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Samstag, 9. August 2014

GOODBYE E AMEN (1977)














GOODBYE UND AMEN

Frankreich, Italien 1977
Regie: Damiano Damiani
DarstellerInnen: Tony Musante, Claudia Cardinale, Renzo Palmer, John Forsythe, John Steiner, Angela Goodwin, Luciano Catenacci u.a.


Inhalt
John Dhannay ist ein erfolgreicher CIA Agent, der in Rom stationiert ist.
Gerade plant er mit seiner Spezialeinheit einen wichtigen Einsatz, als sein alter Freund und ehemaliger Botschaftsmitarbeiter Harry Lambert plötzlich Amok läuft und von einem Hoteldach aus Passanten erschießt.
Dem nicht genug, nimmt Lambert auch noch zwei Geiseln, um die Polizei zu erpressen.
John ändert seine Pläne und fährt zum Hotel. Bald kommen John Zweifel an der Identität des Amokläufers. Er ermittelt in alle Richtungen. Kann er herausfinden, wer sich dort wirklich bewaffnet im Hotel verschanzt hat und gleichzeitig seinen (politisch zweifelhaften) Auftrag ausführen?


Das dynamische Duo - Musante und Palmer


Fies und unberechenbar - John Steiner als Amokläufer


"Goodbye und Amen" ist ein leider kaum bekannter spannender Agententhriller von Regisseur und Drehbuchautor Damiano Damiani (u.a. verantwortlich für "Warum musste Staatsanwalt Traini sterben?" und den meiner Meinung nach zu Unrecht unterschätzten Amityville 2 – Der Besessene).

Neben kurzweiliger actionlastiger Unterhaltung darf man sich bei diesem italienischen testosteronschwangeren Agentenfilm über mal mehr, manchmal weniger beabsichtige lustige Szenen freuen.

Wenn der etwas korpulente zwölf Jahre alte Sohn des (vermeintlichen) Amokläufers seine Mutter für das Verschwinden des Vaters verantwortlich macht und brüllt, sie sei eine schlechte Frau, wirkt es eher amüsant als tragisch.
Vor allem wenn er rumhüpft wie Rumpelstilzchen und in seinem Strampelanzug-ähnlichen Schlafanzug aussieht wie ein grantiger Hobbit. (Anmerkung: grantig = umgangssprachlich österreichisch für: übel gelaunt, ärgerlich).
Die Ansätze von Familientragödie lösen sich in seichter Unterhaltung auf. Was aber kein Fehler ist.

Besonders gelungen sind die Szenen im Hotelzimmer, die auch den größten Raum der Handlung einnehmen.
Der Amokläufer (bedrohlich: John Steiner; u.a. "Mannaja - Das Beil des Todes" oder Verdammte, heilige Stadt) nimmt sich ausgerechnet die neureiche Unternehmer-Ehefrau Signora de Mauro (immer sehenswert: Claudia Cardinale, u.a. in Die Rache der Camorra) und deren eitlen, jungen Schauspieler-Liebhaber als Geiseln.

Schon als der aufstrebende Mime dem Gangster splitterfasernackt, lediglich mit einem Cowboy-Hut bekleidet, die Tür aufmacht, schwant dem Geiselnehmer wohl Böses.
Er hat sich auf kein leichtes Spiel eingelassen mit dem Liebespaar. Während sich der Möchtegern-Filmstar als waschechter schwächlicher Jammerlappen entpuppt, der ans Bett gefesselt ständig nach Beruhigungsmitteln verlangt und damit nicht nur seiner Liebhaberin, sondern auch dem bewaffneten Eindringling massivst auf die Nerven geht, liefert sich Signora De Mauro ein kleines Psycho-Duell subtilerer Art mit dem Bösewicht.
Auf der anderen Seite der Tür trägt die Polizei mit Anrufen und Megaphondurchsagen das Ihrige dazu bei, um das Nervenkostüm von "Lambert" zu strapazieren. (Anm.: Ob es sich bei dem Übeltäter tatsächlich um Lambert handelt, ist für den Zuschauer wie für die Protagonisten im Film eine geraume Zeit nicht überprüfbar).

Die Geschichte funktioniert und ist schlüssig, auch wenn auf irgendeine Art von Tiefgang beinahe gänzlich verzichtet wurde.
Aber auch Filme, bei dem der Faktor Spannung im Vordergrund steht, haben im Poliziottesco-Genre ihre Berechtigung.
In erster Linie ragt "Goodbye und Amen" aber wegen der fantastischen Schauspielerriege aus der Masse heraus. Tony Musante (bekannt aus Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe oder "Mercenario") und der sympathische und authentisch wirkende Renzo Palmer (Racket, Ein Bürger setzt sich zur Wehr, Die Killer der Apokalypse) sind schon rein optisch ein cooles Gespann und haben immer einen lockeren Spruch auf den Lippen.
Der drahtige John Steiner sieht in seinen Schlaghosen lässig und beängstigend zugleich aus.
Und Claudia Cardinale darf in ihrer Rolle als distinguierte und recht abgeklärte Frau aus der Oberschicht zeigen, was für eine großartige Diva in ihr steckt.

Das simple, aber effektive Soundtrack-Gedudel der De Angelis-Brüder ist ebenfalls eine lobenswerte Erwähnung wert.

Alles in Allem: Gutes Schau-Spiel, Spaß, Spannung - fehlt nur noch die Schokolade.
"Goodbye und Amen" ist keine exquisite Praline, aber ein leckeres Überraschungsei, das hält, was die Werbung verspricht.




Foto: DVD vom Label Cinekult



Sonntag, 9. Februar 2014

I GUAPPI (1974)














DIE RACHE DER CAMORRA

Italien 1974
Regie: Pasquale Squitieri
DarstellerInnen: Franco Nero, Claudia Cardinale, Fabio Testi, Lina Polito, Raymond Pellegrin, Gengher Gatti u.a.

Inhalt
Der Neapolitaner Nicola Bellizi zieht nach einem Aufenthalt im Zuchthaus zurück in seine Heimatstadt.
Das ärmliche Stadtviertel, in dem er ein Zimmer mietet, wird beherrscht von Camorra-Mitglied Don Gaetano. Er bestimmt über das Schicksal der Menschen, darüber wer mit wem Handel treibt, ob jemand ein Geschäft aufmacht und erteilt sogar unter Vorgabe klarer Rahmenbedingungen Rachegenehmigungen für gehörnte Ehemänner.
Zwischen Nicola und Gaetano entwickelt sich eine Freundschaft. Nicola, der im Sinn hat, Anwalt zu werden und gesetzestreu zu sein, tritt auf Empfehlung von Gaetano der Vereinigung der Camorra bei.
Dass deren Freundschaft sowie die Mitgliedschaft in den eigenen Reihen zu Problemen führen könnte und sie bald um ihr Leben fürchten müssen, ahnen die Männer zu diesem Zeitpunkt noch nicht...


Gaetano


Nicola beim Messerkampf


Der eher wenig bekannte, 1938 in Neapel geborene Pasquale Squitieri, versuchte sich nach seiner journalistischen Tätigkeit bei einer Tageszeitung als Regisseur sozialkritischer Filme.
Er erlangte nie den Erfolg seiner zur Blütezeit des italienischen Kinos zu Ruhm gekommenen Kollegen, schuf aber ein paar sehenswerte Leinwandleckerbissen.
Einen davon möchte ich euch speziell nahelegen, nämlich "Die Rache der Camorra".

Franco Nero (in der Rolle des aufstrebenden Rechtsanwalts Bellizi), Fabio Testi (als Camorra-Anhänger Don Gaetano) und Claudia Cardinale (Freundin von Gaetano) in einem Film! Sind diese klingenden Namen nicht schon Anlass genug, sich den Streifen genauer anzusehen?
Wem tönt beim Klang von Franco Neros Namen nicht die Titelmelodie von "Keoma" in den Ohren, wer denkt nicht gleich an den zornigen Nero, wie er in Ein Bürger setzt sich zur Wehr den Weg des Rebellen einschlägt?
Wem kommen bei Fabio Testi nicht der geniale Poliziottesco Revolver oder der actionreiche Exploitationer "Racket" in den Sinn?
Und wer gerät beim Anblick der großen italienischen Filmdiva Claudia Cardinale nicht ins Schwärmen?

Genau diese drei Darsteller sind es auch, von denen der Film über weite Strecken lebt. Durch ihr ausdrucksstarkes Schauspiel und ihre Leinwandpräsenz tragen sie die Handlung von einer Szene zur nächsten, ohne dass bei dem immerhin mehr als zweistündigen Historiendrama Langeweile aufkommt.

"Die Rache der Camorra" spielt um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Zu der Zeit, als sich die Camorra im südlichen Italien stärker formierte, um ihre eigenen Gesetze und Machtstrukturen als Gegenentwurf zum nicht wirksamen staatlichen Gefüge zu implementieren.
Die Menschen im ländlichen Neapel waren arm, die Kinder ständig hungrig und ohne Zukunftsperspektive.
Für sie gab es nur eine einzige Schule: das Leben. Viele begannen schon früh, sich mit kleinen Diebstählen und Trickbetrügereien über Wasser zu halten. In diesem Milieu ist auch Nicola aufgewachsen. Er möchte allerdings ausbrechen, hat lesen und schreiben gelernt und mit dem Jura-Studium begonnen. Eines Tages wird ihm bewusst, dass er es mit seiner Herkunft und seinem chronischen Geldmangel nicht so einfach schaffen wird, sein Berufsziel zu verwirklichen.
Da kommt ihm Don Gaetano mit seinen Kontakten zu den obersten Rängen der Camorra gerade recht.

Don Gaetano hält sich streng an die Vorgaben und Kodizes der Camorra. Für ihn gab es nie eine gedankliche Alternative zum Leben als Krimineller. Insgeheim bewundert er Nicola für seine ehrgeizigen Pläne.
Seine alte Feindschaft mit dem ehrgeizigen Kommissar Aiossa wird nicht nur ihm, sondern auch seiner Geliebten Lucia Esposito zum Verhängnis. Beide haben in erster Linie nur eines zu verlieren, nämlich ihre Ehre, ihr Ansehen. Und Aiossa ist bereit, alles daran zu setzen, den beiden zu schaden.

Die Handlung des Films ist etwas komplexer und melodramatischer als man es von den sonst eher actionlastigen Poliziottesci gewohnt ist.
Statt wilden Schießereien bekommt man denkwürdige, einprägsam choreographierte Szenen mit Rasiermesserkämpfen, Peitschen und Fäusten von unvergleichlicher Eleganz geboten.
Für mich ist der Film in erster Linie die Geschichte über eine Freundschaft zwischen zwei Männern und die Liebe zwischen Gaetano und Lucia. Dabei geht es primär um die ganz basalen Themen wie Treue und Verrat.
Zudem ist er ein politischer Film. Über die machtlose Regierung, die überforderten "Männer des Gesetzes" (Polizei, Richter und Anwälte) und die Strukturen der Mafia. Über die Beweggründe und Motive, die Schicksale hinter den vermeintlichen "Verbrechern", den Werdegang vom Straßenkind zum Handlanger des organisierten Verbrechens.

"Vor dem Gesetz sind alle gleich" steht an der Wand im Gerichtssaal hinter dem Sessel des Richters. Doch stimmt das wirklich? Hat ein Kind, das in diesem Milieu aufwächst, eine realistische Chance abseits des Lebens als guappo (Bandit)?
Die überaus authentische Darstellung des Lebens in Neapel ist Squitieri mehr als gelungen.
Sowohl die Drehorte als auch die übrigen Mimen und deren Kostüme wirken lebensnah. Wer einen Faible für Kostümfilme hat und sich dafür interessiert, wie die Mafia in Neapel entstanden ist sowie welche Denkmuster und gesellschaftlichen Verhältnisse Nährboden für den Ausbau der Camorra geboten haben, ist mit diesem Film bestens bedient.

In einer selten gesehenen Tiefgründigkeit bekommt man einen Blick hinter die Kulissen der onorata società (die ehrenwerte Gesellschaft, also die Mafia) und lernt die Bedeutung der omertà (das Gesetz des Schweigens) kennen.
Nach dem überaus tragischen Ende der Geschichte rund um Gaetano, Lucia und Nicola schwenkt die Kamera von der Schlussszene im Gericht und dem Gang zum Gefängnis in die (damalige) Gegenwart, sprich: in ein neapolitanisches Gefängnis zur Zeit der Siebziger Jahre.
Und man hat nach diesem Film beinahe das Gefühl, die dort inhaftierten jungen Männer zu kennen.
Es hat sich nur ihre Kleidung etwas verändert, aber mit dem neu gewonnen geschulten Blick ist klar erkennbar, was Squitieri uns damit sagen wollte.

"Die Rache der Camorra" ist ein besonders gelungener Film über die Anfänge des organisierten Verbrechens in Neapel mit drei der besten Schauspieler, die Italien in den Siebzigern zu bieten hatte, einem wiederkehrenden berührenden Score und Originalschauplätzen in Neapel.
Aufgrund der gemächlichen Erzählweise ist "Die Rache der Camorra" wohl auch bei Genrefans eher unbekannt, aber ganz bestimmt einen Blick wert.




Foto: schönes Digipack von Koch Media