Freitag, 7. Februar 2020

UNE CORDE, UN COLT (1968)














FRIEDHOF OHNE KREUZE

Italien, Frankreich 1969
Regie: Robert Hossein
DarstellerInnen: Michèle Mercier, Robert Hossein, Guido Lollobrigida, Daniele Vargas, Serge Marquand, Michel Lemoine u.a.

Inhalt:
Die Fehde zwischen den Familienclans der Cains und Rogers eskaliert und gipfelt in der Hinrichtung von Ben Caine. Seine Witwe Maria engagiert Manuel, mit dem sie eine gemeinsame Vergangenheit hat. Sie gibt ihm einen einzigen Auftrag: (Blut-) Rache um jeden Preis...


Manuel (Hossein) ist überrascht vom Auftrag Marias


Maria (Mercier) sinnt auf Rache


Robert Hossein war ein Freund und Bewunderer von Sergio Leone, der wiederum kurz nach Beginn seiner Karriere als Regie-Ikone des Italowestern galt. Hossein, selbst Schauspieler und Regisseur in seiner Heimat Frankreich, fuhr in den späten Sechzigern mit einem selbst verfassten Drehbuch und Equipment mit dem Zug nach Almeria, um dort seinen ersten und einzigen Western zu drehen.
Zudem wollte er selbst die Hauptrolle, den Rächer Manuel, verkörpern.
Seine Pläne hat er in die Tat umgesetzt und sich somit nach eigenen Angaben einen kleinen Traum erfüllt.
Das Ergebnis seiner ehrgeizigen Arbeit ist ein Film mit einer durch und durch desperaten Atmosphäre, der es schafft, mit seinem Grad an Nihilismus und Fatalismus beinahe jeden Italowestern locker in die Tasche zu stecken.
Die Quintessenz der Geschichte ist geprägt von einem pessimistischen Menschenbild. Die Hauptcharaktere Maria und Manuel laufen ohne mit der Wimper zu zucken wissend und sehend in ihr Verderben. Sie scheinen mit ihrem Leben schon längst abgeschlossen zu haben und sind nicht mehr in der Lage, eine bessere Zukunft für sich zu erhoffen oder gar zu erträumen.

Da alle Protagonisten Gewalt ausschließlich mit noch mehr Brutalität beantworten, steigert sich die Aggression auf beiden Seiten - sowohl bei Maria, ihren Schwagern und Manuel als auch bei der Familie Rogers - bis hin zum blutigen Finale kontinuierlich.
Prinzipiell ist die Erzählung eher simpler Natur und nur bedingt spannend. Die Dramatik findet sich jedoch in den hervorragend choreographierten Szenen, in denen vorrangig durch Close-Ups auf die Gesichter und den Focus auf die Blickwechsel zwischen ProtagonistInnen eine erstaunliche Intensität erzeugt wird.
So gelingt es Hossein, auch ohne viele Worte und lange Dialoge die Beziehung zwischen Maria und Manuel, die in der Vergangenheit eine amouröse Verbindung zueinander hatten, darzustellen.
Die berühmte "Essens-Szene", in der Manuel, der sich zuerst das Vertrauen der Familie Rogers erschleicht, mit dem Clan am Tisch sitzt und von allen intensiv beobachtet wird, ist eine der stärksten Szenen in "Friedhof ohne Kreuze". Dafür hat Hossein gerne seinem Freund Sergio Leone kurzfristig den Regiestuhl überlassen.

Von ähnlich konstruierten konsequenten Rache-Geschichten wie beispielsweise Satan der Rache hebt sich "Friedhof ohne Kreuze" im Wesentlichen durch die meisterhaften Inszenierungen und leisen Zwischentöne ab. Was noch bewegender und grausamer wirkt als die Morde sind die Demütigungen und die Manifestation psychischer Gewalt, die beide der verfeindeten Familien ausüben.


Die Tochter von Rogers wird erniedrigt durch sexuelle Gewalt


Zusammen mit Leise weht der Hauch des Todes präsentiert sich Hosseins Werk als der pessimistischste und schwermütigste aller mir bekannten Western.
Die Landschaftsaufnahmen fügen sich nahtlos ein in die Atmosphäre der Geschichte, sind vorrangig karg, kahl, öd. Der Baum, an dem Bill zu Beginn aufgeknüpft wird, ist nur noch ein Stamm und Ast ohne Blätter, ohne Leben. Dieser wirkt sinnbildlich für alles, was man in der Folge zu sehen bekommt. Verkümmerte Moral, Hoffnungslosigkeit, Gefühlskälte und Lebensfeindlichkeit.
Wir sehen Wüste, soweit das Auge reicht. Manuel lebt in einem verlassenen Geisterdorf, wo das Einzige, was sich noch bewegt, die Steppenhexen (Tumbleweeds) im Wind sind.

Die Melodie, die Robert Hosseins Bruder für den Film komponiert hat, ist eingängig und melancholisch. In verschiedenen Varianten mit dem Einsatz von unterschiedlichen Instrumenten begleitet sie uns die ganze Laufzeit über.
Michèle Mercier und Robert Hossein harmonieren perfekt und ihre Figuren Maria und Manuel tragen den Film ganz wesentlich. Doch auch (gewichtige) Darsteller wie Daniele Vargas (Oben ohne, unten Jeans) oder Charaktergesichter wie Guido Lollobrigida oder Serge Marquand tragen zur Authentizität der Geschichte und letztendlich zur Qualität des Films maßgeblich bei.

"Friedhof ohne Kreuze" ist deutlich geprägt von Minimalismus und konsistenter Tristesse.
Ein Film für alle schwarzen Seelen unter den Western-Fans.




Foto: Anolis (Buio Omega - Hände weg! Edition) und Blu Ray von Arrow Video




nochmal das Buio Schmuckstück von innen