Sonntag, 1. August 2021

UN POSTO IDEALE PER UCCIDERE (1971)


 







DEADLY TRAP - DER PERFEKTE MORD
OASIS OF FEAR
(Alternativtitel)

Italien, Frankreich 1971
Regie: Umberto Lenzi
DarstellerInnen: Ornella Muti, Raymond Lovelock, Irene Papas, Umberto Raho, Franco Ressel, Sal Borgese, Carla Mancini u.a.

Inhalt:
Dick und Ingrid sind jung, attraktiv und unternehmungslustig. Ihre Reisen durch Europa finanzieren sie sich mit dem (in Italien verbotenem) Verkauf von pornografischem Material, das zur Not auch mal von den beiden selbst hergestellt wird. Als dem Paar vor einer Villa das Benzin ausgeht und die dort wohnende Barbara den beiden Kost und Logis anbietet, tut sie dies jedoch nicht aus altruistischen Gründen. Ingrid und Dick bemerken erst viel zu spät, worauf bzw. auf wen sie sich eingelassen haben…


Da hatten sie noch Spaß


Ingrid (Muti) auf dem Tennisplatz


Ein Jahr nachdem er als Hippie David in Il delitto del diavolo seine Seele an den Teufel verloren hat, gerät Ray Lovelock 1971 in Umberto Lenzis (Der Berserker, Spasmo) "Un posto ideale per uccidere" als Hippie Dick in die Fänge einer diabolisch agierenden Frau der Oberschicht.
Man könnte es als ausgleichende Gerechtigkeit betrachten, dass er immerhin 3 Jahre später in Das Leichenhaus der lebenden Toten einen wehrhaften und kämpferischen Vertreter der Flower Power-Generation spielen durfte, der sich nicht (mehr) alles gefallen lässt. Im Jahr 1978 jedoch lungerte er schließlich als Blumenkind und Drogenkonsument Rico in Oben ohne, unten Jeans nur noch völlig lethargisch in einer Hippiekommune herum.
Gemeinhin fällt jedoch auf, dass in den italienischen Produktionen dieser Zeit Hippies tendenziell negativ konnotiert dargestellt wurden – entweder als klassische Opfer ihrer Naivität gegenüber Fremden (vgl. Il delitto del diavolo oder Oben ohne, unten Jeans) oder als zwielichtige Gestalten, denen man nicht über den Weg trauen kann (vgl. A lizard in a woman’s skin oder "Knife of ice").

Die italienischen Regisseure schienen ihrem Publikum auf alle erdenklichen Arten hartnäckig suggerieren zu wollen, dass das Hippietum in der Gesellschaft nicht von Bestand sein kann.
Dick (Ray Lovelock) und Ingrid (Ornella Muti) geben vor, offen(herzig) und frei(zügig) zu sein, wollen keinen Besitz, sondern einfach nur die Welt erkunden und frönen dem Hedonismus.


Ärger im Paradies - Ingrid wird eifersüchtig


Ihre sexuellen Reize benutzen sie als Mittel zum Zweck und natürlich stehen sie für das Prinzip der freien Liebe ein. Zumindest theoretisch und bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie auf Barbara treffen, von der Dick sich nur allzu gerne verführen lässt. Ingrid macht folglich die ernüchternde Erfahrung, dass das Gefühl von Eifersucht sich doch nicht durch das Propagieren und Idealisieren eines moralischen Konstrukts wie "Freie Liebe" problemlos verhindern lässt.

"Un posto ideale…" zeichnet summa summarum ein fragwürdiges Zukunftsbild der jungen, vermeintlich modernen Generation von Blumenkindern. Wie in den anderen bereits erwähnten Filmen werden sie als Prototypen einer neumodischen Zeiterscheinung, die zum Scheitern verurteilt ist, skizziert.
Dick und Ingrid bezahlen am Ende einen hohen Preis für ihre Lebensweise.

Im Vergleich zu anderen Gialli, bei denen Umberto Lenzi Regie führte, ist dieser Film fast schon absolut geradlinig erzählt. Es gibt eine klar nachvollziehbare Handlung. Das leitende Motive für Barbaras Intrigen und den Mord sind auch nicht völlig aus der Luft gegriffen.
Das Erzähltempo dieses italienischen Thrillers ist aber eher gemächlich. Dafür hat man über den Großteil der Laufzeit viele Gelegenheiten, sich mit den beiden attraktiven zahnlückigen Hippies zu amüsieren und ihren lockeren Lebensstil zu bewundern.
Ornella Muti war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten bereits anbetungswürdig schön, jedoch noch nicht volljährig, weshalb für ihre Nacktszenen Körperdoubles eingesetzt wurden. Auch die griechische Schauspielerin Irene Papas (u.a. bekannt aus Non si sevizia un paperino) wollte sich vor der Kamera nicht hüllenlos zeigen, weswegen für sie ebenfalls andere Schauspielerinnen einsprangen.


Barbara (Papas) hat ne Leiche versteckt



Barbara (Irene Papas), die Dame aus gutem Hause, ist der lebende Beweis dafür, dass reiche und gesellschaftlich angesehene Menschen es grundsätzlich leichter haben, Andere auszubeuten und Verbrechen zu begehen, ohne dafür belangt zu werden.
Sie hat die sprichwörtlich berühmte Leiche im Keller, tatsächlich im Kofferraum. Für sie kommt das junge Paar gerade zum richtigen Zeitpunkt um die Ecke. Wem würde die Polizei bei einer Gegenüberstellung eher Glauben schenken? Der gut betuchten Dame oder den vorbestraften herumstreunenden Hippies?
Als Ingrid und Dick den Plan ihrer Gastgeberin durchschauen, ist dies der Auftakt für ein Katz- und Mausspiel bzw. ein psychologisches Kammerspiel, das das Tempo der Erzählung doch noch etwas an Fahrt aufnehmen lässt.
Nachdem viel getanzt, gelacht und geliebt wurde, schlägt "Un posto ideale per uccidere" im letzten Drittel ernsthafte bis dramatische Töne an. Auch wenn das Ende nicht so ein Brachialakt wie in Oben ohne, unten Jeans ist, dürfte man es doch als überraschend konsequent und eher unangenehm empfinden.

"Un posto…" entwickelt sich vom sonnig-heiteren Roadmovie zum Kriminalfall und schließlich zu einer Tragödie. Aufgrund der fabelhaften Besetzung der HauptdarstellerInnen bescheren auch die Sequenzen, die die Handlung nicht unbedingt vorantreiben, angenehme Zerstreuung. 




Foto: Shameless und Mondo Macabro VÖ