06.-08. November
Nürnberg, KommKino und Filmhaus
Ursprünglich war dieses Special überhaupt nicht geplant, immerhin war ich nur bei der Hälfte der Filme anwesend. Beim folgenden Bericht hat mich daher Andreas (italo-cinema.de) dankenswerterweise unterstützt bzw. ergänzt.
Mille grazie!
Sein Text ist in dieser Farbe geschrieben.
Gewidmet seien die folgenden Zeilen allen Organisatoren, HelferInnen und den Leuten, die live dabei waren und zur guten Stimmung beigetragen haben. Ihr wart großartig.
Außerdem sollte es eventuell ein kleiner Anreiz für diejenigen sein, die beim hoffentlich folgenden zweiten Action-Paukenschlag in Nürnberg dabei sein wollen.
DER ANFANG VOR DEM ANFANG
Vom 06.-08. November 2015 lud das
Nürnberger KommKino zum 1. Festival des Actionsfilms: KARACHO und
ich folgte natürlich dem Versprechen von Spektakel und Eskalation.
What you deserve is what you get! Am Tag vor dem offiziellen Start konnte man sich bereits mit der Cannon-Doku "Electric Boogaloo" und einer privaten Filmvorführung eines Michael Bubikopf-Krachers einstimmen.
What you deserve is what you get! Am Tag vor dem offiziellen Start konnte man sich bereits mit der Cannon-Doku "Electric Boogaloo" und einer privaten Filmvorführung eines Michael Bubikopf-Krachers einstimmen.
Freitag
und Montag Urlaub bei Filmfestivals lohnt sich immer. Manch einer
fand am Freitag Vormittag sogar Zeit für den neuen Bond. Kann man
mögen.
TAG 1
EIN DRECKIGER HAUFEN
EIN DRECKIGER HAUFEN
André De Toths Kriegsfilm "Ein
dreckiger Haufen" (Play Dirty, 1969) mit Michael Caine, Nigel
Davenport und Nigel Green machte am späten Freitag Nachmittag den
Anfang. Für mich sicherlich nicht die Überraschung des Wochenendes,
aber dennoch solide Söldnerkost britischer Art. Michael Caine als
leicht femininen Captain Douglas muss man einfach gesehen haben.
Während der liebe Andreas sich bereits cineastisch vergnügt, fahren wir (die beiden Verrückten aus Österreich) etwas später als erhofft auf der deutschen Autobahn Richtung Nürnberg und freuen uns, dass es
sich zeitlich gut ausgeht, um noch etwas zu essen, bevor wir uns auf
den Weg Richtung "Komm-Kino" machen.
Wir checken im Hotel ein und
schreiten andächtig durch die langen mit Teppichboden ausgelegten
Gänge. Der Rollkoffer erzeugt die perfekte Soundkulisse zum Anblick
des menschenleeren Hotelgangs des Overlook, äh ibis Hotels...
Der laaaange Gang.... perfekte Filmkulisse?!? |
Im Kino holen wir uns natürlich als
Erstes eines dieser leckeren fränkischen Biere (eine Sorte besser
als die andere!) und begrüßen Freunde und Bekannte.
Nach einer knackigen Einleitungsrede
von Konstantin Hockwin (vom vielversprechenden neuen Label Forgotten Film Entertainment) entführt uns der sympathische Kai Krick
(einer der Organisatoren vom Besonders Wertlos-Festival) in die
Vergangenheit, in der der damals für den Film zu junge Kai
schmachtend vor dem Plakat von "Die Klasse von 1984" stand. Der
Zugang zum Kino wurde ihm und seinem Bruder aufgrund von "striktem
Jugendverbot" zuerst allerdings verweigert, weshalb die beiden alle
Hebel und die damalige alternative Community ihrer Heimatgemeinde in
Bewegung setzten, um schließlich doch noch in den Genuss dieses
Klassikers zu kommen.
Eine schöne Geschichte.
Es folgte meine Erstsichtung (von vielen an diesem Wochenende) von einem Film dessen Ruf ihm schon Kilometer weit vorauseilt... und es wurde nicht zuviel versprochen: Mark L. Lesters "Die Klasse von 1984" (Class of 1984, 1982) war der erwartete gewaltvolle Kracher, auch wenn ich feststellen musste den Film doch schon mal irgendwann gesehen zu haben. Dies allerdings weit vor der Entdeckung der Liebe zum Film und zur Sammlerleidenschaft. Vor dem Film gab es eine fundierte Einleitung durch Konstantin Hockwin, gefolgt von einem "kurzen" Ausbruch des genialen Kai Krick. Das muss man live erlebt haben!
„Die Klasse von 1984“ war mein erster Fehlkauf. Nicht, weil der Film so schlecht ist. Es war zu der Zeit, als ich mich gerade schweren Herzens von meinem VHS Rekorder verabschiedete und mein DVD-Sammlungs-Zeitalter einläuten wollte. Da mich als Horror-Fan das Cover ansprach, übersah ich in meinem Eifer die Worte "neue Fassung" und war dann enttäuscht, den Film nur in geschnittener Version zu sehen.
„Die Klasse von 1984“ war mein erster Fehlkauf. Nicht, weil der Film so schlecht ist. Es war zu der Zeit, als ich mich gerade schweren Herzens von meinem VHS Rekorder verabschiedete und mein DVD-Sammlungs-Zeitalter einläuten wollte. Da mich als Horror-Fan das Cover ansprach, übersah ich in meinem Eifer die Worte "neue Fassung" und war dann enttäuscht, den Film nur in geschnittener Version zu sehen.
Es sollte Jahre bis zur zweiten (natürlich ungeschnittenen) Sichtung der Klasse vergehen und nie hätte ich vermutet, diesen
Film schließlich ein drittes Mal auf der ganz großen Leinwand zu
erleben.
Immerhin ist es einer der Klassiker des
Terror-Kinos. Auch wenn ich bis heute noch nicht so richtig warm
werden konnte mit diesem Film.
Der Grund: die Rolle des Lehrers ist im
Vergleich zum arg übertriebenen Gebaren seiner (vermutlich 5 Mal
sitzen gebliebenen SchülerInnen) etwas zu ernsthaft angelegt. Oder
die der bösen Punks zu übertrieben. Wer weiß. Ein bisschen mehr
Splatter und ein bisschen weniger Szenen mit Michael J. Fox hätten
der "Klasse von 1984" vermutlich nicht geschadet. Trotzdem:
diesen Film sollte man gesehen haben.
Vor dem nächsten Film beleuchtet
Sven Safarow (von Eskalierende Träume) einige interessante Aspekte zu "The Hidden" und vor allem dem Cast.
Und ab geht die Post...
Sehr positiv überrascht war ich vom action- und temporeichen "The Hidden", der es schaffte, die beim vorherigen Film aufgekommene Schläfrigkeit in Null Komma Nichts vollends wegzublasen.
Der sympathische Kyle MacLachlan gibt
hier den FBI Agenten, der in Wirklichkeit ein Alien ist. Erinnerungen
an "Twin Peaks", "Terminator" und "Men in Black" werden
geweckt.
Es gibt viel zu Lachen und auch die ein
oder andere emotionale Szene.
Den Abschluss am Freitag und eines
meiner persönlichen Festivalhighlights bildet Jack Sholders "The
Hidden - Das unsagbar Böse" (1987) mit dem Twin Peakser Kyle
MacLachlan. Was für eine geile Action, Horror,
Science-Fiction-Mischung! Gehört dringend offiziell in Deutschland
auf DVD oder Blu-ray veröffentlicht!
Da anscheinend in einer
Freitag-Nacht nicht mehr allzu viele Lokale in Nürnberg offen haben
und es in Strömen regnet, landet unsere kleine gesellige Runde nach
der vergeblichen Suche nach einem Curry-Wurst-Lokal doch im Kino
und Hotel nahe gelegenen Restaurant "Istanbul", in dem natürlich
gebührend über Filme gefachsimpelt und diskutiert wird.
Ein schöner Ausklang des Abends.
TAG 2
DER GNADENLOSE VOLLSTRECKER
DER GNADENLOSE VOLLSTRECKER
Nach einer zu kurzen Nacht bildet Kuei
Chih-Hungs "Spät"-Eastern der alten Schule "Der
gnadenlose Vollstrecker" (Man Yan Jam, 1980) mit Chen Kuan-Tai
und Ku Feng einen düsteren, pessimistischen und fulminaten Start in
den Samstag. Demnächst von filmArt in der Shaw Brothers Collection
als DVD/Blu-ray Combo erhältlich!
Nach einer glühenden mitreißenden Rede von Kai Krick über die Mechanismen des Actionsfilms und der Erklärung, warum "Point Break" quasi ein Meta-Film ist, geht es weiter mit...
Im Anschluss begeben sich Patrick
Swayze und Keanu Reeves in die "Gefährliche Brandung"
(Point Break, 1991) - ein absolutes Highlight den ich direkt nach dem
Festival nochmals im Heimkino genossen habe. Ein Film bei dem für
mich von vorne bis hinten alles passt. Was für eine Neuentdeckung!
Und ich habe ihn fast jedes Mal
gesehen. Und das obwohl ich damals Patrick Swayze (wegen "Dirty
Dancing") und Keanu Reeves doof fand.
Irgendeine Magie verströmte dieser Film dennoch und auch ich konnte
mich dem Sog nicht entziehen.
Es war insgeheim mein persönliches
Highlight und tatsächlich: ich bin hin und weg! Was es in diesem
Film alles zu sehen und zu erleben gibt! Die Surfszenen, die
Fallschirmsprung-Szenen, die Kampf- und Suspense-Szenen wirken über die große Leinwand in einer nie für möglich gehaltenen Intensität
auf das Publikum. Ich bin mir sicher, dass es nicht nur mir so
ergangen ist. Nicht nur dank der ausführlichen Analyse von Kai (u.a.
über die speziellen Lichtverhältnisse in vielen Szenen) fallen mir
völlig neue Aspekte ins Auge als damals.
Und ich erkenne, dass sowohl Keanu
Reeves als auch der leider allzu früh verstorbene Patrick Swayze
hier eine schauspielerische Meisterleistung vollbracht haben.
Andreas Beilharz (Eskalierende Träume) begründet uns auf fachkundige und schlüssige Art und
Weise, warum der folgende Film Eingang ins Festivalprogramm gefunden
hat und zum Action-Kino gezählt werden kann.
RODAN – DIE FLIEGENDEN MONSTER VON
OSAKA
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Als ich beim Deliria-Italiano Forumtreffen (hier ein paar Worte dazu) den Trailer zu "Rodan" bewunderte, kam mir nicht in den Sinn, dass ich den Film jemals sehen werde und schon gar nicht in einem Kino.
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Als ich beim Deliria-Italiano Forumtreffen (hier ein paar Worte dazu) den Trailer zu "Rodan" bewunderte, kam mir nicht in den Sinn, dass ich den Film jemals sehen werde und schon gar nicht in einem Kino.
Einen Monat später sitze ich also im
Filmhaus und freue mich über "Rodan", der wie ähnlich gelagerte
japanische Monsterfilme irgendeine infantile Ecke meiner Seele
aktiviert und mich einfach nur mitreißt und ungemein unterhält.
Die knuffigen Kaiju-Monster in "Rodan
- Die fliegenden Monster von Osaka" (Sora no daikaijû Radon,
1956) sind die perfekte Nachmittagsunterhaltung und sorgen auch dank
der schrägen deutschen Synchro für einige Lacher im Publikum.
In der Essenspause findet sich eine
große Gruppe von Kino-BesucherInnen im urig-fränkischen Lokal "Barfüßer" zusammen. Dort gibt es viel Fleisch auf der Karte.
Manche behaupten, wenn man die dort angebotene Familienplatte wieder zusammenbauen
würde, säße ein ganzes Schwein auf dem Tisch. Dank meinem geduldigen Sitznachbarn habe ich endlich anschaulich gelernt, was die Franken
unter ihrem berühmten "Schäufele" verstehen.
Sollte man mal gegessen oder
zumindest gesehen haben.
Abermals ergaben sich interessante
Gespräche über Filme, Drehorte und Urlaubsorte und lustige Unterhaltungen rund ums Thema Essen.
Da "Phantom Kommando" aufgrund von
Lieferschwierigkeiten leider ausfallen musste, stimmte das
Karacho-Publikum für den Ersatz durch "Rambo 2" (und zu meinem
Bedauern gegen "Total Recall") ab.
Mein Vater war Sylvester Stallone Fan
und mit ihm guckte ich damals so ziemlich alle Sly Filme, die in der
Flimmerkiste ausgestrahlt wurden. Besonders mochte ich "Over the
Top" und die "Rocky"-Filme, auch wegen der schönen Dramaturgie. Hier
musste er etwas tun für seinen Erfolg, sich hocharbeiten, hart
trainieren, einstecken und so weiter.
Bei "Rambo" fehlt mir sowas. Mit
dieser Art von Film konnte ich nie warm werden. Dafür erheiterten
mich zumindest ab und zu die Parallelen zu bzw. meine Erinnerung an "Der Kampfgigant" (eines meiner Higlights auf dem letzten Terza Visione Festival).
Die Pausenmusik im Kinosaal fiel mir während
der ganzen Zeit schon sehr positiv auf. Unsere Ohren wurden nämlich
mit einer genialen Mischung aus Genre-Kult-Soundtracks beschallt. Und
da, ganz plötzlich erklingen die ersten Töne eines meiner absoluten
Lieblingstracks aus den Boxen: Der Disco-Song aus meinem
heißgeliebten Das Syndikat des Grauens.
Was für eine Freude!
Da steht plötzlich in den hinteren
Reihen einer aus dem Publikum auf (wir wollen an dieser Stelle keinen
Namen nennen) und sagt laut: "Und stell die Negermusik etwas
leiser. Wir sind doch hier nicht im Kraal!".
Eingeweihte wissen natürlich, dass
es sich hierbei um ein Originalzitat aus der deutschen Fassung des
Films und beim Sprecher um einen echten Genre-Freak handelt.
Plötzlich wird es leise und Tobias
Reitmann vom Italo-Cinema-Team lehnt locker lässig (Assoziationen
zum Märchenonkel und zu Alfred Hitchcock werden geweckt) in seinem
Stuhl vor der Leinwand und beginnt mit seiner Einleitung zu Coffy,
die mich total in den Bann zieht.
Bei seiner sehr persönlichen und
mit coolen Anekdoten bestückten Erzählung geht es in erster Linie darum,
wie er zu dem Film gekommen ist und was ihm bei der ersten Sichtung
durch den Kopf ging. Nostalgie-Flair inkludiert.
Die perfekte Einstimmung auf "Cöffy"! Die Vorfreude steigt...
Zum krönenden Abschluss des Samstags
gibt es die Blaxploitation-Bombe schlechthin: Pam Grier ist "Coffy
- Die Raubkatze" (1973) mit einer durchgedrehten deutschen
Knaller-Synchro und einem fantastischen Soundtrack von Roy Ayers.
Sehr empfehlenswert. Eingeleitet wurde der ganze Spaß von Tobias
Reitmann mit einigen Anekdoten aus dem VHS-Zeitalter.
Endlich komme ich in den Genuss
dieses sagenumwobenen Klassikers des Blaxploitation Kinos.
Wow! Pam Grier sieht wirklich heiß aus
und "Coffy" ist der absolute Gag-Overkill und der Party-Film
schlechthin. "George, George. He's a pimp, he's a pusher..." singend laufen wir trotz fortgeschrittener Stunde beschwingt aus dem
Kino.
Mein Bericht endet an dieser Stelle mit dem Fazit: Diese Reise hat sich gelohnt.
Sollte es eine Fortsetzung dieses Festivals geben, heißt es für
mich ganz klar: "I'll be back!"
TAG 3
ENGEL DER HÖLLE
HEROIC TRIO
DIE KATZE
DIE CITY COBRA
TAG 3
ENGEL DER HÖLLE
Bedauerlich, dass die Zeit so rennt und
das Wochenende fast schon rum ist, doch mit dem Biker-Film "Engel
der Hölle" (The Born Losers, 1967) folgt am Sonntag mittag
schon der nächste Überraschungshit. Ebenfalls mit einer traumhaften
deutschen Synchro ausgestattet geht es satte zwei Stunden mit Billy
Jack auf Kreuzzug gegen die Hells Angels.
Man glaubt nicht, was man
dort sieht. Eingeführt wurde der Film übrigens stilecht in Lederjacke,
zerrissenen Jeans und Halstuch von Nikolas Schuppe, der an dem
Wochenende mit voller Hingabe fast alle Filme vorgeführt hat, ein
echter Knochenjob. Danke Nikolas!
HEROIC TRIO
Der Sonntag ist so oder so der
Überraschungssonntag. Es folgt der nächste Hit, denn Anita Mui,
Michelle Yeoh und Maggie Cheung fliegend zu einem bombastischen
Soundtrack durch das Hongkong des 21. Jahrhunderts sind berauschend
ohne Ende.
DIE KATZE
Dominik Graf ist zu Gast, kündigt
seinen Film "Die Katze" (1988) an und steht im Nachgang, moderiert von
Sano Chestnik, Rede und Antwort. Ein absoluter Knallerfilm mit Götz
George, Gudrun Landgrebe, Ralf Richter und Heinz Hoenig... schade was
mittlerweile aus dem deutschen Kinofilm geworden ist, oder geworden
worden ist...
DIE CITY COBRA
Den krönenden Abschluss des
Wochenendes bildet Cosmatos' "Die City-Cobra" (Cobra,
1986) mit einem Stallone in Bestform. Auch dieser Film war für mich
eine Premiere und was für eine!
Was bleibt einem als Fazit übrig als
zu sagen: Nochmal! Nochmal! Nochmal! Es muss auch im nächsten Jahr
wieder heißen: Karamba, Karacho, ein Whisky, ein Gin!
Ein dickes Dankeschön an das
Organisationsteam um Konni, Tobias, Nikolas und Andreas B. für ein
Wochenende der Zelluloid-Träume. Meine Dankbarkeit sei euch ewig
gewiss.
PS: DEN Kino-Horrorfilm mal im Kino zu
sehen sei auch jedem gegönnt. "Im Augenblick der Angst" macht
augenblicklich Angst.