THE FOG – NEBEL DES GRAUENS
USA 1980
Regie: John Carpenter
DarstellerInnen: Adrienne Barbeau,
Jamie Lee Curtis, Janet Leigh, John Houseman, Tom Atkins, Nancy Kyles
(als Nancy Loomis), Hal Holbrook u.a.
Inhalt:
Im beschaulichen kleinen Küstenort
Antonio Bay stehen die Feierlichkeiten anlässlich des 100 Jahre
Jubiläums der Stadtgründung an. Diese werden überschattet von unerklärlichen Todesfällen und vermissten Einwohnern, rätselhaften
gespenstischen Phänomenen und einer sich kontinuierlich nähernden
geheimnisvoll leuchtenden Nebelwand. Als Pater Malone herausfindet,
dass ein Fluch auf dem Ort liegt, ist es beinahe schon zu spät...
Sympathische Charaktere: Nick (Atkins) und Elizabeth (Curtis) |
Radiomoderatorin Stevie - Heldin des Films |
Ich würde ja gerne schreiben, dass ich
ein Fan erster Stunde dieses wunderbaren Gruselfilms bin. Dies wäre jedoch eine glatte Lüge. In Wahrheit kam mir "The Fog" sogar ziemlich langweilig vor. Im Vergleich zu dem damals von mir
favorisierten Effekt-lastigen Poltergeist machte diese Grusel-Story auf mein
kindliches Ich einen schlichtweg biederen und ordentlich angestaubten Eindruck. Ich hatte anno dazumal auch meine liebe Mühe
mit den Charakteren, die so gar nicht zu mir zu sprechen schienen.
Erst im Erwachsenenalter öffnete sich
mein Bewusstsein für die wahre Virtuosität und admirable düstere Ästhetik dieser
zeitlosen Gespenstergeschichte.
Und mit jeder Generation neuer Technik (Video-DVD-Blu Ray und nun UHD bzw. Mono-Stereo-Dolby Digital-DTS HD) erlebe ich "The Fog" nicht nur neu, sondern auch eindrücklicher.
Und mit jeder Generation neuer Technik (Video-DVD-Blu Ray und nun UHD bzw. Mono-Stereo-Dolby Digital-DTS HD) erlebe ich "The Fog" nicht nur neu, sondern auch eindrücklicher.
Der titelgebende Nebel - widernatürliches Naturphänomen |
Die Aufnahmen der unnatürlich weiß
glühenden, dichten Nebelwand und die von John Carpenter komponierte
treibende Synthesizer Melodie illustrieren eine perfekte
gespenstische Symbiose.
Zugleich kann der Nebel als versinnbildlichte Vertuschung eines Verbrechens und die Vernebelung der Vergangenheit interpretiert werden.
Die wahre Geschichte der gefeierten
Gründerväter Antonio Bays fußt auf Habgier, Ausbeutung und
blutigem Verrat. Doch als Pater Malone die Vergehen seiner Vorfahren ans Tageslicht bringen möchte, will es die First Lady des Ortes zunächst nicht
hören.
Sein berechtigter Einwand, dass die Festivitäten eine Farce
sind und die Stadt Mörder feiert, verpufft wie im Nebel. Alles läuft gemäß dem bewährten Grundsatz "The show
must go on". Immerhin steht das Programm schon und wer interessiert
sich für krude alte Geschichten?
Mit dieser Storyline rückt "The Fog" unangenehm nahe heran an die dunkle Natur des Menschen und die Abgründe der vorgeblich zivilisierten Gesellschaft. Näher jedenfalls, als man dies bei einem Genrefilm auf den ersten Blick vermuten würde.
Der Eroberung
neuer Lebensräume und der Entwicklung von reichen Gemeinden bzw.
Nationen gingen bzw. gehen bekanntlich nur allzu oft die schrecklichsten Gräueltaten voraus.
Wie sich herausstellt, haben die ersten Siedler in Antonio Bay vor hundert Jahren alles andere als ein Kavaliersdelikt begangen.
Sie nahmen das Gold der kranken
Menschen und boten ihnen im Gegensatz einen Ort zum Leben an. Bis
zum bitteren Ende gaukelten sie ihnen vor, sie willkommen zu heißen und
lockten sie auf hoher See durch das Aussenden von falschen
Leuchtsignalen in eine tödliche Falle.
Sie mussten sich dadurch nicht einmal
selbst die Hände schmutzig machen.
Das grausame Kalkül, mit dem die Siedler einst vorgingen, sorgt bei empathischen Zuschauern neben den bedrohlich in Szene gesetzten aktuellen paranormalen Phänomenen in der Stadt für weiteres Unbehagen.
Der Nebel und was auch immer sich genau
darin befinden mag (darüber lässt uns Carpenter bis kurz vor Ende
im Unklaren) wirkt wie ein verbindendes Element zwischen den zunächst
parallel präsentierten Abenteuern mehrerer
ProtagonistInnen. Obwohl die wichtigsten handelnden Personen im Film
erst gegen Ende aufeinander treffen scheint eine Szene nahtlos in die
nächste überzugreifen und sich in der Zusammenschau, ähnlich wie der kontinuierlich näher fließende Nebel, immer mehr zu verdichten.
Revenge is a dish best served cold |
Angenehmerweise sind alle Figuren
(mit Einschränkung des etwas schmierigen Meteorologen und den Säufern
auf dem Boot) sympathisch und vor allem authentisch. Sie agieren einfach wie aus dem Leben gegriffen. Dies ist in Anbetracht der
Entstehungszeit und des Genres, in dem häufig besonders bei
weiblichen Charakteren immens übertriebene Hysterie, Hilflosigkeit
und daraus resultierendes kopfloses Agieren vorherrscht, eher als
Ausnahme zu sehen.
Manche Frauenfiguren wirken für einen Film, der Ende der Siebziger Jahre gedreht wurde, sogar
regelrecht modern. Besonders die heldenhafte allein erziehende Mutter
Stevie (Adrienne Barbeau), die einen Radiosender betreibt und
angesichts der Gefahr auf ihrem Posten (dem Leuchtturm) bleibt, um
die Bevölkerung zu warnen und Rettung für ihren Sohn zu
organisieren. Natürlich muss hier auch die junge Elizabeth (Jamie
Lee Curtis), die als Anhalterin durch die Lande reist und von einem
selbstbestimmten und unabhängigen Leben träumt, erwähnt werden.
Nick Castle (Tom Atkins) ist zwar
ein Mann der Tat, drängt sich jedoch nicht in den Vordergrund.
Obwohl der Schauspieler Atkins über herausragende Merkmale wie ein eher grobschlächtiges
Gesicht und einen sportlich-stämmigen Körperbau verfügt, wirkt
er irgendwie sanftmütig.
Die Figuren-Konstellation in "The Fog" ist schön ausbalanciert. Man erfährt nur
rudimentär Persönliches oder Biographisches und doch lernt man die
ProtagonIstinnen gut genug kennen, um sie nicht beliebig und
austauschbar wirken zu lassen.
Doch das wichtigste Element der
Geschichte sind selbstverständlich der titelgebende Nebel und die Gefahr, die hinter
dem weißen Schleier verborgen ist und für die es keine Hindernisse
gibt.
Der Nebel schiebt sich in jede Straße, in
jedes Haus von Antonio Bay. Es gibt kein Entrinnen, auch nicht für
Stevie, die sich im Leuchtturm weit über der Stadt befindet. Es gibt keine Sicherheit und die Gespenster der Vergangenheit kennen kein Erbarmen.
Die Aufnahmen des in diesem Fall
widernatürlichen Naturphänomens, das sich unerbittlich seinen Platz in der Landschaft erobert, sind ästhetisch und wirken so
sonderbar eigentümlich zugleich.
Wie es sich für eine gute Gruselgeschichte
gebührt.
Die unheimliche Lagerfeuergeschichte,
die der alte Seemann zu Beginn den ehrfürchtig lauschenden Kindern
erzählt, stellt für mich die Quintessenz des Films dar und ist
zugleich eine Vorwegnahme dessen, was das Kind in jedem von uns bei "The Fog" erwartet.