Donnerstag, 31. Juli 2014

SETTE NOTE IN NERO (1977)


DIE SIEBEN SCHWARZEN NOTEN

Italien 1977
Regie: Lucio Fulci
DarstellerInnen: Jennifer O'Neill, Gabriele Ferzetti, Marc Porel, Gianni Garko, Ida Galli (aka Evelyn Stewart) u.a.


Inhalt
Virginia hat seit frühester Kindheit Visionen. Sie ist jedoch nicht verrückt, sondern hellsichtig. Seit einem halben Jahr ist die gebürtige Engländerin mit dem Italiener Francesco Ducci verheiratet und lebt in Florenz. Eines Tages hat sie wieder eine verstörende Vision, aufgrund derer sie einen Mord im Ferienhaus ihres Gatten vermutet.
Tatsächlich findet sie hinter einer Mauer die skelettierten menschlichen Überreste einer Frau – alles scheint mit ihrer Eingebung übereinzustimmen. Francesco wird kurz darauf von der Polizei verhaftet. Für die starrköpfigen italienischen Kommissare ist er der einzige Verdächtige.
Virginia ist jedoch von der Unschuld ihres Angetrauten überzeugt und beginnt auf eigene Faust Indizien zusammenzutragen und nach Beweisen zu suchen, die die tatsächlichen Geschehnisse ans Licht bringen sollen.
Dadurch begibt sie sich selbst in eine tödliche Gefahr...


Virginia


Die undurchschaubare Schwester (Galli)


Der vom Label 84 erstmalig auf Deutsch sychronisierte Giallo von Regie-Exzentriker Lucio Fulci verbindet bereits bekannte Elemente wie die eingemauerte Leiche (vgl. die Edgar Allan Poe-Episode in "Two evil eyes" oder "Il tuo vizio è una stanza chiusa e solo io ne ho la chiave"), den Klippensturz aus Non si sevizia un paperino und eine genretypische who-done-it-Geschichte mit der geheimnisvollen Atmosphäre eines Mystery-Thrillers.

Nicht nur die beängstigende und für sie selbst irritierende Gabe der Haupt-Protagonistin fällt unter die Kategorie "mysteriös".
Ebenso seltsam erscheint die Beziehung zwischen Virginia und ihrem Mann, der ihr gegenüber weder besonders charmant wirkt noch sonst irgendwelche liebenswerten Eigenschaften zu haben scheint.
Es bleibt mir ein Rätsel, warum Virginia auf Anhieb von der Unschuld Francescos überzeugt ist und sich für den verschlossen wirkenden Mann dermaßen ins Zeug legt.
Vielleicht hat sich Sacchetti auch gedacht, dass Frauen generell naiv und emotional abhängig von ihren Partnern sind. Vielleicht ließ sich so die Geschichte interessanter gestalten. Oder die berühmte rosarote Brille hat die frisch verheiratete Frau schlichtweg dermaßen verklärt, dass sie ihren Göttergatten niemals in Frage stellen würde. Wer weiß das schon.

Dardano Sacchetti, der als Drehbuchautor für Filme wie Der Todesengel, Das Haus an der Friedhofmauer, Die Killer der Apokalypse und "Die neunschwänzige Katze" fungierte, hat für "Die sieben schwarzen Noten" ein intelligentes (Verwirr-)Spiel mit der Erwartungshaltung der Zuschauer ausgetüftelt.
Er besteht in einem Interview für das Bonusmaterial der amerikanischen DVD übrigens darauf, dass er (entgegen der weit verbreiteten Meinung) der alleinige Urheber des Drehbuchs gewesen sein soll und Fulci nicht direkt daran beteiligt war.

Auch wenn der Abspann schon längst über die Leinwand geflimmert ist, mache ich mir noch Gedanken über den Sinn von Präkognition und Hellsichtigkeit. Es liegt in der Natur der Sache, dass man vergangene Ereignisse nicht ändern kann und es ist sowohl unter Philosophen als auch Cineasten umstritten, ob man zukünftige Ereignisse durch das Wissen darüber beeinflussen kann.
Ich frage mich, ob die Fähigkeit Virginias eher als eine Gabe oder ein Fluch (wie bei der bemitleidenswerten Kassandra in der griechischen Mythologie) zu sehen ist.
Um Spoiler zu vermeiden und weil es auf diese Fragen sowieso keine Antwort gibt, verzichte ich an dieser Stelle auf weiterführende gedankliche Verrenkungen.

Besonders lobenswert sind in diesem Film die Hauptcharaktere, zwei Frauen.
Neben Jennifer O'Neill überzeugt vor allem die schauspielerische Darbietung von Ida Galli (aka Evelyn Stewart), die die Schwester von Francesco spielt. Sie strahlt eine perfide Mischung zwischen Arroganz und Hinterlistigkeit aus, sodass man sich nie ganz sicher ist, ob sie nicht ein falsches Spiel mit Virginia treibt.
Und auch der mit Virginia befreundete Parapsychologe (Marc Porel) hätte ein Motiv für eine Verschwörung gegen den ungalanten Ehemann. Letzterer, den man als Mörder natürlich auch nicht ganz ausschließen kann, wird gekonnt unsympathisch gespielt von Gianni Garko, u.a bekannt durch "Sartana" und Der Teufel führt Regie.

Der zeitlos schöne und eingängige Soundtrack fügt sich gelungen in das Gesamtwerk ein und erfreut sich auch heutzutage noch einer gewissen Beliebtheit (wobei er weniger diesem als einem populäreren Film der neueren Generation zugeordnet wird, aber das ist ein anderes Thema...).

Eindeutig hebt sich "Die sieben schwarzen Noten" durch eine detailreich konstruierte Handlung aus dem Strom anderer Gialli positiv hervor.
In die allgemein verbreitete Lobhudelei kann ich jedoch nicht einstimmen. Mich spricht zwar die paranormale Komponente und die Morbidität des Films an. Dennoch würde ich ihn niemals in einem Atemzug mit dem bildgewaltigen und psychologisch fundiert aufgebauten Una lucertola con la pelle di donna oder einem Non si sevizia un paperino nennen wollen.
"Die sieben schwarzen Noten" stellt meiner Meinung nach eine Art Bindeglied zwischen Lucio Fulcis älteren Werken und seinen darauf folgenden Horrorfilmen dar und ist für Leute, die mit beiden Genres etwas anfangen können, auf jeden Fall interessant.




Foto: DVD vom Label Severin und die schöne VÖ vom Label '84