Sonntag, 31. Oktober 2021

SPECIAL: WO DIE TRAUBEN DES TODES WACHSEN

Jean Rollins "Les raisins de la mort" gehört, seitdem ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, zu meinen Lieblingsfilmen und ist im Laufe der Jahre, wie guter Wein, auf meinem cineastischen Gaumen immer mehr gereift. Bei jeder Sichtung fand ich ihn noch hypnotischer und aufgrund der mystisch anmutenden Landschaft, der stimmungsvollen Musik und dem unkonventionellen surreal anmutenden erzählerischen Konstrukt auch irgendwie poetisch.

Vor ungefähr vier Wochen haben wir auf unserem dreiwöchigen Frankreich-Trip einen Zwischenstopp in den Cevennen eingelegt und einige der markanten Drehorte des Films besichtigt. Eine beträchtliche Anzahl der Gebäude ist bereits verfallen oder nicht mehr erkennbar - sie waren zum Zeitpunkt der Dreharbeiten bereits sichtbar einsturzgefährdet, jedoch findet man mit ein wenig Fanatismus und einer Spur Verrücktheit doch noch Wiedererkennbares... Daran wollen wir natürlich alle, die sich dafür interessieren, gerne teilhaben lassen.
Kein Weg war uns zu weit, keine Straße zu gefährlich und die Einheimischen in einer 200 Seelen Gemeinde, in der wir einige Tage verbracht haben, waren erstaunt, dass in ihrer Nachbarschaft einst ein Film gedreht worden sein soll.
Der sympathische Barkeeper und andere, die wir in einem gemütlichen Pub kennen gelernt haben, kannten zwar den Film nicht, aber waren sich nach einem Blick auf einige mitgebrachte Screenshots sicher, dass "Les raisins de la mort" in der Nähe gedreht wurde. Unser Handy wurde in der Bar herumgereicht und alle rätselten und halfen munter mit, wo genau das Filmteam sich anno 1977 wohl genau aufgehalten hatte.
Konkrete Hinweise konnten sie uns zwar nur in einem Fall geben, aber wir waren glücklicherweise gut vorbereitet und ließen uns durch nichts und niemanden beirren. Zumindest waren wir uns alle nicht ganz sicher wegen einem (vermeintlichen) Drehort, an dem mittlerweile nicht nur viele Gebäude eingestürzt sind, sondern auch abgerissen wurden. Manche sind sogar von einer Gruppe von Neo-Hippies neu aufgebaut bzw. renoviert worden.
Dadurch hat sich das Gesamtbild stark verändert, um nicht zu sagen, es wurde beinahe unkenntlich gemacht.
In besagtem Pub, das wir zwei Mal besuchten, herrschte jedenfalls Einigkeit über die scherzhafte Aussage "The dirty hippies destroyed it."
Bei der Kirche, die von einer Mauer mit drei auffälligen Kreuzen über dem hölzernen Eingangstor umgeben ist, kam uns sogar der Zufall zur Hilfe.
Eines schönen Morgens, als der Nebel noch tief im Tal hing und wir zum wiederholten Mal auf dem Weg zu einer Sehenswürdigkeit an diesem Friedhof vorbeifuhren, lenkte ich das Auto kurzerhand von der Hauptstraße hinunter auf den Weg, der quer über ein Feld zu dem Gotteshaus führte. Durch die neblige Stimmung gefiel mir der Ort an diesem Tag besser als zuvor und ich wollte ein paar atmosphärische Fotos machen. Wie haben wir gestaunt, als wir feststellten, dass es sich dabei um einen der Drehorte handelt!

Auch die Aussicht auf die unter uns liegende Schlucht und die Kalksteinfelsen in einem kleinen Nachbarort, in dem wir eigentlich nur wegen unserer leeren Mägen Halt machten, kam fast exakt in derselben Einstellung im Film vor. Dies haben wir allerdings tatsächlich und erstaunlicherweise erst zuhause entdeckt.

Was uns beim heutigen Ansehen von Jean Rollins herausragendem Horrorfilm ganz deutlich vor Augen gehalten wurde, ist, wie viel Wert er tatsächlich auf die Auswahl der Drehorte und die Bildkompositionen gelegt hat.
Er hat Schauplätze, die nicht nur in teils unwegsamen Gelände, sondern in Wahrheit auch kilometerweit auseinander liegen, in einigen Szenen so kunstgerecht aneinander montiert, dass die räumliche Distanz aufgehoben scheint und sie zu einer einzigen Landschaft verschmelzen.
Dieser neu eröffnete Blick auf das Gesamtwerk legt die Hypothese nahe, dass die Natur selbst für den Regisseur womöglich ein zentraler Baustein des Films war und ihr somit eine wesentlichere Bedeutung beizumessen ist, als ich es für möglich gehalten hätte.
Jean Rollin ist es zweifellos gelungen, die magische Atmosphäre der Cevennen und der Grands Causses in die Handlung einzuweben, wodurch er einen der ungewöhnlichsten Filme seiner Zeit geschaffen hat.

Uns ist es bei diesen Drehortbesuchen weniger darum gegangen, alles detailgetreu wie es im Film zu sehen ist, nachzufotografieren, sondern vor allem darum, die Stimmung zu transportieren und diese besondere Landschaft einzufangen. Es ist wahrhaft mysteriös und faszinierend, wie diese Felsen in der flachen Landschaft aus dem Boden zu ragen scheinen (vgl. Zitat aus dem Film unter den Bildern).
Doch macht euch selbst ein Bild - die Screenshots sind an den seitlichen schwarzen Balken erkennbar.
Viel Spaß!



Der Nebel hält sich im Herbst und Winter oft noch bis Mittags in der Schlucht


Claudine auf dem Weg zur Kirche


Durch einen glücklichen Wink des Zufalls haben wir diesen Ort unweit unserer Unterkunft entdeckt


Die für diese Gegend typischen markanten Kalksteinfelsen


Eine landschaftlich schöne Aussicht auf diese...


...Felsen, dachte sich wohl Jean Rollin


Das selbe dachte ich mir bei dieser Aussicht...


...weshalb es zu den sehr ähnlichen Aufnahmen der exakt gleichen Gesteinsformationen kam


Das Ganze nochmal aus einem anderen Winkel


Hier ein Screenshot von dem Weingut, auf das Claudine flüchtet


Es ist uns gelungen, auch diesen Ort ausfindig zu machen


Es handelt sich tatsächlich um ein verlassenes Weingut


Claudine steht in dieser Szene kurz vor dem ersten Haus


Im Hintergrund sieht man Kalksteinfelsen


Diese stehen in Wahrheit einige Kilometer weit von besagtem Weingut entfernt


Nochmal ein Screenshot mit den mystischen Felsformationen im Hintergrund


Dieses Foto habe ich in Montpellier le vieux aufgenommen, das... 


...einst als verfluchte Stadt galt und Teil des Nationalparks ist


Claudine sucht nach Bewohnern dieser Häuser


Wir ebenfalls


Claudine gelangt über eine Steintreppe zwischen den Gebäuden zu einem Haus


Mein Foto derselben Stelle


"Wo sind denn alle?" fragt sich unsere Heldin


Wir haben uns diese Frage bei diesem Anblick ebenfalls gestellt


Noch ein schöner Vergleich 1977


2021


Claudine hat Ärger mit dem infizierten Bauern


Zum Glück haben wir an dieser Stelle niemanden angetroffen


Als Zugabe noch ein paar Fotos...


...weil wir es dort so schön fanden


Die Gebäude sind einfach ein dankbares Motiv...


... wenn man einen Hang zu Morbidem und Verfall hat






Von Richtung der Häuser auf das Grundstück fotografiert


Spinnweben am Fenster


Diesen Ort, der im Film ebenfalls eine wichtige Rolle spielt...


... konnten wir ausfindig machen und eindeutig identifizieren


Wie euch vermutlich auffällt...


... hat sich hier landschaftlich so Einiges getan


Während Claudine in den Siebzigern noch eine eher karge Natur vorfindet...


...gibt es hier heute viel Grün in Form von Hecken, Sträuchern und Bäumen zu sehen


Claudine sucht nach nicht infizierten Überlebenden


Sie begegnet aber nur einem der gefährlichen Kranken


Wir haben auch hier keine Menschenseele angetroffen


Angeblich sollen hier in den letzten Jahren einige Botaniker Gärten gestaltet...


...und Pflanzen gesät haben


Wie aktuell diese Informationen sind, war nicht eruierbar


Für uns wirkte dieser Ort jedenfalls...


... als ob er auch vor Kurzem wieder verlassen worden wäre










Inmitten dieser Landschaft treffen Claudine...


...und die blinde Lucie aufeinander


Lucie zu Claudine: "What does it look like around us?"


Claudine: "There are big rocks everywhere... 


...They point towards the sky as if they´d been planted there."




Claudines Beschreibung...


...ist nichts hinzuzufügen


Am besten lässt man es einfach auf sich wirken


Hintergrundinformation: wir befinden uns hier gerade in etwa 15 Kilometer von den...


...anderen Drehorten entfernt


Einer der berühmtesten Felsen in dieser Gegend, der sogenannte Riesenfuß








Was für eine Aussicht














Claudine befindet sich hier mit den bewaffneten Bauarbeitern auf dem Weg zu ihrem Verlobten




Eines meiner Fotos des Wegs




Heute ist alles etwas eingesunken, einsturzgefährdet und stark bewachsen




Auch in den Siebzigern waren die Gemäuer in schlechtem Zustand


Heute


































Es handelt sich eindeutig und unverwechselbar um...


...denselben Felsen. Wo das Gebäude ist und wie die das Pferd da raufgebracht haben, ist ein Rätsel


Weinfelder überall. Wir haben ihn auch gekostet. Bisher haben wir noch keine Hautläsionen


Diese Distelart sieht man an vielen Türen - sie sollen Glück bringen


Die getrockneten Disteln in der Vase sind uns erst jetzt aufgefallen