DIE FLIEGE
USA 1986
Regie: David Cronenberg
DarstellerInnen: Jeff Goldblum, Geena Davis, John Getz, Joy Boushel, Leslie
Carlson, George Chuvalo u.a.
Inhalt:
Der Wissenschaftler Seth Brundle lässt sich von der Reporterin Veronica Quaife bei
seinem neusten Projekt begleiten. Er experimentiert auf dem Feld der
Teleportation, Veronica dokumentiert seine Fortschritte. Als er in einem
emotionalen Ausnahmezustand auf umfangreiche Sicherheitstests verzichtet und sich selbst
teleportiert, passiert etwas Unvorhergesehenes und die Tragödie nimmt ihren
Lauf…
Reporterin Veronica (Davis) |
Seth (Goldblum) bereit für die Teleportation |
Bereits im
Jahr 1958 wurde die auf einer Kurzgeschichte von George Langelaan basierende
Story für ein Drehbuch umgearbeitet. Der
Originalfilm "Die Fliege", bei dem Grusel-Ikone Vincent Price eine der
Hauptrollen verkörpert, orientierte sich stark an der literarischen Vorlage,
deren filmische Umsetzung getrost und in schönster Doppeldeutigkeit als etwas haarig bezeichnet werden kann. Die Vorstellung, einen menschlichen
Körper mit dem Kopf einer Fliege zu versehen, ist – milde ausgedrückt – dezent jenseits
der magischen Grenze zur unfreiwilligen Komik angesiedelt.
Daher wurde
dieses Grundkonzept für das Remake unter der Regie von David Cronenberg
modifiziert und um einige weitere Aspekte ergänzt. Im Vordergrund steht dabei weniger
das Horror-Genre, in dem "Die Fliege" aufgrund der ekelerregenden Effekte in
erster Linie zu verorten ist, sondern vielmehr die desaströse physische und psychische
Zersetzung von Seth und die dadurch hervorgerufene tiefe Verzweiflung von Seth und
Veronica.
Der ehrgeizige Wissenschaftler und die ambitionierte Reporterin haben
sich gerade erst gefunden und die Romanze zwischen den beiden scheint nicht nur
flüchtig zu sein. Doch wie es das Schicksal so will, ist das Liebesglück von
Veronica (Geena Davis) und Seth (Jeff Goldblum) nur von kurzer Dauer.
Ohne diese spezielle Verbindung zwischen den beiden wäre die qualvolle Verwandlung von
Seth zur Fliege (oder in ein Fliegen-ähnliches Wesen, von ihm selbst Brundle-Fliege genannt) bestimmt deutlich weniger emotional mitreißend.
Goldblum und Davis waren zum Zeitpunkt der Dreharbeiten schon liiert und haben
bald nach dem Film geheiratet. Beide sind ohne Frage großartige Schauspieler,
doch vermutlich dürfte die private Verbindung zwischen dem Paar bei den
Dreharbeiten in Bezug auf die Darstellung der Emotionalität doch sehr zuträglich
gewesen sein.
Was mich
persönlich seit meiner Kindheit an diesem Film immer am meisten in den Bann gezogen hat, ist (neben den hervorragenden Ekel-Effekten) die Idee der Teleportation.
Nach allen bekannten physikalischen Gesetzen ist diese Technologie zwar
eindeutig der Science Fiction zuzuordnen, aber der Gedanke, sich von einem Ort
innerhalb von Sekunden an einem anderen Ort materialisieren zu können, ist
schon interessant.
Etwas näher an der Realität als man es vielleicht wahrhaben möchte, ist bei dieser
Geschichte auch das Verhältnis zwischen Mensch und technologischem Fortschritt.
Seth Brundle erfindet eine völlig neuartige Maschine, die er (wie er gleich zu Beginn eingesteht) nach seinem Gutdünken zusammengesetzt hat und deren
einzelne Komponenten er selbst nicht bis ins letzte Detail versteht. Auf
wundersame Weise funktionieren die Teleport-Boxen. Wie Menschen so sind, siegt
der Drang nach Fortschritt und Anerkennung über die Vernunft und Seth
lernt auf sehr schmerzhafte Art und Weise, dass er diese Maschinen zwar
erschaffen hat, aber nicht völlig beherrschen kann.
Der Computer, verwirrt durch die Tatsache, plötzlich DNA von zwei verschiedenen Spezies (eine menschliche und die einer Fliege) sequenzieren zu müssen, entscheidet
nach einem nicht vorhergesehenen unbekannten Prinzip selbst, wie er in so einem
Fall vorzugehen hat und entschließt sich für eine Fusion.
Durch ihre Allmachtsphantasien und den unbändigen Drang nach (vermeintlichem)
Fortschritt wurde in der Geschichte der Menschheit schon öfter auf umfangreiche
Tests oder eine seriöse Risikoeinschätzung verzichtet. Eingriffe in die Natur führen bekannterweise nicht
selten zu nicht vorhersehbaren Komplikationen, weil oft eben nicht alles bis ins
kleinste Detail kalkuliert werden kann. Bedenken und Warnungen werden im
Eifer des Gefechts leider allzu schnell übergangen.
Lehrreich: die Nahrungsaufnahme einer Fliege |
Die
Spezialeffekte, die dem Film zwar keinen Preis, aber immerhin eine Oscar Prämierung einbrachten, gehören
ohne Zweifel zu den besten, die je für einen Genrefilm der 80er Jahre kreiert
wurden.
Mit einer Nahaufnahme eines offenen Bruchs, abfallenden Ohren, Fingernägeln,
die sich über einer zähflüssigen gelben Schleimschicht vom Fleisch lösen,
ausfallenden Zähnen und Haaren oder monströsen Abszessen dürfte jeder
Horrorfilmfan etwas finden, was bei ihm besonderen Ekel hervorruft.
Vollendung erfährt dieser Meilenstein der Filmgeschichte schließlich durch die
opulente musikalische Untermalung, die Komponist Howard Shore, auf dessen
stimmungsvoll-effektive Arrangements David Cronenberg bereits bei früheren Filmen
wie "Die Brut", "Scanners" oder "Videodrome" zählen konnte.
Im Gegensatz zu der Kurzgeschichten-Verfilmung aus den 50er Jahren ist David
Cronenbergs "Die Fliege" ein ernsthafter, düsterer und pessimistischer Beitrag
zum Horror-Genre, das je nach Deutungsart Themen wie Krankheit und Verfall,
unglückliche Liebe und den manchmal bitteren Preis zugunsten von rapidem technologischem Fortschritt in den Mittelpunkt rückt.
Es ist wohl nicht überzogen, "Die Fliege" als zeitlosen Klassiker des
Horrorfilms zu bezeichnen.