DEATH WALKS AT MIDNIGHT
Italien, Spanien 1972
Regie: Luciano Ercoli
DarstellerInnen: Nieves Navarro (aka
Susan Scott), Simón Andreu, Pietro Martellanza (aka Peter Martell),
Claudie Lange, Luciano Rossi u.a.
Inhalt
Die schöne Valentina ist Fotomodell. Ihrem Freund, dem Reporter Gio Baldi und dessen Karriere
zuliebe, experimentiert sie mit einer neuen Droge. Gio hegt nämlich den Plan, eine Reportage über Valentinas Drogenrausch zu schreiben, selbstredend völlig anonymisiert. Während
ihres Trips sieht sie einen grausamen Mord. Ein hässlicher Mann mit
Sonnenbrille zerfetzt einer Frau mit einem stachelbesetzten Eisenhandschuh das Gesicht.
Als Valentina wieder nüchtern ist, hat
sich ihr Leben verändert. Nicht nur, dass sie am nächsten Tag
feststellen muss, dass Gio sie hintergangen hat und unter der
Titelschlagzeile Valentina on HDS: "I saw a woman being
murdered." ihr Foto veröffentlicht hat. Seit Erscheinen des
Artikels erhält sie seltsame anonyme Botschaften, wird von dubiosen
Gestalten verfolgt und es dauert nicht lange, bis der Mörder aus
ihrer Vision live und in Farbe vor ihr steht...
Die Mordwaffe |
Keine Freunde - Valentina und die Polizei |
Die Filmographie des Regisseurs Luciano Ercoli umfasst lediglich acht Arbeiten.
Dennoch sollte er eingefleischten Eurocult-Fans ein Begriff sein, denn seine Gialli Frauen bis zum Wahnsinn gequält, "La morte cammina con i tacchi alti" und "La morte accarezza a mezzanotte" zählen zu den absolut sehenswerten Genre-Beiträgen.
Letzterer startet ohne langatmiges Vorgeschichten-Geplänkel mit dem Drogenexperiment Valentinas und ihrer Vision, in der ein Mann mit Sonnenbrille einer jungen Frau mit einer Art mittelalterlichem Folterinstrument das Gesicht zermatscht.
Dennoch sollte er eingefleischten Eurocult-Fans ein Begriff sein, denn seine Gialli Frauen bis zum Wahnsinn gequält, "La morte cammina con i tacchi alti" und "La morte accarezza a mezzanotte" zählen zu den absolut sehenswerten Genre-Beiträgen.
Letzterer startet ohne langatmiges Vorgeschichten-Geplänkel mit dem Drogenexperiment Valentinas und ihrer Vision, in der ein Mann mit Sonnenbrille einer jungen Frau mit einer Art mittelalterlichem Folterinstrument das Gesicht zermatscht.
Das rasante Tempo, das bereits zu Beginn vorgelegt wird,
hält mit kurzen Einbrüchen bis zum blutigen Finale an und macht "La morte accarezza a mezzanotte" zu einem bemerkenswert spannenden Giallo, der nicht ganz so bierernst und düster wie seine Genre-Kollegen ist und durchgängig Spaß macht.
In nicht unwesentlichem Maße trägt dazu die
Leinwandpräsenz der spanischen Schönheit Nieves Navarro, die einfach in jeder Lebenslage bezaubernd aussieht, bei.
Valentina unterscheidet sich auf erfrischende Weise deutlich
von den Frauencharakteren, die von Edwige Fenech (Der Killer von Wien oder "Die Farben der Nacht") und anderen
Giallo-Königinnen dargestellt werden.
Sie ist eine reife Persönlichkeit, eine selbstbewusste und
wehrhafte Frau, die Konflikte nicht scheut und sich kein X für ein U vormachen lässt. Lautstark flucht sie wie ein Kesselflicker vor dem
Zeitungsstand drauf los, als sie den Artikel von Gio entdeckt und
auch dem unfähigen Kommissar, der ihr keinen Glauben schenken will,
sagt sie deutlich ihre Meinung, bevor sie ihn zum Teufel jagt:
"Wenn ich Ihnen sagen würde, was
ich von Ihnen halte, würden Sie mich verhaften. Auf Wiedersehen,
Commissario."
Ihrem verlogenen Reporter-Freund wirft
sie Büroutensilien hinterher und einen Stein ins Fenster und von
ihrem gelegentlich auftauchenden Liebhaber Stefano (Peter Martell)
lässt sie sich auch nicht alles gefallen.
Valentina ist kein naives Opfer, das in
gefährlichen Momenten in eine hysterische Starre verfällt, sondern
ihre Fäuste, Ellbogen, Knie und nicht zuletzt ihre Handtasche
gezielt gegen Angreifer einsetzt.
"La morte accarezza a mezzanotte" verführt uns mit
einer herrlich verworrenen Story, die dem Giallo-Genre alle Ehre
macht.
Nicht nur diverse trügerisch ausgelegte
rote Heringe, die stylische Seventies-Atmosphäre und die exquisiten Drehorte (Mailand, eine Villa am Comer See, eine Disco, ein Friedhof und eine Irrenanstalt mit bröckelndem Verputz), sondern auch schräge Figuren beleben die Erzählung und sorgen für wahrhaft gediegene Unterhaltung.
Immer wieder tauchen einprägsame Gestalten wie der seltsame,
auf Krücken laufende Arzt, der Valentina bei ihrem Ausflug in eine
Irrenanstalt vordergründig freundlich doch zugleich subtil feindselig
begegnet oder die undurchsichtige Schwester einer Deutschen, die vor
sechs Monaten auf die selbe Art gemeuchelt wurde wie in Valentinas
Vision auf und verschwinden wieder.
Allen voran ist allerdings Luciano
Rossi zu erwähnen. Rossi, dem man in unzähligen Western,
Poliziotteschi und Exploitation-Krachern begegnet, zählte zu seiner Zeit zu den begehrtesten Nebendarstellern des italienischen Genrekinos.
Hans Krutzer |
Die Rollen des buckligen Schauspielers
mit den schmierigen Frisuren waren größtenteils festgelegt auf (sadistisch
veranlagte) Bösewichte wie in Das Syndikat des Grauens oder Camorra – Ein Bulle räumt auf.
In "La morte accarezza..." mimt er einen psychopathischen Gangster namens Hans Krutzer
(was für ein Name!), der permanent wie von Sinnen in irritierend hohen Tonlagen vor sich hin kichert und
ausgestattet mit einer Sonnenbrille und einer Art Rücken-Korsett,
das getrost als übrig gebliebene Requisite aus einem Endzeit-Film
durchgehen könnte, so richtig die Sau rauslässt.
Meiner Meinung nach eine seiner besten
und denkwürdigsten Rollen.
"La morte..." - Ein Beispiel für 70er Jahre Ästhetik |
Neben Nervenkitzel, Erheiterndem und einer
fabelhaften Film-Ästhetik, die den Regisseuren scheinbar in den
Achtziger Jahren irgendwie abhanden gekommen ist und spätestens in
den 90ern gänzlich verloren ging, rundet der stimmige Soundtrack aus
der Feder des Komponisten Gianni Ferrio (u.a. verantwortlich für die
Musik in Blutspur im Park , Das Grauen kam aus dem Nebel oder Django, unbarmherzig wie die Sonne) das cineastische
Erfolgsrezept von "La morte accarezza a mezzanotte" ab.
Allen, denen es bei Gialli in erster
Linie um hohe Bodycounts, Nudity und Fetisch geht, rate ich
ausdrücklich von diesem Film ab. Genauso wie den professionellen
Logiklücken-Suchern.
Allen anderen wünsche ich bei diesem
kurzweiligen Ausflug in die frühen Siebziger Jahre viel Vergnügen!