LA PISTOLA - THE GUN
Frankreich, Italien 1973
Regie: Michele Lupo
DarstellerInnen: Lee van Cleef, Tony Lo Bianco, Edwige Fenech, Adolfo Lastretti, Nello Pazzafini, Romano Puppo, Fausto Tozzi u.a.
Inhalt
Nachdem einige seiner Männer von einem
rivalisierenden Mafia-Clan ermordet wurden, reist der berüchtigte
und gefürchtete Frankie "Dio" Diomede zwecks vendetta
persönlich von Amerika nach Italien.
Doch seine Pläne werden vom
gegnerischen Boss Annunziata mehr als ein Mal vereitelt und Dios
Leute liegen schon bald unter der Erde oder sind auf die andere Seite
übergelaufen.
Dummerweise sitzt Dio nun auch noch im
Gefängnis fest.
Der Einzige, der ihn aus seiner
misslichen Lage befreien möchte und durchgeknallt genug ist, den vom
Thron gestoßenen Boss noch zu unterstützen, ist sein fanatischer
und etwas zurückgebliebener Fan Tony.
In Ermangelung anderer Optionen greift
Dio auf die Unterstützung Tonys zurück. Und so begibt sich das
ungleiche Gespann auf einen Rachefeldzug...
In den ersten Szenen stellt man sich
auf einen beinharten und brutalen Mafia-Film ein.
Doch spätestens mit dem Auftreten der
Figur des Fanboys Tony wird man gezwungen, gedanklich innezuhalten und seine
Erwartungshaltung etwas zu modifizieren.
Tony ist nämlich nicht mehr ganz jung,
zieht sich lächerlich an und benimmt sich wie ein 14- jähriger
Teenager, was die Verehrung seines Idols Diomede angeht.
Er spricht nicht nur ständig von
dem Mafia-Boss oder versucht, ihn zu imitieren. Es ist ihm nicht einmal zu peinlich, ein riesiges Dio-Poster in seiner
Küche aufzuhängen.
Auch seine "Annäherungsversuche"
an sein Vorbild wirken absolut wie eine unbeholfen-kindliche
Schwärmerei.
Das Ganze wird dann story-technisch noch unbegreiflicher, weil er für Dio sogar seine Freundin (gespielt von der schönsten Frau der Siebziger: Edwige Fenech) sitzen lässt.
Das Ganze wird dann story-technisch noch unbegreiflicher, weil er für Dio sogar seine Freundin (gespielt von der schönsten Frau der Siebziger: Edwige Fenech) sitzen lässt.
Also wirklich! Wenn man die Fenech
daheim hat, rennt man doch keinem abgehalfterten Gangsterboss nach...
Nun gut. Wenn man sich an den Charakter
des Tony gewöhnt hat, macht der Film wirklich Laune.
"La Pistola" ist durchgängig
unterhaltsam. Nicht nur wegen dem stoisch wirkenden Lee van Cleef in
der Rolle des Dio (der Charakter des Gangsters ist ähnlich angelegt wie in Der Tod ritt dienstags), sondern auch wegen seinen skurrilen Wendungen und
den Auftritten unserer Genre-Helden.
Ich kann mich immer noch nicht
entscheiden, ob mir Romano Puppo mit seiner Elvis
Presley-Sonnenbrille im rosaroten Anzug oder Nello Pazzafini im
schwarzen Netzhemd besser gefallen hat.
Der Film ist in machen Szenen etwas brutal und die ein oder andere Wendung tragisch, aber im Grunde genommen nimmt er sich selbst überhaupt nicht
ernst.
Dio und Tony klauen einen Lastwagen,
der mit Ölkanistern beladen ist, und versuchen so, über die
italienisch-französische Grenze (Annunziata hält sich in Marseille
auf) zu kommen.
Hierauf folgt eine Verfolgungsjagd, bei
der immer wieder Polizisten mit ihren Autos die Straße blockieren, sich davor stellen und verzweifelt winken,
um Dio zum Anhalten zu bewegen, bevor sie schließlich in letzter
Minute zur Seite springen.
Die französische Polizei versucht
ebenso erfolglos, das ungleiche Gespann aufzuhalten und ruft dann
jedes Mal kurz vor einem Beinahe-Zusammenstoß noch "mon dieu!"
Ein paar "mon dieus" und ein in der Mitte zerteiltes Polizeiauto später
kapern die Flüchtigen ein Boot und entkommen so doch noch den Fängen der Gesetzeshüter.
Das Finale in der Fischfabrik kann vom
Actiongehalt her schon fast mit einem Castellari-Film mithalten.
Sehr schön ist der Soundtrack vom
leider kürzlich verstorbenen Riz Ortolani, der sich so schnell einprägt,
dass manche Leute (die sich an dieser Stelle auch angesprochen fühlen dürfen) meinen, ihn schon woanders gehört zu haben...
"La Pistola" ist ein
ironisch-humoriger Poliziottesco, der bestimmt nicht bei allen
Genre-Fans gut ankommt, mir aber wirklich viel Spaß gemacht hat.