DER UNERBITTLICHE VOLLSTRECKER
Italien, Frankreich 1973
Regie: Roberto Infascelli
DarstellerInnen: Enrico Maria Salerno, Lee J. Cobb, Luciana Paluzzi, Jean Sorel, Laura Belli, Ezio Sancrotti u.a.
Inhalt
Inspektor Cardone wird als Nachfolger
des Polizeipräsidenten Iovine nach Mailand beordert. In den letzten Monaten wurde die Stadt
von professionellen Entführern terrorisiert, die sich auf das
Kidnapping von spätpubertierenden Söhnen und Töchtern reicher
Eltern spezialisiert haben.
Um das Leben der Geiseln nicht zu
gefährden, war die bisherige Taktik von Staatsanwalt und Polizei,
nicht einzugreifen. Das Lösegeld wurde bezahlt und die Kinderchen
brav freigelassen.
Nicht so mit Cardone!
Er ist ein Mann mit Prinzipien und
keinesfalls bereit, mit Verbrechern zu verhandeln.
Mit dieser Einstellung gefährdet er
nicht nur das Leben von Geiseln, sondern macht sich auch gleich zu
Anfang seiner Amtszeit beim Staatsanwalt, der Presse und der
Bevölkerung unbeliebt.
Als nach einer medialen Kampfansage an
die Kidnapper sein eigener geliebter Sohn entführt wird, muss
Bertone sich entscheiden, ob er seiner Linie treu bleibt oder mit den
Entführern verhandelt...
Cardone mit seiner typisch verbissenen Mimik |
Cardone und der Staatsanwalt |
"La polizia sta a guardare",
versehen mit dem weniger passenden deutschen Titel "Der
unerbittliche Vollstrecker" (nicht zu verwechseln mit dem
gleichnamigen Sonny Chiba Film) entstand 1973, ein Jahr später als Das Syndikat, und wird als dessen inoffizielles Sequel
gehandelt.
Roberto Infascelli, vermutlich
beflügelt vom Erfolg von Das Syndikat, in dem er noch
als Produzent fungierte, setzte sich kurzerhand selbst in den
Regiestuhl, um mit dem seriös wirkenden Enrico Maria Salerno einen
weiteren Poliziottesco zu drehen.
Salerno ist es auch (wieder einmal),
der den Film quasi trägt und alle anderen Darsteller an die Wand
spielt. Selbst der routinierte Jean Sorel, in der Rolle
des Staatsanwalts, wirkt blass neben Salerno alias Polizeipräsident
Cardone, der wie ein Berserker durch die Unterwelt Mailands wütet
und ein für alle Mal aufräumen will mit dem erpresserischen
Gesindel.
Cardone ist ein Polizist mit Leib und
Seele, der sich der Gerechtigkeit und weniger der strengen Auslegung
von Gesetzen verpflichtet fühlt. Dass das Abhören von Telefonaten
einer Genehmigung seitens des Staatsanwalts bedarf, kann im Eifer des
Gefechts ganz leicht einmal "übersehen" werden, oder?
Die bis zu seiner Ankunft von der
Mailänder Polizei an den Tag gelegte Lethargie und von der
Bevölkerung kritisierte Machtlosigkeit gegenüber den Gangstern,
scheint Bertone noch mehr zu motivieren, die Lösegeld-Erpresser
dingfest zu machen und ihn in seiner Radikalität zu bestärken.
Als sein eigener Sohn Massimo entführt
wird, ist es umso schwieriger für den gewissenhaften
Vollblut-Polizisten, das Ruder wieder zurückzudrehen und seinen
bisher strikt verfolgten Grundsatz, sich niemals auf die Forderungen
von Kriminellen einzulassen, abzulegen.
Das Hauptthema in "Der unerbittliche Vollstrecker" ist -wie bei anderen italienischen Polizeifilmen
dieser Zeit- geprägt von der Hoffnungslosigkeit, der Gewalt auf
Italiens Straßen überhaupt noch Einhalt gebieten zu können.
Salerno verkörpert mit seiner Rolle,
was der Großteil der italienischen Bevölkerung in den Siebzigern
von Staat und Exekutive forderten: hartes Durchgreifen und einen
schonungslosen Umgang mit Verbrechern.
Als sein eigener Sohn Massimo entführt
wird und Bertone sich beinahe von Furcht und Sentimentalität dazu
hinreißen lässt, seine Ansichten über Bord zu werfen, ist es
Massimo, der ihn anfleht, es nicht zu tun.
Er bittet in aufopfernder Art und Weise
seinen Vater am Telefon, nicht nur an seinen eigenen Sohn zu denken,
sondern an die Zukunft aller jungen Menschen im Land.
Massimo ist quasi bereit -zum Wohl der
Gesellschaft und der kommenden Generationen- den Märtyrertod zu
sterben.
Mit dieser Thematik hat "Der unerbittliche Vollstrecker" sicherlich den Nerv des damaligen
italienischen Zielpublikums getroffen.
Er funktioniert aber auch beim heutigen
Publikum, wenn auch mehr auf der Ebene der Unterhaltung als der der
Moral oder Gesellschaftskritik.
Der Film bietet eine von der ersten bis
zur letzten Minute fesselnde Geschichte und beeindruckt nicht nur
durch halsbrecherische Verfolgungsjagden, sondern auch durch den
treibenden Score aus der Feder von Stelvio Cipriani, ohne den manche
Szenen nur halb so dramatisch wirken würden.
(Wem der Soundtrack bekannt vorkommen
sollte: Die Musik erinnert an Das Syndikat und
musste auch für den später entstandenen Der Tod trägt schwarzes Leder und Tarantinos "Death Proof"
herhalten.)
Bezüglich Intensität kann "La
polizia sta a guardare" seinem inoffiziellen Vorgänger zwar
nicht ganz das Wasser reichen. Dennoch spielt er locker in derselben
- nämlich der obersten - Liga der Poliziotteschi.
Bislang ist vom Film leider nur die
italienische DVD des Labels Alan Young erhältlich.
Eine deutsche Videokassette gibt es -
also alle die Daumen drücken für ein "Siebziger-Bullenfilm-Revival"
und auf eine deutsche Veröffentlichung hoffen!
Das nicht ganz so hübsche deutsche VHS-Cover |
Foto: Blu Ray vom Label Cineploit mit Poster