Samstag, 15. August 2015

CASANOVA 70 (1965)














CASANOVA '70

Frankreich, Italien 1965
Regie: Mario Monicelli
DarstellerInnen: Marcello Mastroianni, Virna Lisi, Marisa Mell, Michèle Mercier, Enrico Maria Salerno, Guido Alberti, Margaret Lee, Marco Ferreri, Jolanda Modio u.a.


Inhalt:
Major Andrea Rossi-Colombotti hat Potenzprobleme, die sich allerdings bessern, wenn er gerade einen erhöhten Adrenalinspiegel im Blut hat. Bei einer Psychotherapie bekommt er bestätigt, dass sich gefährliche Situationen zugunsten seiner Manneskraft auswirken. Nun weiß er, dass er für seine Heilung entweder über einen längeren Zeitraum enthaltsam leben oder für Adrenalinkicks vor dem Sexualakt sorgen muss.
Der Frauenschwarm entscheidet sich zu Beginn für die erste Variante und übt sich mit Freundin Giglioloa in Enthaltsamkeit. Als er bei einem gemeinsamen Zirkusbesuch mit seiner Verlobten die Dompteurin die Männer aus dem Publikum auffordert, zu ihr in den Löwenkäfig zu kommen und sie zu küssen, kann sich Andrea nicht mehr halten. Sein Trieb bricht voll durch und er manövriert sich in weiterer Folge von einem gefährlichen amourösen Abenteuer zum nächsten...


Andrea beim Psychodoc. Wer hat das Problem?


Bava oder Freda? Nein, Monicelli!


Huch, eine Komödie!? Eigentlich meide ich Filme dieser Art wie der Teufel das Weihwasser. Doch Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.
Warum hat also ein Titel wie "Casanova 70" wider Erwarten Eingang in meine Filmsammlung gefunden?
Dafür gibt es sogar mehrere Gründe. Erstens: Als Marisa Mell Fan war ich schon länger neugierig auf den Film. Zweitens: Man werfe einen Blick auf die weitere Darstellerinnen-Riege: Virna Lisi (sehr schön im Schwarz-Weiß-Giallo La donna del lago), Michèle Mercier (Friedhof ohne Kreuze) und Margaret Lee ("Killer sind unsere Gäste") sind einfach eine Wohltat für ästhetisch veranlagte Augen und wer (wie ich) Enrico Maria Salerno (Das Syndikat) und Guido Alberti (Spasmo) toll findet, macht mit diesem Film keinen Fehlgriff.


Virna Lisi, auch in Farbe schön


Besonders Salerno als verrückter Psychoanalytiker, der befremdliche neurotische Ticks hat (Stichwort: Buntstifte und Anspitzer!) und während der Sitzung auf seinen Klienten zu Recht beängstigend wirkt, bereichert diese Komödie mit seinen herausragenden schauspielerischen Fähigkeiten.
Den letzten Anstoß für den Kauf der Blu Ray gab mir allerdings die Tatsache, dass unter anderem im pittoresken apulischen Ort Alberobello und dem süditalienischen Ostuni sowie der Grotta di Castellana, die ich erst im Mai selbst besucht habe, gedreht wurde.
Davon an anderer Stelle mehr...

Marcello Mastroianni als Major Rossi-Colombotti muss gar nicht viel machen, allein schon seine Gesichtsausdrücke erzeugen Frohmut und Heiterkeit.
Trotz der beachtlichen Filmlänge von über zwei Stunden kommt aufgrund der kreativen und sehr abwechslungsreichen Erzählweise keine Langeweile auf.
Und Leute, die den Humor eher mittelmäßig finden, dürfen sich als Ausgleich dafür an wunderschönen Bildern und malerischen Landschaften, eingefangen von Aldo Tonti, einem der besten Kameramänner seiner Zeit, ergötzen.
Gedreht wurde fast ausschließlich an Originalschauplätzen und besonders die Nachtaufnahmen und die etwas dunkleren Bilder des Schlosses, in dem die wunderschöne Thelma (Marisa Mell) und ihr eifersüchtiger Gatte residieren, erinnern an die düstere Ästhetik der klassischen Gotik-Filme Mario Bavas oder Riccardo Fredas.
Marisa Mell sieht bezaubernd schön aus in den extravaganten Kostümen, die sie als Frau eines reichen Grafen tragen darf.


Sieht sie nicht toll aus?


Ja, der links ist Thelmas Mann...


Die Reise des umtriebigen Majors führt uns von Paris nach Burma, Süditalien, die Schweiz und Deutschland.
Es gibt vermutlich bessere Komödien, dennoch ist diese hier sehr kurzweilig. Die Freude über die exquisit ausgewählten Schauspielerinnen und Schauspieler gleicht die Schwachstellen des Drehbuchs aus, dem ich (im Gegensatz zur Jury im Jahr 1966) keine Oscar-Nominierung zugestanden hätte. Dennoch gefielen mir einige Gags sehr gut und an manchen Stellen blitzt sogar etwas tiefgründigerer Humor durch.
An den Kinokassen war diese kurzweilige Komödie jedenfalls ein Erfolg. Besonders in den USA, wo der Film heute noch als Klassiker und eines der besten Werke Monicellis gilt.
"Casanova '70" bietet angenehme Zerstreuung und ist meine Empfehlung an alle, deren Interesse (nun) hoffentlich geweckt wurde und Pflichtprogramm für Marisa Mell Fans.




Foto: Blu Ray vom Label S.A.D. Home Entertainment