A LIZARD IN A WOMAN'S SKIN
Frankreich, Italien, Spanien 1971
Regie: Lucio Fulci
DarstellerInnen: Florinda Bolkan, Stanley Baker, Jean Sorel, Silvia Monti, Alberto de Mendoza, George Rigaud u.a.
Inhalt
Die etwas biedere und frustrierte Carol
Hammond, Tochter eines angesehenen Politikers, leidet unter immer
wiederkehrenden erotischen Träumen, in denen sie ein Verhältnis mit
ihrer freizügigen Nachbarin Julia Durer hat. Da sie das zügellose und
unkonventionelle Leben der Orgien feiernden Durer als verheiratete
Frau und brave Tochter aus gut bürgerlichem Hause (wie es sich
gehört) verachtet, versucht sie mithilfe ihres Psychoanalytikers Dr.
Kerr den Grund für die nächtlichen Fantasie-Eskapaden ihres
Unbewussten herauszufinden und diese auch wenn möglich zu
beseitigen.
Doch als sie sich schließlich nach
einem Traum, in dem sie ihre verhasste Nachbarin tötet, von ihrer
Obsession befreit wähnt, scheint der Albtraum im wahren Leben erst
zu beginnen.
Julia Durer wurde nämlich tatsächlich
ermordet. Und erdrückend viele Indizien weisen darauf hin, dass
Carol selbst die Mörderin sein könnte.
Hat sie Julia Durer tatsächlich
umgebracht und kann sich nur nicht mehr klar daran erinnern? Ist es
eine Verschwörung? Geht es um Erpressung? Welche Rolle spielen die
Hippies, die im Traum und in der Realität immer wieder auftauchen?
Inspektor Corvin und Carols Vater begeben sich auf Spurensuche. Offensichtlich ist der Fall nicht so eindeutig, wie er auf den ersten Blick erscheinen mag...
Inspektor Corvin und Carols Vater begeben sich auf Spurensuche. Offensichtlich ist der Fall nicht so eindeutig, wie er auf den ersten Blick erscheinen mag...
Traum oder Realität? |
Jean Sorel, künstlich gealtert |
Der berühmt-berüchtigte Regisseur Lucio Fulci, in vielen Kreisen vor allem beziehungsweise ausschließlich durch seine blutrünstigen Horrorfilme (Ein Zombie hing am Glockenseil, Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies oder Über dem Jenseits) bekannt, zeigt sich für mehrere besonders gehaltvolle und qualitativ von der Masse hervorstechende Gialli verantwortlich, u.a. Non si sevizia un paperino und "Una lucertola con la pelle di donna".
Beide sind kurz hintereinander entstanden und in beiden spielt die brasilianische Schauspielerin Florinda Bolkan eine wichtige Rolle.
Wie kaum ein anderer Vertreter des
Giallo Genres verliert "Una lucertola con la pelle di donna"
auch beim mehrmaligen Genuss nicht an Wirkung. Die Gründe dafür
sind wohl vor allem in der Ästhetik (mit Liebe zum Detail), der
Besetzung (Florina Bolkan und Jean Sorel) und der Story an sich zu
finden.
Gleich zu Beginn startet der Film mit
einer Traumsequenz, die ästhetisch perfekt ist. Bereits in den
ersten Szenen fällt auf, dass die Farbe Rot und Farben im
Allgemeinen als Stilmittel eine große Rolle spielen.
Während die Sequenzen in der Wohnung der
Hammonds bis auf einige bewusst gesetzte Rot-Akzente sehr blass,
farblos und öde wirken, erscheinen die Drogen und Sex-Orgien in der
Wohnung Durers wie ein Feuerwerk an Farben.
Die psychologische Ebene wird durch die
vorherrschenden Farben ins Bildhafte übersetzt. Auf der einen Seite das Wilde,
Triebhafte und die sexuell aufgeladene Stimmung. Auf der anderen
Seite Julias Wohnung - gedämpft, belanglos und voller unterdrückter
(homoerotischer) Impulse, dargestellt durch die roten Gegenstände.
Siegmund Freud hätte seinen Spaß mit
dem Film gehabt, nicht nur wegen dem unverkennbaren intrapsychischen
Widerstreit zwischen Libido und Thanatos, sondern auch wegen den sich bietenden Gelegenheiten zur Traumdeutung.
Die abwechslungsreichen
Kameraeinstellungen sind ebenfalls sehr lobend zu erwähnen.
Erfreulich erfrischend sind nicht nur die stimmigen Wechsel zwischen den
Perspektiven, sondern auch ganz außergewöhnliche Blickwinkel (im
wahrsten Sinne des Wortes): während Carol mit dem Inspektor redet,
zoomt die Kamera so weit an ihr Auge, bis man den sich in ihrer
Pupille spiegelnden Polizisten sehen kann. Grandios.
Fulcis altbekanntes Augen-Faible kommt eben nicht nur in Holzsplitter-Szenen oder seinen Horrorfilmen durch.
Fulcis altbekanntes Augen-Faible kommt eben nicht nur in Holzsplitter-Szenen oder seinen Horrorfilmen durch.
Die Effekte sind wahrlich von hoher Güteklasse.
Hier war eben der große Meister Carlo Rambaldi (auch Maskenbildner in: Femina Ridens und "Profondo Rosso") am Werk. Neben
einigen imponierenden und verstörenden Szenen (Stichwort: Hunde!), in
der Rambaldi sein handwerkliches Können unter Beweis stellt,
imponiert vor allem auch die sehr realistisch wirkende Szene, in der
Carol von Fledermäusen angegriffen wird.
Was wäre wohl aus Das Haus an der Friedhofmauer geworden, wenn Fulci anstatt des unförmig adipös wirkenden kleinen Blutsaugers aus dem Keller eine "Rambaldi-Fledermaus"
zur Verfügung gehabt hätte?
Aber zurück zum Thema. Auch oder
gerade beim wiederholten Ansehen fallen bei "Una lucertola con
la pelle di donna" immer wieder neue Bild- und Farbkompositionen
auf. Ein Zeichen für die optische Qualität des Films.
Florinda Bolkan (u.a. Non si sevizia un paperino, Spuren auf dem Mond, "Flavia, Leidensweg einer Nonne") ist von unverwechselbarer exotischer Schönheit, kein beliebig aussehendes "Püppchen", sondern eine Schauspielerin mit viel
Charisma. Eine Diva, die vor allem die Rolle der etwas verstörten am
Leben verzweifelten und/oder verwirrten Frau sehr gut beherrscht.
Die Rolle der exzessliebenden Julia
Durer passt gut zu Anita Strindberg (The Child - Die Stadt wird zum Alptraum) und ihren aufgemotzten Brüsten
(korrekterweise als "Implantate" zu bezeichnen), die in
diesem Film fast eine eigene kleine Rolle zu spielen scheinen.
Die Hippies sehen einfach nur
faszinierend aus.
Der stets routiniert wirkende Alberto de Mendoza (Der Killer von Wien) ist eine gut gewählte Besetzung für die Rolle des Inspektor Corvin.
Geheimnisvoller Hippie |
Der stets routiniert wirkende Alberto de Mendoza (Der Killer von Wien) ist eine gut gewählte Besetzung für die Rolle des Inspektor Corvin.
Einzig Jean Sorel (Malastrana, Der unerbittliche Vollstrecker) wirkt trotz des offensichtlichen Bemühens, ihn etwas älter
und verstaubt wirken zu lassen, für seine Rolle etwas zu jung
(...oder seine Tochter zu alt?). Fällt zwar auf, ist aber schlussendlich
nicht so wichtig. Wer bei einem solchen Film nach Realismus schreit
und/oder sich auf die Suche nach Fehlern in der Geschichte etc.
begibt, sollte ohnehin besser die Finger von Genrefilmen der 60er und
70er lassen. "Schmunzeln und genießen" ist hier nämlich
die Devise.
Zum Drehbuch: Danke, Lucio. Kein
0815-Giallo-Skript mit ermüdenden 20 Wendungen (Der Mörder ist der
Politiker. Nein, doch der Pfarrer. Nein, doch die Haushälterin des
Pfarrers. Nein, doch das uneheliche Kind des Exmanns der
Haushälterin. Nein, doch der bucklige Schulwart...), sondern eine
recht stringente Storyline.
Der ein oder andere "rote Hering"
wird im Laufe der Erzählung natürlich ausgelegt. Aber aufgrund der
spärlich gestreuten Informationen kann man sich wirklich bis zum
Ende nie ganz sicher sein, wer hinter dem Verbrechen steckt und wer
welche Rolle spielt.
Lieblingsdialog (Inspektor Corvin zu
seinem Kollegen):
"Ransak the city, Brandon.
Check out every man with red hair. Don't let anyone slip through. Not
even it is the Prince of Wales, right?"
-"Ok, Sam. Good thing we're not
in Ireland!"
"Una lucertola..." ist ohne Zweifel ein
Glanzstück des Giallo-Genres mit Florinda Bolkan in Top-Form, einem
intelligenten Drehbuch, stylischen Hippies, einem der besten
Soundtracks von Ennio Morricone, einer Prise Blut und Gedärm und
Spannung bis zur letzten Minute.
Für Giallo-Fans und solche, die es werden wollen, Pflicht-Programm. Bisher nicht
auf Deutsch erschienen. Denen, die nicht darauf warten wollen und die
der italienischen oder englischen Sprache mächtig sind, sei die DVD
von "Studio Canal Optimum" wärmstens empfohlen.
Foto: DVDs von Shriekshow und Studio Canal Optimum
Foto: Blu Ray VÖ von Le Chat qui fume
Foto: Soundtrack