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Sonntag, 18. Juli 2021

COSI' DOLCE... COSI' PERVERSA (1969)









SO SWEET… SO PERVERSE

Italien, Deutschland, Frankreich 1969
Regie: Umberto Lenzi
DarstellerInnen: Carroll Baker, Erika Blanc, Jean-Louis Trintignant, Horst Frank, Helga Liné, Ermeldina De Felice, Dario Michaelis u.a.

Inhalt:
Jean und Danielle sind unglücklich verheiratet. Danielle hält ihren Mann zwar auf Distanz, leidet jedoch unter seinen Affären, die er nicht vor ihr verbirgt. Als Jean sich in die Nachbarin Nicole verliebt und sich ihretwegen sogar scheiden lassen will, verliert sich das Ehepaar in einem Netz von Lügen und Intrigen, aus dem nicht alle Beteiligten wieder lebendig herauskommen…


Macho Jean (Trintignant)


Nicole (Baker) hat ein Händchen für Männer (?)

Regisseur Umberto Lenzi war ein Multitalent auf dem Gebiet der Regie, dessen künstlerische Ambitionen in vielen verschiedenen Filmgattungen ihren Ausdruck gefunden haben. Zur Blütezeit des italienischen Genrekinos kam man nicht an ihm vorbei. Immerhin bewegte er sich auf dem Gebiet der Abenteuer-, Historien-, Kriminal- und Horrorfilme und führte je nach vorherrschendem cineastischem Trend auch bei Italowestern oder Kriegsfilmen Regie. Dabei war Lenzi sich auch nie zu schade, sein Publikum in Terza visione-Manier zu unterhalten und setzte sich dadurch bis in die heutigen Tage sogar in eingefleischten (was für ein passender Begriff) Fankreisen mit "Großangriff der Zombies" und "Die Rache der Kannibalen" ein Denkmal. Lenzis Œuvre beinhaltet immerhin über sechzig Spielfilme.


Bei "Così dolce... così perversa" handelt es sich um ein ganz frühes Exemplar in der Ära des Giallo, dessen erzählerische Quintessenz in die Unterkategorie "Verwirrspiele und Mord in der dekadenten High Society" passt.
Da der Film eine italienisch-deutsch-französische Koproduktion war, wurde der Hauptcast natürlich aus den entsprechenden Ländern zusammengewürfelt und in englischer Sprache zu einem großen Teil in Paris gedreht.


Danielle (Blanc) sinniert über ihre Ehe


Jean-Louis Trintignant (Leichen pflastern seinen Weg) mimt den reichen Geschäftsmann Jean Reynaud, der mit seiner Frau Danielle (Erika Blanc, u.a. bekannt aus Die toten Augen des Dr. Dracula oder Amore e morte nel giardino degli dei) eine ziemlich verkorkste Ehe führt. Dazu steuern offensichtlich beide Beteiligten ihren Anteil bei und schieben dafür dem jeweils anderen die Schuld dafür zu. Würde man das österreichische Scheidungsrecht zitieren, müsste man zu dem Schluss kommen, dass nicht feststellbar ist, wer die überwiegende Schuld an der Zerrüttung der Ehe trägt. Die beiden schenken sich nichts.
Dass Jean sich gerne ungeniert mit Geliebten in fremden Betten wälzt, ist jedenfalls der Gesamtsituation wenig zuträglich. Aber auch wenn Danielle sich gegenüber ihrem Gatten emotional in Gefrierfach-Temperatur präsentiert, weckt das selbstverständlich ebenfalls erhebliche Zweifel an der Zukunft des Paares.
Selbst wenn manche unverbesserlichen RomantikerInnen unter uns am Anfang noch denken mögen, die Reynauds könnten ihre Ehekrise überwinden, wird spätestens mit dem Auftauchen der neuen Nachbarin Nicole (Carroll Baker) alle Hoffnung auf ein glückliches Ende zunichte gemacht.


Klaus (Frank) will Nicole nicht hergeben



Jean verfällt beim ersten Anblick der blonden Schönheit bereits in den Jagdmodus und kann Nicole schließlich durch "romantisches Stalking", grobe Macho-Allüren und etwas barsch bekundete Besitzansprüche klar machen, dass sie zu ihm gehört. Zum Glück schenkt sie ihm schnell bereitwillig Glauben. Außerdem möchte sie sich angeblich nur zu gerne aus der gewalttätigen Beziehung zu Klaus (Horst Frank) lösen. Einer Frau mit einem solchen Händchen für Männer kann man nur gratulieren.
Doch das junge Glück der beiden hält nicht lange an. Jemand treibt ein falsches Spiel und Jean wird ermordet. War es irgendein Komplott? Oder ist er etwa gar nicht tot und will nur die eifersüchtige Danielle in den Wahnsinn treiben? Es wird rätselhafter und rätselhafter.

"Why do we run in circles, not knowing which way to go?"


Wenn der britische Musical-Sänger J. Vincent Edwards mit seiner ausdrucksvollen, leicht rauchigen Schnulzenstimme aus voller Inbrunst die ersten Zeilen des Titelsongs anstimmt, ist diese Frage zwar in Übereinstimmung mit dem restlichen Text in einem Kontext von unglücklicher Liebe zu verstehen, kann aber auch als geheimes Leitmotiv für den Drehbuchautor Ernesto Gastaldi verstanden werden.
Die Handlung von "Così dolce,…" ist nicht nur verwirrend und verworren, sondern auch – wie man es von einem Giallo erwartet – am Ende schlicht nicht schlüssig.
Ein tieferer Sinn oder eine Nachvollziehbarkeit der Handlung wird jedoch vom geneigten Publikum bei einem Film dieser Sparte (hoffentlich) auch nicht erwartet.

In Anbetracht des Entstehungsjahrs ist es auch verzeihlich, dass weder die Anzahl der Morde noch die Effekte irgendjemanden vom Hocker reißen. Wenn man sich (wie ich) nicht satt sehen kann an dem Mobiliar der opulent ausgestatteten 60er und 70er Jahre Wohnungen, ein Faible für Autos aus dieser Zeit hat, dekadente und zügellose Parties der Reichen und Schönen unterhaltsam und Gefallen an der extravaganten Ausstrahlung und Schönheit Erika Blancs und Carroll Bakers findet, kommt man an diesem gemächlich vor sich hin plätscherndem Film nicht vorbei.

Die Story ist so undurchsichtig wie eine Flasche J&B Whisky und wenn sich der hochprozentige Inhalt dem Ende neigt, sieht man nur noch verschwommen. Wen das nicht abschreckt, der kann sich entspannt zurücklehnen und die Show genießen.
"Cosi dolce…" ist ein stilvolles Zeitdokument des europäischen Kinos, das man gemeinsam mit den thematisch vergleichbaren und im selben Zeitraum entstandenen Filmen wie Yellow: le cugine, Umberto Lenzis Paranoia, oder Frauen bis zum Wahnsinn gequält in die gelbe Wundertüte stecken darf.




Foto: DVD von Aegida (Italien)




Foto: 88 Films Veröffentlichung (England)



Mittwoch, 23. Mai 2018

PARANOIA (1970)















PARANOIA

Italien, Frankreich, Spanien 1970
Regie: Umberto Lenzi
DarstellerInnen: Carroll Baker, Jean Sorel, Luis Dávila, Alberto Dalbés, Anna Proclemer, Hugo Blanco, Marina Coffa u.a.


Inhalt:
Rennfahrerin Helen folgt der Einladung ihres Exmannes Maurice in eine Villa am Meer.
Vor Ort erfährt sie, dass Maurice wieder verheiratet ist, und zwar mit der reichen Constance, die sich alle Mühe gibt, Freundschaft mit Helen zu schließen. Nach ein paar Tagen sind sich die beiden Damen einig – Maurice muss weg, dann sind alle glücklicher. Und so schmieden sie einen Mordplan. Da es an der Ausführung hapert, kommt es völlig anders als gedacht und plötzlich dreht sich alles um ein (unfreiwilliges) Mordkomplott, Lügen, Intrigen und so weiter...


Maurice - der Traum jeder Frau?!


Rennfahrerin Helen, etwas irritiert


Es ist auf den ersten Blick etwas schwer nachzuvollziehen, was die Damenwelt an Dandy Maurice (Jean Sorel, u.a. bekannt aus Nackt über Leichen, Malastrana) so umwerfend findet.
Etwa sein Hang zu extravaganten Farben bei seiner Kleidung (rosafarbene oder hellblaue Pullis und Kombinationen wie man es nur von einem Farbenblinden erwarten würde)? Vielleicht sein schmieriges selbstgefälliges Grinsen oder sein Narzissmus? Dass der Gute notorisch pleite ist und sich prinzipiell von seinen Frauen aushalten lässt? Wohl eher nicht!
Oder wäre es tatsächlich möglich, dass er – wie er von sich selbst behauptet – so gut im Bett ist, dass er sogar Frauen von Frigidität heilen kann?
Eines ist jedoch sicher. Maurice bringt das Blut von Frauen in Wallung und manchmal schlagen die Wogen von Begehren, Liebe, aber auch Hass (das soll ja alles ziemlich nahe beieinander liegen) so hoch, dass es für den Schönling sogar lebensgefährlich wird.
Immerhin hat Helen (Carroll Baker) vor der Trennung schon einmal mit einer Waffe vor seinem Gesicht rumgefuchtelt und Constance schmiedet in aller Heimlichkeit Pläne, wie sie ihren Mann um die Ecke bringen kann.
Die beiden Frauen sind sich bald einig, dass Maurice wie eine Droge ist. Er raubt ihnen den Verstand und macht sie willenlos und süchtig nach seiner Zuwendung.
Die einzig korrekte Schlussfolgerung und Rettung aus dieser Misere kann logischerweise nur sein, ihn zu töten. Zumindest für Constance, die Helen um Mithilfe bei ihrer Selbstbefreiungsaktion bittet.

Das Unterhaltsame an diesem liebenswerten Giallo sind neben der absolut dekadenten Gesellschaft, in der sich die ProtagonistInnen bewegen, die schrullig-verworrene Handlung und die Psycho-Spielchen zwischen Helen, Constance, Jean sowie der später auftauchenden erwachsenen Stieftochter.
Der Titel "Paranoia" wirkt nämlich auf den zweiten Blick gar nicht so verkehrt. Helen gerät in ein Katz und Maus Spiel zwischen Maurice und seiner Frau. Sie wird von beiden Seiten umgarnt und auch die Freunde des Ehepaars geizen nicht mit verbalen Anzüglichkeiten und zweideutigen Kommentaren. Irgendwie liegt ständig Spannung in der Luft.
Mit fortschreitender Laufzeit des Films häufen sich die nicht eindeutig interpretierbaren Blicke, die sich das unglückselige Dreiergespann Helen, Maurice und Constance zuwerfen. Es ist nicht klar vorherzusehen, wer jetzt gerade mit wem paktiert.
Besonders die Szene, in der Rennfahrerin Helen mit einem zunehmend blassen und nervösen Maurice auf dem Beifahrersitz im Sportwagen die schmale, kurvige und abschüssige Küstenstraße entlang rast und ihm trocken an den Kopf wirft, dass er sich keine Sorgen um sie machen muss, da ja immerhin er sich auf dem Todessitz befindet, treibt die (An-)Spannung, die permanent zwischen den Hauptpersonen des Films vorherrscht, auf die Spitze.
Als dann etwas später die Tochter Susan unverhofft in einem delikaten Moment auftaucht, werden die Karten im Intrigenspiel nochmal neu gemischt.

Alle, die noch keine Fans dieses Urlaubs-Krimis sind, könnte die jüngste Veröffentlichung des Labels X-Rated vielleicht etwas umstimmen.
Die eigens für die Veröffentlichung angefertigte deutsche Synchronisation passt nicht nur hervorragend zu der etwas hanebüchenen Geschichte, sondern verströmt auch etwas Flair der 70er Jahre Synchros.
Von den mittlerweile drei oder vier Sichtungen dieses Films hat die deutsche Fassung, die auf sympathische Weise in manchen Momenten ähnlich Banane ist wie die Handlung, bei mir jedenfalls für zusätzliches Amüsement gesorgt.

Wer nicht nur die Slasher-artigen italienischen Krimis mag, sondern sich auch für Gialli mit leiseren Tönen, gemächlicherem Tempo und Urlaubsatmosphäre begeistern kann, wird "Paranoia" bestimmt genießen. Vielleicht sogar stilvoll mit einem Glas J&B oder alternativ mit einem tatsächlich schmackhaften und trinkbaren (Long-)Drink. Selbstverständlich mit ganz vielen Eiswürfeln im Glas.




Foto: BD von X-Rated