Heist Movie nie in besserer Qualität zu Gesicht bekommen werde.
Diese Annahme entpuppte sich jedoch als Trugschluss.
Dank dem auf dem Festival ebenfalls anwesenden Labelbetreiber Konstantin Hockwin von Forgotten Film Entertainment ist "Gangster sterben zweimal" in Kürze im Handel erhältlich.
Und zwar in einer Bildqualität, die keine Wünsche offen lässt.
Im Gegensatz zu anderen Veröffentlichungen in diesem Segment lässt man bei "Forgotten" wie gewohnt das Filmkorn (hoch)leben. Das Bild wirkt ungefiltert und lebendig, sodass es eine wahre Freude für das Auge ist.
Wie von "Forgotten Film Entertainment" erwartbar, handelt es sich bei dem zweiten Film aus der Reihe Italocinema Collection um eine absolut hochwertige Veröffentlichung, was sich nicht nur äußerlich an der Stabilität und dem ansprechenden Design des Schubers bemerkbar macht, sondern auch durch die beträchtliche Menge an Bonusmaterial.
Es handelt sich dabei um die deutsche und italienische Schnittfassung, Deleted Scenes, ein umfangreiches Booklet mit Texten von Christian Keßler und Roberto Curti, zwei Audiokommentare, eine Bildergalerie mit zahlreichen Aushangfotos, Trailer zum Film und ein paar Fotos von einem der Drehorte.


Schuber und Wendecover


Eine Augenweide: Die Italocinema Collection 


Zum Film (Text aus dem Jahr 2017):
Sein kriminelles Projekt hat er jahrelang ausgeklügelt und sorgfältig durchdacht. Doch ein nicht unwesentliches Detail wird vom ambitionierten Destil (Joseph Cotten) schlichtweg übersehen: die Zuverlässigkeit seiner Helfer.
Er rekrutiert unter Anderem einen ehemaligen Olympiaschützen, der heute ein abgebrannter Junkie ist, einen ehemals guten Pokerspieler mit schwachem Nervenkostüm, einen arroganten Schachmeister mit einem Überschuss an krimineller Energie, eine suizidale Schauspielerin und einen überengagierten Chemiker-Jungspund.
Mensch, das kann doch niemals gut gehen! Es liegt auf der Hand, wie fehleranfällig und daher gewagt Destils Vorhaben mit dieser Truppe ist. Noch dazu gefährdet er selbst den Erfolg des geplanten Überfalls durch einen Anflug von Sentimentalität. Entgegen den von ihm selbst als Alibi mittels akribischer Planung provozierten Medienberichten, er sei in einer Klinik in der Schweiz, lässt er sich bei seiner ehemaligen Geliebten in Rom blicken.

Diese flotte Gangstergeschichte, bei der Maestro Fernando DiLeo (Milano Kaliber 9) als Drehbuchautor maßgeblich beteiligt war, erzeugt allein schon durch die interessante Konstellation der unterschiedlichen Charaktere Spannung.
Der mit großem Talent gesegnete Kameramann Franco Delli Colli (u.a. Der Tod trägt schwarzes Leder, La medaglione insanguinato oder Zeder – Denn Tote kehren wieder) verleiht der Handlung durch ungewöhnliche Kameraperspektiven und unkonventionelle Techniken das gewisse ästhetische Etwas.
Im letzten Drittel wird dann ohne Vorwarnung jegliches erzählerische Konstrukt und jeder Ansatz von Tiefgründigkeit für obsolet erklärt. Das Chaos regiert und alle überbieten sich gegenseitig in puncto Brutalität und Kompromisslosigkeit.

Dem einstigen Bühnenschauspieler und ehemals in Hollywood überaus erfolgreichen Joseph Cotten, der als Darsteller in namhaften Filmen wie "Citizen Kane" oder Alfred Hitchcocks "Im Schatten des Zwielichts" von sich Reden machte, blieb der ganz große Erfolg dennoch versagt. Er erhielt nie einen Oscar und irgendwann auch kaum mehr interessante Rollenangebote, weshalb er im fortgeschrittenen Alter scheinbar gezwungen war, in italienischen B- und C- Produktionen mitzuspielen. Dumm für ihn, gut für das Genrekino, das er mit seiner Mitwirkung beispielsweise in Lady Frankenstein, Baron Blood oder Insel der neuen Monster bereicherte.
Etwas deplatziert wirkt er in seinen späteren Rollen zwar schon, da er seine eigene Ausstrahlung und das Erscheinungsbild eines noblen Sirs durch hemmungsloses Over-Acting und lustige Auftritte wie zum Beispiel am Anfang von "Gangster sterben zweimal" mit einem originellen Wind-Iro etwas schmälert. Aber vielleicht hatte der Mann ja auch wirklich viel Sinn für Humor. Oder schlichtweg nichts zu verlieren. Über seine Motive darf spekuliert werden.

Eingefleischte Fans des Italokinos können sich bei der Sichtung dieses äußerst kurzweiligen Films neben den üblichen schmierigen Gestalten und finsteren Verbrechern über die altbewährten Italokino-Veteranen Giampiero Albertini (auch bekannt aus dem thematisch ähnlichen Sieben goldene Männer), Parade-Gangster Bruno Corazzari (sollte später in Der Mann ohne Gedächtnis ebenfalls einen Bösewicht mit Erkältungssymptomen mimen) und Franco Ressel (legendär als gruselig-fies aussehender glubschäugiger Schurke namens "Stengel" in "Sabata") freuen.

Rasante und unorthodoxe Kameraufnahmen, manchmal versetzt mit einem ironischen Augenzwinkern, spritzige Dialoge und bleigeschwängerte Luft lassen garantiert schönste 60er Jahre Heist-Movie Stimmung aufkommen.




Die ersten Minuten von "Gangster sterben zweimal" wurden übrigens (wie auch Il medaglione insanguinato oder Das Geheimnis des gelben Grabes) in der malerischen umbrischen Stadt Spoleto gedreht, deren antike Mauern und Bauwerke so markant sind, dass wir sie gleich wiedererkannt haben. Daher bietet sich noch ein kleiner Drehort-Vergleich an.


Blick auf die Festung, die tatsächlich einmal ein Gefängnis war...





... und heute ein Museum beherbergt



















Destils bescheidene Unterkunft der letzten 10 Jahre




















Über diese Brücke führt Destils Weg in die Freiheit

















Es handelt sich um die berühmte "Ponte delle torri"



Nochmal ein Foto von der Festung



Delli Collis Aufnahme der Brücke

















Meine Aufnahme der Brücke



Auch damals schon wild bewachsen




















Torbogen Richtung Gefängnis

















Destil sammelt seine sieben Sachen

















Wir standen auch dort



1968

















2012


Samstag, 6. März 2021

THE FLY (1986)

 


DIE FLIEGE

USA 1986
Regie: David Cronenberg
DarstellerInnen: Jeff Goldblum, Geena Davis, John Getz, Joy Boushel, Leslie Carlson, George Chuvalo u.a.

Inhalt:
Der Wissenschaftler Seth Brundle lässt sich von der Reporterin Veronica Quaife bei seinem neusten Projekt begleiten. Er experimentiert auf dem Feld der Teleportation, Veronica dokumentiert seine Fortschritte. Als er in einem emotionalen Ausnahmezustand auf umfangreiche Sicherheitstests verzichtet und sich selbst teleportiert, passiert etwas Unvorhergesehenes und die Tragödie nimmt ihren Lauf…


Reporterin Veronica (Davis)


Seth (Goldblum) bereit für die Teleportation


Bereits im Jahr 1958 wurde die auf einer Kurzgeschichte von George Langelaan basierende Story für ein Drehbuch umgearbeitet. Der Originalfilm "Die Fliege", bei dem Grusel-Ikone Vincent Price eine der Hauptrollen verkörpert, orientierte sich stark an der literarischen Vorlage, deren filmische Umsetzung getrost und in schönster Doppeldeutigkeit als etwas haarig bezeichnet werden kann. Die Vorstellung, einen menschlichen Körper mit dem Kopf einer Fliege zu versehen, ist – milde ausgedrückt – dezent jenseits der magischen Grenze zur unfreiwilligen Komik angesiedelt.

Daher wurde dieses Grundkonzept für das Remake unter der Regie von David Cronenberg modifiziert und um einige weitere Aspekte ergänzt. Im Vordergrund steht dabei weniger das Horror-Genre, in dem "Die Fliege" aufgrund der ekelerregenden Effekte in erster Linie zu verorten ist, sondern vielmehr die desaströse physische und psychische Zersetzung von Seth und die dadurch hervorgerufene tiefe Verzweiflung von Seth und Veronica.
Der ehrgeizige Wissenschaftler und die ambitionierte Reporterin haben sich gerade erst gefunden und die Romanze zwischen den beiden scheint nicht nur flüchtig zu sein. Doch wie es das Schicksal so will, ist das Liebesglück von Veronica (Geena Davis) und Seth (Jeff Goldblum) nur von kurzer Dauer.
Ohne diese spezielle Verbindung zwischen den beiden wäre die qualvolle Verwandlung von Seth zur Fliege (oder in ein Fliegen-ähnliches Wesen, von ihm selbst Brundle-Fliege genannt) bestimmt deutlich weniger emotional mitreißend.
Goldblum und Davis waren zum Zeitpunkt der Dreharbeiten schon liiert und haben bald nach dem Film geheiratet. Beide sind ohne Frage großartige Schauspieler, doch vermutlich dürfte die private Verbindung zwischen dem Paar bei den Dreharbeiten in Bezug auf die Darstellung der Emotionalität doch sehr zuträglich gewesen sein.

Was mich persönlich seit meiner Kindheit an diesem Film immer am meisten in den Bann gezogen hat, ist (neben den hervorragenden Ekel-Effekten) die Idee der Teleportation. Nach allen bekannten physikalischen Gesetzen ist diese Technologie zwar eindeutig der Science Fiction zuzuordnen, aber der Gedanke, sich von einem Ort innerhalb von Sekunden an einem anderen Ort materialisieren zu können, ist schon interessant.
Etwas näher an der Realität als man es vielleicht wahrhaben möchte, ist bei dieser Geschichte auch das Verhältnis zwischen Mensch und technologischem Fortschritt. Seth Brundle erfindet eine völlig neuartige Maschine, die er (wie er gleich zu Beginn eingesteht) nach seinem Gutdünken zusammengesetzt hat und deren einzelne Komponenten er selbst nicht bis ins letzte Detail versteht. Auf wundersame Weise funktionieren die Teleport-Boxen. Wie Menschen so sind, siegt der Drang nach Fortschritt und Anerkennung über die Vernunft und Seth lernt auf sehr schmerzhafte Art und Weise, dass er diese Maschinen zwar erschaffen hat, aber nicht völlig beherrschen kann.
Der Computer, verwirrt durch die Tatsache, plötzlich DNA von zwei verschiedenen Spezies (eine menschliche und die einer Fliege) sequenzieren zu müssen, entscheidet nach einem nicht vorhergesehenen unbekannten Prinzip selbst, wie er in so einem Fall vorzugehen hat und entschließt sich für eine Fusion.
Durch ihre Allmachtsphantasien und den unbändigen Drang nach (vermeintlichem) Fortschritt wurde in der Geschichte der Menschheit schon öfter auf umfangreiche Tests oder eine seriöse Risikoeinschätzung verzichtet. Eingriffe in die Natur führen bekannterweise nicht selten zu nicht vorhersehbaren Komplikationen, weil oft eben nicht alles bis ins kleinste Detail kalkuliert werden kann. Bedenken und Warnungen werden im Eifer des Gefechts leider allzu schnell übergangen.


Lehrreich: die Nahrungsaufnahme einer Fliege


Die Spezialeffekte, die dem Film zwar keinen Preis, aber immerhin eine Oscar Prämierung einbrachten, gehören ohne Zweifel zu den besten, die je für einen Genrefilm der 80er Jahre kreiert wurden.
Mit einer Nahaufnahme eines offenen Bruchs, abfallenden Ohren, Fingernägeln, die sich über einer zähflüssigen gelben Schleimschicht vom Fleisch lösen, ausfallenden Zähnen und Haaren oder monströsen Abszessen dürfte jeder Horrorfilmfan etwas finden, was bei ihm besonderen Ekel hervorruft.
Vollendung erfährt dieser Meilenstein der Filmgeschichte schließlich durch die opulente musikalische Untermalung, die Komponist Howard Shore, auf dessen stimmungsvoll-effektive Arrangements David Cronenberg bereits bei früheren Filmen wie "Die Brut", "Scanners" oder "Videodrome" zählen konnte.

Im Gegensatz zu der Kurzgeschichten-Verfilmung aus den 50er Jahren ist David Cronenbergs "Die Fliege" ein ernsthafter, düsterer und pessimistischer Beitrag zum Horror-Genre, das je nach Deutungsart Themen wie Krankheit und Verfall, unglückliche Liebe und den manchmal bitteren Preis zugunsten von rapidem technologischem Fortschritt in den Mittelpunkt rückt.
Es ist wohl nicht überzogen, "Die Fliege" als zeitlosen Klassiker des Horrorfilms zu bezeichnen.



Foto: DVD vom Label 20th Century Fox