Samstag, 6. März 2021

THE FLY (1986)

 


DIE FLIEGE

USA 1986
Regie: David Cronenberg
DarstellerInnen: Jeff Goldblum, Geena Davis, John Getz, Joy Boushel, Leslie Carlson, George Chuvalo u.a.

Inhalt:
Der Wissenschaftler Seth Brundle lässt sich von der Reporterin Veronica Quaife bei seinem neusten Projekt begleiten. Er experimentiert auf dem Feld der Teleportation, Veronica dokumentiert seine Fortschritte. Als er in einem emotionalen Ausnahmezustand auf umfangreiche Sicherheitstests verzichtet und sich selbst teleportiert, passiert etwas Unvorhergesehenes und die Tragödie nimmt ihren Lauf…


Reporterin Veronica (Davis)


Seth (Goldblum) bereit für die Teleportation


Bereits im Jahr 1958 wurde die auf einer Kurzgeschichte von George Langelaan basierende Story für ein Drehbuch umgearbeitet. Der Originalfilm "Die Fliege", bei dem Grusel-Ikone Vincent Price eine der Hauptrollen verkörpert, orientierte sich stark an der literarischen Vorlage, deren filmische Umsetzung getrost und in schönster Doppeldeutigkeit als etwas haarig bezeichnet werden kann. Die Vorstellung, einen menschlichen Körper mit dem Kopf einer Fliege zu versehen, ist – milde ausgedrückt – dezent jenseits der magischen Grenze zur unfreiwilligen Komik angesiedelt.

Daher wurde dieses Grundkonzept für das Remake unter der Regie von David Cronenberg modifiziert und um einige weitere Aspekte ergänzt. Im Vordergrund steht dabei weniger das Horror-Genre, in dem "Die Fliege" aufgrund der ekelerregenden Effekte in erster Linie zu verorten ist, sondern vielmehr die desaströse physische und psychische Zersetzung von Seth und die dadurch hervorgerufene tiefe Verzweiflung von Seth und Veronica.
Der ehrgeizige Wissenschaftler und die ambitionierte Reporterin haben sich gerade erst gefunden und die Romanze zwischen den beiden scheint nicht nur flüchtig zu sein. Doch wie es das Schicksal so will, ist das Liebesglück von Veronica (Geena Davis) und Seth (Jeff Goldblum) nur von kurzer Dauer.
Ohne diese spezielle Verbindung zwischen den beiden wäre die qualvolle Verwandlung von Seth zur Fliege (oder in ein Fliegen-ähnliches Wesen, von ihm selbst Brundle-Fliege genannt) bestimmt deutlich weniger emotional mitreißend.
Goldblum und Davis waren zum Zeitpunkt der Dreharbeiten schon liiert und haben bald nach dem Film geheiratet. Beide sind ohne Frage großartige Schauspieler, doch vermutlich dürfte die private Verbindung zwischen dem Paar bei den Dreharbeiten in Bezug auf die Darstellung der Emotionalität doch sehr zuträglich gewesen sein.

Was mich persönlich seit meiner Kindheit an diesem Film immer am meisten in den Bann gezogen hat, ist (neben den hervorragenden Ekel-Effekten) die Idee der Teleportation. Nach allen bekannten physikalischen Gesetzen ist diese Technologie zwar eindeutig der Science Fiction zuzuordnen, aber der Gedanke, sich von einem Ort innerhalb von Sekunden an einem anderen Ort materialisieren zu können, ist schon interessant.
Etwas näher an der Realität als man es vielleicht wahrhaben möchte, ist bei dieser Geschichte auch das Verhältnis zwischen Mensch und technologischem Fortschritt. Seth Brundle erfindet eine völlig neuartige Maschine, die er (wie er gleich zu Beginn eingesteht) nach seinem Gutdünken zusammengesetzt hat und deren einzelne Komponenten er selbst nicht bis ins letzte Detail versteht. Auf wundersame Weise funktionieren die Teleport-Boxen. Wie Menschen so sind, siegt der Drang nach Fortschritt und Anerkennung über die Vernunft und Seth lernt auf sehr schmerzhafte Art und Weise, dass er diese Maschinen zwar erschaffen hat, aber nicht völlig beherrschen kann.
Der Computer, verwirrt durch die Tatsache, plötzlich DNA von zwei verschiedenen Spezies (eine menschliche und die einer Fliege) sequenzieren zu müssen, entscheidet nach einem nicht vorhergesehenen unbekannten Prinzip selbst, wie er in so einem Fall vorzugehen hat und entschließt sich für eine Fusion.
Durch ihre Allmachtsphantasien und den unbändigen Drang nach (vermeintlichem) Fortschritt wurde in der Geschichte der Menschheit schon öfter auf umfangreiche Tests oder eine seriöse Risikoeinschätzung verzichtet. Eingriffe in die Natur führen bekannterweise nicht selten zu nicht vorhersehbaren Komplikationen, weil oft eben nicht alles bis ins kleinste Detail kalkuliert werden kann. Bedenken und Warnungen werden im Eifer des Gefechts leider allzu schnell übergangen.


Lehrreich: die Nahrungsaufnahme einer Fliege


Die Spezialeffekte, die dem Film zwar keinen Preis, aber immerhin eine Oscar Prämierung einbrachten, gehören ohne Zweifel zu den besten, die je für einen Genrefilm der 80er Jahre kreiert wurden.
Mit einer Nahaufnahme eines offenen Bruchs, abfallenden Ohren, Fingernägeln, die sich über einer zähflüssigen gelben Schleimschicht vom Fleisch lösen, ausfallenden Zähnen und Haaren oder monströsen Abszessen dürfte jeder Horrorfilmfan etwas finden, was bei ihm besonderen Ekel hervorruft.
Vollendung erfährt dieser Meilenstein der Filmgeschichte schließlich durch die opulente musikalische Untermalung, die Komponist Howard Shore, auf dessen stimmungsvoll-effektive Arrangements David Cronenberg bereits bei früheren Filmen wie "Die Brut", "Scanners" oder "Videodrome" zählen konnte.

Im Gegensatz zu der Kurzgeschichten-Verfilmung aus den 50er Jahren ist David Cronenbergs "Die Fliege" ein ernsthafter, düsterer und pessimistischer Beitrag zum Horror-Genre, das je nach Deutungsart Themen wie Krankheit und Verfall, unglückliche Liebe und den manchmal bitteren Preis zugunsten von rapidem technologischem Fortschritt in den Mittelpunkt rückt.
Es ist wohl nicht überzogen, "Die Fliege" als zeitlosen Klassiker des Horrorfilms zu bezeichnen.



Foto: DVD vom Label 20th Century Fox