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Dienstag, 23. Oktober 2018

MANDY (2018)





MANDY

USA 2018
Regie: Panos Cosmatos
DarstellerInnen: Nicolas Cage, Andrea Riseborough, Linus Roache, Ned Dennehy, Olwen Fouéré, Richard Brake u.a.

Inhalt:
Red und Mandy leben zurückgezogen auf dem Land. Red arbeitet als Holzfäller, Mandy in einer Tankstelle. Eines Tages kreuzt sich Mandys Weg mit dem des verrückten Sektenführers Jeremiah Sand. Jeremiah beauftragt daraufhin seine Gefolgschaft, Mandy zu kidnappen. Die Ärmste wird schließlich vor den Augen ihres Liebsten bestialisch ermordet. Reds Rachefeldzug beginnt...


Red (Cage) leidet... noch


Jeremiah (Roache) triumphiert... noch


(Und schon melde ich mich kurz aus der groß angekündigten Blogpause zurück – ich war nämlich letzte Woche im Kino und es juckt mich gerade in den Fingern...)

Als wir den Trailer von "Mandy" gesehen haben, stand für uns fest: diesen Film müssen wir auf einer großen Leinwand erleben! Also machten wir uns vor ein paar Tagen zum zweiten Mal (siehe Bericht über das Argento Double Feature) auf den Weg in das gemütliche und sympathische Zebra Kino in Konstanz.
Manchmal kommt man sich in Gesellschaft von Cineasten ja ein bisschen vor wie in einer Geheimloge. Als wir die Treppe zum Kino hoch gingen, kam uns ein netter Mensch entgegen, der uns mit einem Grinsen und in verschwörerischem Tonfall fragte: "Wollt ihr zu Mandy?"
Was wir natürlich sogleich bejahten, woraufhin er uns erklärte, dass gerade noch eine Vorstellung läuft, aber er uns schon mal das Foyer aufsperrt, wenn wir leise sind.
Manchmal frage ich mich, wie solche Dialoge wohl auf Unbeteiligte wirken mögen...
Vor dem Film gab es ein paar einleitende Worte und sogar eine Verlosung.
So lieben wir Kino!

"Mandy" ist zwar ein durch und durch düsterer Film, der aber – ähnlich wie man es von Comic Verfilmungen kennt – von einem augenzwinkernden Humor begleitet wird. Besonders ins Auge springen natürlich sofort die bis zum Exzess verwendeten Filter: Viele Szenen sind in rotes oder andersfarbiges Licht getaucht, Landschaften und auch Kampfszenen zum Teil stark abgedunkelt.
Bei dieser visuellen Reizüberflutung in Kombination mit den wummernden Bässen des wuchtigen Soundtracks entsteht schnell das Gefühl, gerade einen legendär verrückten Alptraum mit Nicolas Cage als Hauptakteur zu haben.
Die Laufzeit von zwei Stunden für diesen Film kann man getrost als mutig bezeichnen. Immerhin ist der Inhalt des Drehbuchs auf zwei Sätze reduzierbar. Es passiert im Grunde genommen tatsächlich Nichts, was nicht vorhersehbar wäre.
Doch bei "Mandy" trifft so deutlich wie selten zu: Der Weg das Ziel. Es geht nicht darum, was passiert bzw. passieren wird, sondern wann und in erster Linie wie. Denn (Hab ich es bereits erwähnt? Egal!) - optisch und musikalisch ist dieser Film eine absolute Wucht.
Ein irrer Trip, bei dem sich das Publikum gemeinsam mit Red (Cage) in einen Wut, Blut- und Drogenrausch begibt. Ein Abschied von der Realität, die es ohnehin nie gegeben hat.
Das Over-Acting und die Selbstironie sowohl von Cage als auch Linus Roache, der den egomanischen Sektenführer Jeremiah Sand verkörpert, machen den Film zu einem unvergesslichen Erlebnis.


Mandy (Riseborough) mit ihrem Black Sabbath Shirt


Auch Andrea Riseboroughs Performance als introvertierte Mandy und die absolut schrägen Hillbilly NebendarstellerInnen hinterlassen einen bleibenden Eindruck.


Eine Delegation direkt aus dem Hellraiser-Universum?


Und für die wahren Freaks unter uns bietet "Mandy" zahlreiche mehr oder weniger versteckte Hommagen an das Genrekino der letzten Jahrzehnte. Pinhead und Butterball ("Hellraiser") lassen grüßen. Manchmal denkt das goreverseuchte Hirn unweigerlich an "Tanz der Teufel" und Peter Jacksons "Braindead". Wir dürfen einem Kettensägen Duell ähnlich dem in "Texas Chainsaw Massacre 2" oder "Phantasm 2" beiwohnen. Erinnerungen an die Traumsequenz in "Das Schweigen der Lämmer" werden geweckt. "Mad Max" und sogar die "Ghoulies" winken uns imaginär zu. Diese schrecklich nervigen satanischen Ghoulies? Ja, genau die!
Angesichts des gerade erlebten Grauens und Entsetzens in stumme Agonie versunken sieht sich Red nach dem gewaltsamen Tod seiner großen Liebe im Fernsehen einen Werbespot an.
Im TV zu sehen ist ein grünes Monster (das an den Toiletten Ghoulie erinnert) namens Cheddar-Goblin, das vor Freude juchzenden Kindern einen breiten Schwall des leckeren gelben Käses über die Köpfe kotzt. Der Slogan "Nothing is better than Cheddar" setzt dem Ganzen noch die Krone auf.
Diese Absurdität des TV-Programms, das einerseits Normalität vermittelt und doch so seltsam deplatziert wirkt, hat eine dezent verstörende Wirkung. Ähnlich wie in der Traumszene in American Werewolf, in der David zuhause bei seiner Familie eine gewalttätige Folge der Muppetshow ansieht – bekommt man trotz oder gerade wegen dieses einerseits banalen und doch seltsam wirkenden Kinderprogramms unweigerlich das Gefühl, irgendetwas an dieser Welt ist nicht in Ordnung.

Bestimmt hält es niemand für einen Zufall, dass Mandy und Red ausgerechnet am Crystal Lake ("Freitag der 13.") wohnen. Ebenso wenig wie Jeremiah ganz in Frank Booth-Manier ("Blue Velvet") in einer Szene hysterisch "Don't you fucking look at me" brüllt.
Neben den stimmungsvollen Klängen des Filmsoundtracks spielt auch die nicht hörbare Musik eine essenzielle Rolle in "Mandy".
Red und Mandy sind Metal Fans, Mandy trägt Shirts von Black Sabbath und Möetley Crüe. Die Schriftzüge des Filmtitels sehen aus wie ein Logo einer Metal Band (mir fallen dabei unweigerlich die ausgewaschenen Mayhem, Darkthrone und Gorgoroth Shirts meines Exfreunds ein). Wenn man sich daran erinnert, dass in den 90er Jahren in Norwegen, der Geburtsstätte des Black Metals, um die 50 Kirchen im Jahr angezündet wurden, sieht man eine ganz bestimmte Szene auch mit etwas anderen Augen.

An Zynismus kaum zu überbieten ist auch die Sequenz, in der Red gegen Brother Swan kämpft. Letzterer war derjenige, der Mandy angezündet hat und dies bösartigerweise mit dem Satz "The darker the whore the brighter the flame." kommentierte.
Bei der finalen Auseinandersetzung zwischen Red und dem Sektenbruder nimmt dieser Bezug auf Mandys Tod indem er Neil Youngs Song "Hey  hey, my my (into the black)" zitiert: 
"It's better to burn out than to fade away".
Eine etwas eigenwillige und zu wörtlich genommene Interpretation dieses Satzes. So haben dies natürlich weder Neil Young in seinem Song noch Kurt Cobain in seinem Abschiedsbrief interpretiert...

"Mandy" ist ein Film voll unerbittlicher Zerstörungswut, der den abgründigen Geist von norwegischem Black Metal verströmt und sich nicht scheut, sein Publikum mit alptraumhaften Visionen in komprimierter Form zu verwirren.
Cosmatos huldigt seinen dramaturgischen Inspirationen und musikalischen Vorbildern ohne dabei aufdringlich zu wirken.
Nicolas Cage zeigt wie ein verliebter Holzfäller zu einer wahnsinnigen Kampfmaschine voller blinder Zerstörungswut mutiert. Seine anfänglich zur Schau gestellte Verzweiflung entbehrt jedoch nicht einer gewissen Komik, die zum Teil bewusst eingebaut wurde.
Ein Film mit einem prinzipiell ernsten Thema und drastischer Gewalt, der sich aber selbst nicht zu ernst nimmt. Cosmatos präsentiert uns die Wechselwirkung zwischen Gemetzel und Humor auf so herrliche unbedarfte und erfrischende Art, wie man es im Speziellen vom Horror- und Actionkino der Achtzigerjahre kennt. Die Handlung soll übrigens im Jahr 1983 spielen. Ein Zufall? Vermutlich nicht.
Thematisch und optisch gibt es nicht zu verleugnende Parallelen zu "The Crow". Auch einer dieser Filme, der das Publikum spaltet.

Ich behaupte an dieser Stelle aus tiefster Überzeugung, dass "Mandy" nur im Originalton zur Gänze verstanden werden kann, allein schon wegen den oben angeführten Zitaten.
Wer etwas genauer recherchiert oder sich in diesem Gebiet besser auskennt, wird übrigens auch Anspielungen auf prominente amerikanische Killer entdecken.
Man hat am Ende das dumpfe Gefühl, etwas (noch) nicht erfasst zu haben.

FreundInnen von Action-Kino, Funsplatter und Backwoodhorror werden bei "Mandy" jedenfalls voll auf ihre Kosten kommen. Durch den Trailer erhält man einen relativ präzisen ersten Eindruck, worum es bei diesem Trip Film (nicht) geht.
Wie meine Cousine gestern treffend bemerkte: "Hahaha, der Trailer ist ja der Hammer! Ich hab keine Ahnung worum's geht! Rache und Gemetzel? Sieht crazy aus."
Diese Worte beschreiben "Mandy" ziemlich akkurat.

Jedenfalls freue ich mich schon sehr auf ein baldiges Wiedersehen mit "Mandy" - für November hat KochMedia eine Veröffentlichung angekündigt.





Foto: Mediabook von Koch Media



Samstag, 12. August 2017

DIABOLIK (1968)















GEFAHR: DIABOLIK

Frankeich, Italien 1968
Regie: Mario Bava
DarstellerInnen: John Philip Law, Marisa Mell, Michel Piccoli, Adolfo Celi, Claudio Gora, Mario Donen, Renzo Palmer u.a.


Inhalt:
Wenn er nicht gerade wieder ein spektakuläres krummes Ding dreht, ergötzt Gangster Diabolik sich an seinem eigenen Reichtum und dem Anblick seiner Freundin Eva Kant. Die beiden genießen die gemeinsamen Stunden ebenso wie die Adrenalin Kicks, die ihnen diverse Raubüberfälle bescheren. Doch Bösewicht Signor Valmont und der ehrgeizige Inspektor Ginko wollen Diabolik um jeden Preis das Handwerk legen...


Diabolik (Law) im stylischen Kostüm


Nicht nur vor der Kamera harmonisch: Mell und Law


Nein, er ist kein Super-Held, sondern ein wahrer Super-Schurke!
Die ersten Diabolik-Geschichten der frühen Sechziger Jahre stammen aus der Feder der kreativen Schwestern Giussani aus Mailand und richteten sich, im Gegensatz zu bisher hanelsüblichen Comics, an die Zielgruppe der Erwachsenen. Ihr Erfolg war beachtlich und zog weitere Fumetti neri Reihen wie "Kriminal", "Luzifera" oder "Satanik" nach sich. Bis heute finden sich an jedem gut sortierten italienischen Zeitungskiosk neben den gelben Kriminalromanen aus dem berühmten Mondadori-Verlag auch Fumetti neri.
Bei dieser speziellen Art von Comic werden düstere Geschichten voller Sex und Gewalt erzählt. Die ProtagonistInnen sind zumeist Anti-Helden.
Die in Italien überaus erfolgreiche Fumetti neri Serie "Diabolik" wurde im Jahr 1968 von niemand Geringerem als Regisseur Mario Bava (Die toten Augen des Dr. Dracula), einem unbestrittenen Meister der Ästhetik, verfilmt.


Eignen sich (immer noch) als Strandlektüre, Heimlektüre und
Souvenirs für italophile Freunde


Der Weg zu seinem größten kommerziellen Erfolg gestaltete sich für Signor Bava etwas holprig.
Zuerst musste er nämlich gewisse Hindernisse und Unannehmlichkeiten am Set überwinden. Die Anwesenheit der vielen Pressefotografen bereiteten ihm ähnliches Unbehagen wie das ungewohnt große Team und das für seine Begriffe überdimensionierte Budget, für das er verantwortlich war. Bald nach dem Start der Dreharbeiten kam es zum Zerwürfnis mit der ursprünglichen Eva Kant Darstellerin Catherine Deneuve. Nach deren Rauswurf konnte die Österreicherin Marisa Mell (Nackt über Leichen), die sich gerade auf dem Zenit ihrer Schönheit und Filmkarriere befand, für die Rolle der Diabolik-Gefährtin gewonnen werden.
Hauptdarsteller John Philipp Law (Diabolik) und Marisa Mell erwiesen sich als perfektes Leinwand-Paar. So perfekt, dass sie sogar abseits der Kameras eine Liaison eingingen.
Bezüglich der Kostüme wurde auch nichts dem Zufall überlassen. Effekte-Spezialist und späterer Oscar-Preisträger Carlo Rambaldi entwarf den schwarz glänzenden zeitlos-stylischen Diabolik Anzug.

Ab diesem Zeitpunkt waren dann alle Weichen gestellt für einen bis heute unverändert ästhetischen und unterhaltsamen Film, der selbst Jahrzehnte nach seiner Entstehung Generationen von CineastInnen in Verzücken versetzt.


Diaboliks schmucker Unterschlupf


Mario Bavas Kunststück bestand darin, die Stilmittel der gezeichneten Vorlage möglichst exakt zu übernehmen und gleichzeitig weiterzuentwickeln. Für Diaboliks hypermodernen Unterschlupf kreierte er mithilfe von Farben, Beleuchtung und Designer-Kulisse ein ganz einzigartiges Ambiente.
Die Handlung von "Gefahr: Diabolik" orientiert sich am gezeichneten Vorbild - Action und Erotik kommen hier keinesfalls zu kurz.
Ennio Morricones vielseitiger Soundtrack umfasst verspielte, psychedelische und teils von Western inspirierte Stücke, die das Sahnehäubchen auf diesem cineastischen Kunstwerk sind.

Ein Film, bei dem die Credits schon verführerisch wirken. Bunt, hypnotisch, psychedelisch und mit einlullender Musik fällt man unweigerlich "deep, deep down" in das jegliche Aufmerksamkeit auf die Leinwand fokussierende Diabolik-Universum.
"...You in my mind deep down, in my heart deep down..."  ist nicht nur ein Songtext, sondern zugleich ein verführerisches Angebot, das der Film dem geneigten Publikum offeriert.




Foto ganz rechts: US DVD von Paramount




Foto: Sinister Blu Ray



Sonntag, 11. Dezember 2016

DOOMSDAY (2008)














DOOMSDAY – TAG DER RACHE

Deutschland, Großbritannien, Südafrika, USA 2008
Regie: Neil Marshall
DarstellerInnen: Rhona Mitra, Bob Hoskins, Adrian Lester, David O'Hara, Malcolm McDowell, Nora Jane-Noone, Craig Conway


Inhalt:
Der tödliche Reaper Virus bricht in Glasgow aus und verbreitet sich in rasender Geschwindigkeit unter der Bevölkerung Schottlands. Um einen weltweiten Ausbruch zu verhindern, werden Barrikaden und Mauern gebaut, die Schottland vom restlichen Großbritannien teilen. Die Menschen auf der "falschen Seite" werden sich selbst überlassen.
Über zwei Jahrzehnte später bricht das Virus überraschend in London aus. Die Regierung lüftet nun zwangsweise ein lange gehegtes Geheimnis: Es gibt Überlebende des ersten Ausbruchs. Spezialagentin Eden Sinclair wird mit einem Team nach Schottland geschickt. Ihr Auftrag: Sie hat 48 Stunden Zeit, den berühmten Dr. Kane, der einst an einem Impfstoff gegen das Virus gearbeitet hatte, zu finden...


Soldatin Eden Sinclair


Sol, umgeben von seiner Gefolgschaft


Diese Killer-Viren-Thematik löst seit jeher bei mir immer eine besonders intensive Beklemmung aus.
Die Horrorszenarien von überfüllten Krankenhäusern, die explosionsartige Verbreitung der Seuche gerade in Ballungsräumen und der Ausbruch von Chaos bis hin zum Zusammenbruch der Gesellschaft erscheint mir entsetzlich lebensnah.
Die Regeln der modernen Zivilisation, die in Extremsituationen nichts mehr Wert sind und Militär und Regierung, die durch Abschottung ganzer Landstriche versuchen, eine Eindämmung der Krankheit zu erreichen, wirken so bedrohlich nahe an der Realität.
Einzelne Menschen werden von einem Tag auf den anderen rechtlos und wertlos. Es zählt nur noch die zu schützende Mehrheit der Weltbevölkerung. Schottland von der Außenwelt abtrennen? Muss sein, bevor noch mehr Frauen, Männer und Kinder dem Virus zum Opfer fallen.
Neil Marshalls dritter Spielfilm beginnt mit einem starken Einstieg in genau dieses Katastrophenszenario, hebt sich im Verlauf aber deutlich ab von Seuchenfilmen wie "Outbreak" oder "Contagion".
Es wäre zu kurz gegriffen, ihn auf dieses Thema zu reduzieren. Denn "Doomsday" ist und kann noch viel mehr.

Die Story an sich ist absolut simpel, dafür sind die Charaktere umso sorgfältiger ausgearbeitet.
Die smarte und kampferprobte Heldin Eden Sinclair wird von der britischen Sängerin und Schauspielerin Rhona Mitra verkörpert. Gamer könnten die britische Schönheit als Live-Double des Computerspiel-Charakters Lara Croft (Tomb Raider) bereits registriert haben. Sie wirkte außerdem in diversen Filmen mit, u.a. an der Seite von berühmten Hollywood-Stars wie Kevin Spacey, Kate Winslet oder Jim Carrey und hatte ein paar Auftritte in TV-Serien.
Eden Sinclair ist eine Einzelkämpferin. Eine Frau, die sich von Befehlshabern nicht zur Marionette degradieren lässt und ihre Ziele mit eisernem Willen und Ehrgeiz verfolgt. Sie offenbart anderen nicht viel von ihrem Innenleben und vertraut niemandem. Sie ist eine Überlebende des ersten Ausbruchs und die Erfahrungen ihrer Kindheit haben sie deutlich geprägt.
Ihr Vorgesetzter und väterlicher Schirmherr/Berater Bill Nelson (ebenfalls toll besetzt durch den sympathischen Bob Hoskins) stellt den Gegenpol zu ihrem skrupellosen Auftraggeber Canaris, dem Vize Premier Minister von Großbritannien, dar.
Letzterer wird vom schottischen Darsteller David O' Hara zu einem markanten Charakter geformt. O'Hara dürfte eher niemandem aus dem Achtziger Jahre Tierhorrorfilm Link, der Butler (ich liebe ihn), aber Vielen als der verrückte Ire aus "Braveheart" bekannt sein. Vielleicht erinnert sich auch jemand an O'Hara als leicht debilen Fitzy in "Departed - Unter Feinden". Was auch immer dieser Mann in den letzten Jahren mit seiner Stimme angestellt hat – diese Tonlage und seine Art zu sprechen sind der Wahnsinn und verleihen der Rolle das markante, unverkennbare Etwas.
Originalton lohnt sich bei "Doomsday - Tag der Rache" auf jeden Fall. 

Düster in Szene gesetzte menschenleere Straßen, verlassene Städte, die von der Natur zurückerobert werden ("12 Monkeys" lässt ebenfalls grüßen) und raue schottische Hügellandschaften dominieren die pessimistische Bildsprache. Gebäude und verlassene Siedlungen als stumme Zeugen einer menschlichen Tragödie stehen wie Mahnmale inmitten einer langsam verfallenden Szenerie.
In einer unwirtlichen heruntergekommenen Stadt hat sich die wilde Punk-Meute um den charismatischen Sol, der sich wie ein Rockstar gebahrt, versammelt. Sie sind mit aufgemotzten schnellen Fahrzeugen unterwegs, feiern ausgelassene Parties (mit lässigem Sound von "Siouxsie and the Banshees" und "Fine young cannibals") und gönnen sich auch schon mal Menschenfleisch vom Grill.
Eine andere Gruppe von Menschen hat sich in den Schutz von alten Festungsmauern zurückgezogen und die Zeit der Ritter und Burgherren wieder aufleben lassen. Die Gemeinde rund um den paranoiden Wissenschaftler Kane spielt Mittelalter und lässt ihre Feinde bei Gladiatorenkämpfen in einer Art Arena antreten.
Als Drehort für die Innenaufnahmen und als Kulisse für Außenaufnahmen diente das Blackness Castle im schottischen Ort Blackness. Was für ein toller Name für ein Dorf!
("Zufällig" war ich dieses Jahr vor Ort, Drehort-Special hier.)

Kommerziell wenig erfolgreich und sein Publikum sehr spaltend, kann "Doomsday" aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Auf der einen Seite wird er von einem Teil des Publikums als unausgegorener Genremix zwischen Seuchen- Endzeit und Actionfilm verunglimpft. Nach Marshalls kommerziell erfolgreichen The Descent - Abgrund des Grauens dürfte sein darauf folgendes Werk viele Erwartungen enttäuscht haben.
Es gibt aber bestimmt auch genügend Leute, die wie ich schätzen, was für eine liebevolle Hommage an das Actionkino der End- 70er/Anfang 80er Jahre der Regisseur da für uns gebastelt hat.
Alle, die "Die Klapperschlange", "Mad Max 2", "Die Warriors", "Coffy die Raubkatze" oder "Aliens – Die Rückkehr" zu ihren Lieblingsfilmen zählen, können sich mit einem genüsslichen Grinsen zurücklehnen, die dynamische Action in Kampf- und Verfolgungsjagd-Sequenzen genießen und sich freuen, wie Marshall seinen Vorbildern huldigt.
Als Neuem gegenüber aufgeschlossener Fan dieser Werke kommt man auf jeden Fall auf seine Kosten.

Wichtig: Auf jeden Fall die österreichische Veröffentlichung kaufen, die deutsche ist um ca. 10 Minuten gekürzt.




Foto: NSM VÖ



Sonntag, 10. Januar 2016

THE GUEST (2014)














THE GUEST

USA 2014
Regie: Adam Wingard
DarstellerInnen: Dan Stevens, Ethan Embry, Lance Reddick, Joel David Moore, Maika Monroe, Leland Orser, Sheila Kelley u.a.


Inhalt:
Familie Peterson trauert um Sohn und Bruder Caleb, der im Irak Krieg sein Leben verloren hat. Als Mutter Laura an ihrer Haustür einem hochgewachsenen adretten Fremden namens David gegenübersteht, der sich als Freund und Soldatenkamerad von Caleb vorstellt, öffnet sie ihm nicht nur die Tür zu ihrem Haus, sondern auch ihr gebrochenes mütterliches Herz.
Der stets höfliche und sympathisch wirkende junge Mann findet seinen Platz in der Familie. Er darf in Calebs Zimmer übernachten, holt den pubertierenden Sohnemann Luke von der Schule ab und genehmigt sich mit Familienvater Spencer ein oder mehrere Feierabendbiere.
Nur die zwanzigjährige Tochter Anna bringt dem ehemaligen Soldaten Misstrauen entgegen und kann sich nicht so Recht für die Anwesenheit Davids im Petersonschen Haushalt begeistern.
Als sich Gewalttaten und Todesfälle im näheren Umfeld der Petersons häufen, beginnt Anna Davids Background zu beleuchten und setzt dadurch nicht nur sich, sondern auch ihre Liebsten einer tödlichen Bedrohung aus...


Den Umgang mit Waffen hat David gelernt


Anna fragt sich, was sie von David halten soll


Regisseur Adam Wingard, dem der Home Invasion Thriller "You're next" zu einer gewissen Popularität in der Horrorfilm-affinen Community verholfen hat, beweist mit "The Guest" wie man mit einem zu anderen Hollywoodproduktionen vergleichsweise niedrigen Budget von 5 Millionen Dollar ein Maximum an Unterhaltungswert herausholen kann.
"The Guest", der trotz der Beliebtheit von "You're next" in der deutschsprachigen Kinolandschaft eher stiefmütterlich behandelt und in den meisten Lichtspielhäusern gar nicht gezeigt wurde, ist wahrlich ein Film für die große Leinwand und der Genuss maximiert sich mit entsprechender Soundanlage.
Dieser Thriller lebt nicht nur von einer tiefgründigen Geschichte, sondern von seinen knalligen Farben, seinem außergewöhnlich mutigen und dominanten Soundtrack und der Intensität der SchauspielerInnen.

Allen voran natürlich Dan Stevens, der die Rolle des David genüsslich auszukosten zu scheint.
Seine Mimik, die von leerem Blick aus stahlblauen Augen zu bedrohlichem Ausdruck und dann innerhalb von Sekundenbruchteilen zu einem gewinnenden Lächeln wechselt, beeindruckt.
Besonders deutlich wird dies in der Barszene, als er sich mit den Kids, die Luke regelmäßig terrorisieren, anlegt. Direkt nachdem ihm einer der Bad Boys einen Cocktail ins Gesicht schüttet, spricht Davids Gesichtsausdruck Bände. Er wirkt regelrecht mordlustig und man macht sich auf's Schlimmste gefasst. Doch dann wischt er sich mit einer Hand langsam von der Stirn abwärts über das Gesicht. Die Hand scheint nicht nur die Überreste des Cocktails, sondern zugleich auch jegliche schlechte Laune wegzuwischen und sogleich erstrahlt wieder sein schönstes "perfekter-Schwiegersohn-Lächeln". Creepy!
Schnell zeigt sich: David neigt zu Extremen. Nicht nur, was das gnadenlos bis zur Schleimgrenze ausgekostete zur Schau stellen seiner Manieren betrifft, sondern auch den kompromisslosen Einsatz von Brutalität. Und in einigen Szenen (z.B. beim Kürbis schnitzen) wirkt er wie ein Ableger eines T800 ("Terminator 2"), der versucht, sich in der Welt der Menschen zurecht zu finden. Er ist mysteriös und seine Handlungen wirken zum Teil kurios.

Die große Sympathieträgerin in diesem Film und zugleich eine Art Final-Girl ist Maika Monroe in der Rolle von Anna Peterson. Anna lässt sich nicht von Davids Charme blenden und bringt ihm als Einzige der Familie eine gesunde Skepsis entgegen.
David begleitet Anna auf eine Halloween-Party und lässt seinen Charme nicht nur sprühen, sondern wie ein Feuerwerk explodieren. Überhaupt scheint er immer genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und stets zu wissen, welche Worte gerade angebracht sind. Und wenn er mit riesigen Bierfässern über der Schulter bzw. locker in der Hand ganz im Stil vom Coca-Cola-Macho aus der Werbung den Raum betritt, kann das einer gewissen Komik kaum entbehren.
Fast gelingt es David im Partyrausch auch, in Annas Gunst zu steigen. Aber eben nur fast.
Dagegen hat er beim permanent gemobbten Außenseiter Luke ein leichtes Spiel. Dieser bewundert ihn und zeigt sich solidarisch bis über die Grenze des Nachvollziehbaren hinaus.

Während der Film eine geraume Zeit über die Interaktionen zwischen den ProtagonistInnen in den Vordergrund rückt und von einer subtilen Bedrohungssituation lebt, gibt es im letzten Drittel eine Art Wendepunkt, der in ein actiongeladenes Finale mündet, das sich sowohl von der Gestaltung des Sets als auch von der musikalischen Untermalung absolut positiv von anderen aktuellen Filmen hervorhebt.

Wenn mir je jemand prophezeit hätte, dass ein moderner amerikanischer Film einen Soundtrack mit Synthie-Pop und Bands wie "Clan of Xymox", "Sisters of Mercy", "Front 242" und "DAF" haben wird, hätte ich vermutlich nur milde gelächelt und mir meinen Teil gedacht.
Als ich dann "The Guest" passenderweise mit einem geschätzten realen Wochenend-Gast (liebe Grüße an dieser Stelle!) zum ersten Mal sah, war ich sehr überrascht. Bei jedem angespielten Song wurde meine Verzückung größer.
Wer etwas düster-melancholische Klänge und treibenden Synthie-Partysound zu schätzen weiß, dem werden die Songs, die nicht nur der Untermalung dienen, sondern mit der Handlung verbundener wichtiger Bestandteil des Films sind, die Gehörgänge liebkosen.


Finale


Die surreal anmutende Kulisse des märchenartigen Finales und der regelrechte Farbrausch sind wundervoll ästhetisch inszeniert und in Kombination mit der Musik von einer durchdringenden Intensität.
Man könnte "The Guest" (wenn man so will) vorwerfen (und Manche werden es sicher auch tun), dass die Story nicht viel hergibt, zu wenig erklärt oder zu vorhersehbar ist. Doch gerade der Umstand, dass Davids Motive nicht bis ins kleinste Detail erklärt werden, übt genau so wie sein Mimenspiel eine gewisse Faszination aus.
Was am Ende auf jeden Fall im Gedächtnis haften bleibt, sind die fantastisch beleuchteten Sets (neben dem Finale besonders die Party-Szene), die sympathischen DarstellerInnen, der schwarze Humor und die an den Tag gelegte Sorgfalt bei der Auswahl der Songs.

Ich habe diesen Film vor wenigen Tagen zum zweiten Mal angeschaut. Er hat sogar noch besser funktioniert als beim ersten Mal und er wird bestimmt noch öfter den Weg auf meine Leinwand finden.
"The Guest" ist mehr als nur ein Thriller mit Anleihen an coole Musikvideos. Er ist definitiv ein feiner Geheimtipp für nette Filmabende mit Freunden und verdient die Bezeichnung "kleines Gesamtkunstwerk".




Foto: Blu Ray von Splendid



Donnerstag, 19. November 2015

SPECIAL: KARACHO - 1. FESTIVAL DES ACTIONFILMS














06.-08. November
Nürnberg, KommKino und Filmhaus


Ursprünglich war dieses Special überhaupt nicht geplant, immerhin war ich nur bei der Hälfte der Filme anwesend. Beim folgenden Bericht hat mich daher Andreas (italo-cinema.de) dankenswerterweise unterstützt bzw. ergänzt.
Mille grazie!
Sein Text ist in dieser Farbe geschrieben.
Gewidmet seien die folgenden Zeilen allen Organisatoren, HelferInnen und den Leuten, die live dabei waren und zur guten Stimmung beigetragen haben. Ihr wart großartig.
Außerdem sollte es eventuell ein kleiner Anreiz für diejenigen sein, die beim hoffentlich folgenden zweiten Action-Paukenschlag in Nürnberg dabei sein wollen.


DER ANFANG VOR DEM ANFANG


Vom 06.-08. November 2015 lud das Nürnberger KommKino zum 1. Festival des Actionsfilms: KARACHO und ich folgte natürlich dem Versprechen von Spektakel und Eskalation.
What you deserve is what you get! 
Am Tag vor dem offiziellen Start konnte man sich bereits mit der Cannon-Doku "Electric Boogaloo" und einer privaten Filmvorführung eines Michael Bubikopf-Krachers einstimmen.
Freitag und Montag Urlaub bei Filmfestivals lohnt sich immer. Manch einer fand am Freitag Vormittag sogar Zeit für den neuen Bond. Kann man mögen.


TAG 1


EIN DRECKIGER HAUFEN















André De Toths Kriegsfilm "Ein dreckiger Haufen" (Play Dirty, 1969) mit Michael Caine, Nigel Davenport und Nigel Green machte am späten Freitag Nachmittag den Anfang. Für mich sicherlich nicht die Überraschung des Wochenendes, aber dennoch solide Söldnerkost britischer Art. Michael Caine als leicht femininen Captain Douglas muss man einfach gesehen haben.

Während der liebe Andreas sich bereits cineastisch vergnügt, fahren wir (die beiden Verrückten aus Österreich) etwas später als erhofft auf der deutschen Autobahn Richtung Nürnberg und freuen uns, dass es sich zeitlich gut ausgeht, um noch etwas zu essen, bevor wir uns auf den Weg Richtung "Komm-Kino" machen.
Wir checken im Hotel ein und schreiten andächtig durch die langen mit Teppichboden ausgelegten Gänge. Der Rollkoffer erzeugt die perfekte Soundkulisse zum Anblick des menschenleeren Hotelgangs des Overlook, äh ibis Hotels...


Der laaaange Gang.... perfekte Filmkulisse?!?


Im Kino holen wir uns natürlich als Erstes eines dieser leckeren fränkischen Biere (eine Sorte besser als die andere!) und begrüßen Freunde und Bekannte.

Nach einer knackigen Einleitungsrede von Konstantin Hockwin (vom vielversprechenden neuen Label Forgotten Film Entertainment) entführt uns der sympathische Kai Krick (einer der Organisatoren vom Besonders Wertlos-Festival) in die Vergangenheit, in der der damals für den Film zu junge Kai schmachtend vor dem Plakat von "Die Klasse von 1984" stand. Der Zugang zum Kino wurde ihm und seinem Bruder aufgrund von "striktem Jugendverbot" zuerst allerdings verweigert, weshalb die beiden alle Hebel und die damalige alternative Community ihrer Heimatgemeinde in Bewegung setzten, um schließlich doch noch in den Genuss dieses Klassikers zu kommen.
Eine schöne Geschichte.


DIE KLASSE VON 1984















Es folgte meine Erstsichtung (von vielen an diesem Wochenende) von einem Film dessen Ruf ihm schon Kilometer weit vorauseilt... und es wurde nicht zuviel versprochen: Mark L. Lesters "Die Klasse von 1984" (Class of 1984, 1982) war der erwartete gewaltvolle Kracher, auch wenn ich feststellen musste den Film doch schon mal irgendwann gesehen zu haben. Dies allerdings weit vor der Entdeckung der Liebe zum Film und zur Sammlerleidenschaft. Vor dem Film gab es eine fundierte Einleitung durch Konstantin Hockwin, gefolgt von einem "kurzen" Ausbruch des genialen Kai Krick. Das muss man live erlebt haben!

„Die Klasse von 1984“ war mein erster Fehlkauf. Nicht, weil der Film so schlecht ist. Es war zu der Zeit, als ich mich gerade schweren Herzens von meinem VHS Rekorder verabschiedete und mein DVD-Sammlungs-Zeitalter einläuten wollte. Da mich als Horror-Fan das Cover ansprach, übersah ich in meinem Eifer die Worte "neue Fassung" und war dann enttäuscht, den Film nur in geschnittener Version zu sehen.
Es sollte Jahre bis zur zweiten (natürlich ungeschnittenen) Sichtung der Klasse vergehen und nie hätte ich vermutet, diesen Film schließlich ein drittes Mal auf der ganz großen Leinwand zu erleben.
Immerhin ist es einer der Klassiker des Terror-Kinos. Auch wenn ich bis heute noch nicht so richtig warm werden konnte mit diesem Film.
Der Grund: die Rolle des Lehrers ist im Vergleich zum arg übertriebenen Gebaren seiner (vermutlich 5 Mal sitzen gebliebenen SchülerInnen) etwas zu ernsthaft angelegt. Oder die der bösen Punks zu übertrieben. Wer weiß. Ein bisschen mehr Splatter und ein bisschen weniger Szenen mit Michael J. Fox hätten der "Klasse von 1984" vermutlich nicht geschadet. Trotzdem: diesen Film sollte man gesehen haben.

Vor dem nächsten Film beleuchtet Sven Safarow (von Eskalierende Träume) einige interessante Aspekte zu "The Hidden" und vor allem dem Cast.
Und ab geht die Post...


THE HIDDEN - DAS UNSAGBAR BÖSE















Sehr positiv überrascht war ich vom action- und temporeichen "The Hidden", der es schaffte, die beim vorherigen Film aufgekommene Schläfrigkeit in Null Komma Nichts vollends wegzublasen.
Der sympathische Kyle MacLachlan gibt hier den FBI Agenten, der in Wirklichkeit ein Alien ist. Erinnerungen an "Twin Peaks", "Terminator" und "Men in Black" werden geweckt.
Es gibt viel zu Lachen und auch die ein oder andere emotionale Szene.

Den Abschluss am Freitag und eines meiner persönlichen Festivalhighlights bildet Jack Sholders "The Hidden - Das unsagbar Böse" (1987) mit dem Twin Peakser Kyle MacLachlan. Was für eine geile Action, Horror, Science-Fiction-Mischung! Gehört dringend offiziell in Deutschland auf DVD oder Blu-ray veröffentlicht!

Da anscheinend in einer Freitag-Nacht nicht mehr allzu viele Lokale in Nürnberg offen haben und es in Strömen regnet, landet unsere kleine gesellige Runde nach der vergeblichen Suche nach einem Curry-Wurst-Lokal doch im Kino und Hotel nahe gelegenen Restaurant "Istanbul", in dem natürlich gebührend über Filme gefachsimpelt und diskutiert wird.
Ein schöner Ausklang des Abends.


TAG 2


DER GNADENLOSE VOLLSTRECKER















Nach einer zu kurzen Nacht bildet Kuei Chih-Hungs "Spät"-Eastern der alten Schule "Der gnadenlose Vollstrecker" (Man Yan Jam, 1980) mit Chen Kuan-Tai und Ku Feng einen düsteren, pessimistischen und fulminaten Start in den Samstag. Demnächst von filmArt in der Shaw Brothers Collection als DVD/Blu-ray Combo erhältlich!

Nach einer glühenden mitreißenden Rede von Kai Krick über die Mechanismen des Actionsfilms und der Erklärung, warum "Point Break" quasi ein Meta-Film ist, geht es weiter mit...


GEFÄHRLICHE BRANDUNG















Im Anschluss begeben sich Patrick Swayze und Keanu Reeves in die "Gefährliche Brandung" (Point Break, 1991) - ein absolutes Highlight den ich direkt nach dem Festival nochmals im Heimkino genossen habe. Ein Film bei dem für mich von vorne bis hinten alles passt. Was für eine Neuentdeckung!

Wer in den 90er Jahren TV geschaut hat, kam an "Gefährliche Brandung" eigentlich nicht vorbei. Ab circa der Mitte dieses Jahrzehnts lief der Film über die Surfer, die in ihrer Freizeit als Ex-Präsidenten maskiert Banken überfallen, gefühlte 2 Mal pro Jahr auf irgendeinem Sender.
Und ich habe ihn fast jedes Mal gesehen. Und das obwohl ich damals Patrick Swayze (wegen "Dirty Dancing") und Keanu Reeves doof fand. Irgendeine Magie verströmte dieser Film dennoch und auch ich konnte mich dem Sog nicht entziehen.
Es war insgeheim mein persönliches Highlight und tatsächlich: ich bin hin und weg! Was es in diesem Film alles zu sehen und zu erleben gibt! Die Surfszenen, die Fallschirmsprung-Szenen, die Kampf- und Suspense-Szenen wirken über die große Leinwand in einer nie für möglich gehaltenen Intensität auf das Publikum. Ich bin mir sicher, dass es nicht nur mir so ergangen ist. Nicht nur dank der ausführlichen Analyse von Kai (u.a. über die speziellen Lichtverhältnisse in vielen Szenen) fallen mir völlig neue Aspekte ins Auge als damals.
Und ich erkenne, dass sowohl Keanu Reeves als auch der leider allzu früh verstorbene Patrick Swayze hier eine schauspielerische Meisterleistung vollbracht haben.

Andreas Beilharz (Eskalierende Träume) begründet uns auf fachkundige und schlüssige Art und Weise, warum der folgende Film Eingang ins Festivalprogramm gefunden hat und zum Action-Kino gezählt werden kann.


RODAN – DIE FLIEGENDEN MONSTER VON OSAKA
















Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Als ich beim Deliria-Italiano Forumtreffen (hier ein paar Worte dazu) den Trailer zu "Rodan" bewunderte, kam mir nicht in den Sinn, dass ich den Film jemals sehen werde und schon gar nicht in einem Kino.
Einen Monat später sitze ich also im Filmhaus und freue mich über "Rodan", der wie ähnlich gelagerte japanische Monsterfilme irgendeine infantile Ecke meiner Seele aktiviert und mich einfach nur mitreißt und ungemein unterhält.

Die knuffigen Kaiju-Monster in "Rodan - Die fliegenden Monster von Osaka" (Sora no daikaijû Radon, 1956) sind die perfekte Nachmittagsunterhaltung und sorgen auch dank der schrägen deutschen Synchro für einige Lacher im Publikum.

In der Essenspause findet sich eine große Gruppe von Kino-BesucherInnen im urig-fränkischen Lokal "Barfüßer" zusammen. Dort gibt es viel Fleisch auf der Karte. Manche behaupten, wenn man die dort angebotene Familienplatte wieder zusammenbauen würde, säße ein ganzes Schwein auf dem Tisch. Dank meinem geduldigen Sitznachbarn habe ich endlich anschaulich gelernt, was die Franken unter ihrem berühmten "Schäufele" verstehen.
Sollte man mal gegessen oder zumindest gesehen haben.
Abermals ergaben sich interessante Gespräche über Filme, Drehorte und Urlaubsorte und lustige Unterhaltungen rund ums Thema Essen.


RAMBO 2 - DER AUFTRAG















Da "Phantom Kommando" aufgrund von Lieferschwierigkeiten leider ausfallen musste, stimmte das Karacho-Publikum für den Ersatz durch "Rambo 2" (und zu meinem Bedauern gegen "Total Recall") ab.
Mein Vater war Sylvester Stallone Fan und mit ihm guckte ich damals so ziemlich alle Sly Filme, die in der Flimmerkiste ausgestrahlt wurden. Besonders mochte ich "Over the Top" und die "Rocky"-Filme, auch wegen der schönen Dramaturgie. Hier musste er etwas tun für seinen Erfolg, sich hocharbeiten, hart trainieren, einstecken und so weiter.
Bei "Rambo" fehlt mir sowas. Mit dieser Art von Film konnte ich nie warm werden. Dafür erheiterten mich zumindest ab und zu die Parallelen zu bzw. meine Erinnerung an "Der Kampfgigant" (eines meiner Higlights auf dem letzten Terza Visione Festival).

It's Rambo-Time, all the time und zwar Rambo 2! Vietnamveteran Rambo räumt jetzt so richtig auf. Schön dieses Kleinod mal in prächtigem 35mm erleben zu können!



Pause: frische Luft und Blick nach unten


Die Pausenmusik im Kinosaal fiel mir während der ganzen Zeit schon sehr positiv auf. Unsere Ohren wurden nämlich mit einer genialen Mischung aus Genre-Kult-Soundtracks beschallt. Und da, ganz plötzlich erklingen die ersten Töne eines meiner absoluten Lieblingstracks aus den Boxen: Der Disco-Song aus meinem heißgeliebten Das Syndikat des Grauens.
Was für eine Freude!
Da steht plötzlich in den hinteren Reihen einer aus dem Publikum auf (wir wollen an dieser Stelle keinen Namen nennen) und sagt laut: "Und stell die Negermusik etwas leiser. Wir sind doch hier nicht im Kraal!".
Eingeweihte wissen natürlich, dass es sich hierbei um ein Originalzitat aus der deutschen Fassung des Films und beim Sprecher um einen echten Genre-Freak handelt.

Plötzlich wird es leise und Tobias Reitmann vom Italo-Cinema-Team lehnt locker lässig (Assoziationen zum Märchenonkel und zu Alfred Hitchcock werden geweckt) in seinem Stuhl vor der Leinwand und beginnt mit seiner Einleitung zu Coffy, die mich total in den Bann zieht.
Bei seiner sehr persönlichen und mit coolen Anekdoten bestückten Erzählung geht es in erster Linie darum, wie er zu dem Film gekommen ist und was ihm bei der ersten Sichtung durch den Kopf ging. Nostalgie-Flair inkludiert.
Die perfekte Einstimmung auf "Cöffy"! Die Vorfreude steigt...


COFFY – DIE RAUBKATZE















Zum krönenden Abschluss des Samstags gibt es die Blaxploitation-Bombe schlechthin: Pam Grier ist "Coffy - Die Raubkatze" (1973) mit einer durchgedrehten deutschen Knaller-Synchro und einem fantastischen Soundtrack von Roy Ayers. Sehr empfehlenswert. Eingeleitet wurde der ganze Spaß von Tobias Reitmann mit einigen Anekdoten aus dem VHS-Zeitalter.

Endlich komme ich in den Genuss dieses sagenumwobenen Klassikers des Blaxploitation Kinos.
Wow! Pam Grier sieht wirklich heiß aus und "Coffy" ist der absolute Gag-Overkill und der Party-Film schlechthin. "George, George. He's a pimp, he's a pusher..." singend laufen wir trotz fortgeschrittener Stunde beschwingt aus dem Kino.

Mein Bericht endet an dieser Stelle mit dem Fazit: Diese Reise hat sich gelohnt. Sollte es eine Fortsetzung dieses Festivals geben, heißt es für mich ganz klar: "I'll be back!"


TAG 3


ENGEL DER HÖLLE















Bedauerlich, dass die Zeit so rennt und das Wochenende fast schon rum ist, doch mit dem Biker-Film "Engel der Hölle" (The Born Losers, 1967) folgt am Sonntag mittag schon der nächste Überraschungshit. Ebenfalls mit einer traumhaften deutschen Synchro ausgestattet geht es satte zwei Stunden mit Billy Jack auf Kreuzzug gegen die Hells Angels.
Man glaubt nicht, was man dort sieht. Eingeführt wurde der Film übrigens stilecht in Lederjacke, zerrissenen Jeans und Halstuch von Nikolas Schuppe, der an dem Wochenende mit voller Hingabe fast alle Filme vorgeführt hat, ein echter Knochenjob. Danke Nikolas!


HEROIC TRIO















Der Sonntag ist so oder so der Überraschungssonntag. Es folgt der nächste Hit, denn Anita Mui, Michelle Yeoh und Maggie Cheung fliegend zu einem bombastischen Soundtrack durch das Hongkong des 21. Jahrhunderts sind berauschend ohne Ende.


DIE KATZE















Dominik Graf ist zu Gast, kündigt seinen Film "Die Katze" (1988) an und steht im Nachgang, moderiert von Sano Chestnik, Rede und Antwort. Ein absoluter Knallerfilm mit Götz George, Gudrun Landgrebe, Ralf Richter und Heinz Hoenig... schade was mittlerweile aus dem deutschen Kinofilm geworden ist, oder geworden worden ist...


DIE CITY COBRA















Den krönenden Abschluss des Wochenendes bildet Cosmatos' "Die City-Cobra" (Cobra, 1986) mit einem Stallone in Bestform. Auch dieser Film war für mich eine Premiere und was für eine!

Was bleibt einem als Fazit übrig als zu sagen: Nochmal! Nochmal! Nochmal! Es muss auch im nächsten Jahr wieder heißen: Karamba, Karacho, ein Whisky, ein Gin!
Ein dickes Dankeschön an das Organisationsteam um Konni, Tobias, Nikolas und Andreas B. für ein Wochenende der Zelluloid-Träume. Meine Dankbarkeit sei euch ewig gewiss.
PS: DEN Kino-Horrorfilm mal im Kino zu sehen sei auch jedem gegönnt. "Im Augenblick der Angst" macht augenblicklich Angst.