DER FLUCH
Deutschland 1988
Regie: Ralf Huettner
DarstellerInnen: Dominic Raacke,
Barbara May, Romina Nowack, Ortrud Beginnen, Gerd Lohmeyer, Eva
Ordonez, Tobias Moretti u.a.
Inhalt:
Die sechsjährige Melanie unternimmt
mit ihren Eltern eine Bergwanderung. Auf dem Weg zum auserkorenen
Ziel benimmt sich das Mädchen zunehmend eigenartig.
Sie gibt vor, den Weg zu kennen und
schon einmal hier gewesen zu sein, stellt eigenartige Fragen und
singt Lieder, die ihre Eltern noch nie zuvor gehört haben. Als sich die Familie verläuft und
gezwungenermaßen in einer verlassenen Hütte im Gletschergebiet
übernachten muss, verlässt Melanie in der Nacht das Lager und
findet eine Kinderleiche im Eis, die ihr zum Schrecken ihrer Eltern bis ins letzte Detail ähnlich sieht.
Die ganze Angelegenheit wirkt immer
mysteriöser und bald erkennen die Eltern, dass ihre Tochter
sich immer mehr verändert und von den Bergen magisch angezogen
wird...
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Umheimlich: Dieser Berg zieht Kinder an... |
Ich gehe eigentlich ganz gerne wandern. Dieser Satz muss hier so stehen. Immerhin bin ich Österreicherin und sehe jeden Tag Berge. Und dennoch - wenn ich eine Bergstraße
entlang fahre, erscheinen mir die schneebedeckten massiven Gipfel
immer irgendwie bedrohlich und unheilvoll. Ein Bergpanorama ist beeindruckend, doch nach Einbruch der Dunkelheit fühle ich mich bei diesem Anblick äußerst unbehaglich.
In meiner Kindheit bzw. frühen Jugend
gab es eine Phase, in der ich der festen Überzeugung war, dass der
Name Melanie Unglück bringt. Zum Glück kannte ich damals niemanden,
der so hieß.
Meine tendenziell negativen Assoziationen mit schneebedeckten Bergen könnten eventuell mit diesem
Film zu tun haben. Die Skepsis gegenüber dem Namen Melanie war ohne Zweifel eine Nachwirkung eines unvergesslichen Fernsehabends irgendwann in den 80ern im großelterlichen Wohnzimmer.
Wir schreiben das Jahr 2016.
Mittlerweile habe ich einige Melanies kennen gelernt. Die Aura von
Tod und Verderben, die ich mit diesem Namen (das Selbe gilt natürlich für den Namen "Damien") in Verbindung brachte, ist in meinem Erwachsenen-Hirn nahezu ausgemerzt.
Aber dieser schöne Film erzeugt immer
noch wohlige Gruselschauer. Natürlich nicht mehr ganz so intensiv
wie damals.
"Wer bist du? Du bist... du bist so kalt! Was ist das für ein Kind?"
Verwirrte Frau zu Melanie
Großes schauspielerisches Potential war der
begabten Kinderdarstellerin Romina Nowack (Melanie) wohl in die Wiege
gelegt. Dennoch endete ihre Karriere aus nicht bekannten Gründen mit
einem Auftritt in einer TV-Serie bereits zwei Jahre nach dem Leinwand Debüt in Ralf Huettners Mystery-Drama.
Melanie wirkt in manchen Szenen wie ein
gewöhnliches Kind, doch mit zunehmender Nähe zu den Bergen kommt in
ihr eine melancholische, abwesende und sogar regelrecht diabolische
Seite zum Vorschein.
Das Mädchen wird immer unheimlicher.
Das Mädchen wird immer unheimlicher.
Nicht nur, weil sie in einer
Berg Kapelle Kinder singen hört oder ihren Eltern wie aus dem Nichts
Fragen wie "Warum bin ich eigentlich auf der Welt?" oder "Wo
kommen eigentlich tote Kinder hin?" um die Ohren knallt. Es ist
auch ihre Mimik und wiederholte hysterische Anfälle, in denen sich
ihre Stimme überschlägt und die Momente, in denen sie regelrecht außer sich zu sein
scheint.
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Melanies erster Sichtkontakt zum Berg |
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Wenige Augenblicke später |
Ihre Eltern Rolf (Dominic Raacke) und Rita (Barbara May) sind anfangs vom Verhalten ihres Nachwuchses genervt, dann irritiert, etwas besorgt und schließlich verängstigt.
"Die Kinder kommen wieder. Aber nicht mehr in eurer Zeit und keiner wird sich freuen, wenn sie wieder kommen. Der Wald wird schreien und keiner wird es hören wollen. Die Herzen werden kalt sein und der Glaube so klein, dass er in einen Hut hinein passt."
Der Fluch einer Frau auf dem
Scheiterhaufen
Die Story um eine Verwünschung, die
von einer zauberkundigen Frau im Moment ihres Todes ausgesprochen
wird und Generationen später ahnungslosen Nachkommen das Blut in den
Adern gefrieren lässt und den nahen Tod ankündigt ist - ebenso wie
unheimliche Kinder - ein sehr klassisches Thema im Gruselfilm.
Dennoch wurde es in "Der Fluch" innovativ und mit Liebe zum Detail umgesetzt. Der Film erzählt eine
ernsthafte Geschichte, das Drehbuch ist alles andere als ein lieblos
herunter gespultes Machwerk mit dem Zweck, ein bisschen Geld für
einen Horrorfilm herein zu bekommen.
Die düsteren Kulissen der Berge,
Aufnahmen von gefährlich wirkenden Gletscherspalten und eine
unaufdringliche, zugleich stimmige dramatische Soundkulisse in den
richtigen Momenten sorgen für subtilen Grusel und Spannungsmomente.
Kaltes, bläuliches Licht zieht sich als Stilmittel von Beginn an bis zum bitteren Ende wie ein roter bzw. blauer Faden durch die Szenen:
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Geisterhafte Erscheinung im Wasser |
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Panik im Tunnel |
Kaltes, bläuliches Licht zieht sich als Stilmittel von Beginn an bis zum bitteren Ende wie ein roter bzw. blauer Faden durch die Szenen:
Kinder, die bei einem (Horrorfilm-)Videoabend von
dem Fernseher blau angestrahlt werden, künstliches blaues Licht im
Krankenhaus, bläuliches Licht in der unheimlichen Bergkapelle, im
Keller des Hotels, in dem die Kinderleiche aufgebahrt wird oder im
Tunnel.
Sollte dieses verschollene Kleinod von
deutschem Mystery-Film jemals in passabler Qualität veröffentlicht
werden hoffe ich sehr, dass meine Beobachtung
zutrifft und nicht nur der schlechten Videoqualität geschuldet ist.
Wenn Fluch-Filme, geisterhafte
Erscheinungen, wirre Frauen mit hellseherischen Fähigkeiten und unheimliche Kinder, die aus dem Nichts in der Ferne auf schneebedeckten Gipfeln auftauchen und auch noch gruselig singen bei
euch ebenfalls gut ankommen, solltet ihr euch diesen
Titel merken.
Und mit mir gemeinsam auf eine würdige Veröffentlichung hoffen!
Foto: DVD vom Label Pidax