Freitag, 31. Dezember 2021

DÈMONI (1985)








DÄMONEN 2

Italien 1985
Regie: Lamberto Bava
DarstellerInnen: Urbano Barberini, Natasha Hovey, Paola Cozzo, Karl Zinny, Fiore Argento, Nicoletta Elmi, Alex Serra, Michele Soavi, Bettina Ciampolini, Sally Day, Bobby Rhodes, Giovanni Frezza u.a.

Inhalt:
Studentin Cheryl wird in einer Berliner U-Bahn Station von einem mysteriösen Fremden, der Flyer verteilt, zu einer Gratis Kinovorstellung eingeladen. Sie nimmt ihre Freundin Liz mit. Als eine Frau aus dem Publikum sich in einen Dämon verwandelt und Cheryl und die anderen BesucherInnen feststellen, dass sie im Kino eingeschlossen sind, beginnt der verzweifelte Kampf um Leben oder Tod…


Die Platzanweiserin (Nicoletta Elmi)


Frauen sind generell ängstliche zarte Wesen


Unsere Hauptdarstellerin Cheryl (Natasha Hovey) wirkt schon in den ersten Minuten des Films wie eine eher furchtsame Person, wenn sie in der U-Bahn ihren Blick mit weit aufgerissenen Augen unsicher über die mitfahrenden Punks streifen lässt. Sie strahlt etwas Kindliches und Naives aus – eine klassische Klischee-Frauenrolle, wie sie öfters in Produktionen dieser Zeit, die mit dem Namen Argento irgendwie in Verbindung stehen, zu identifizieren sind.

Die Frauen in "Dämonen 2" sind genau genommen durch die Bank entweder ziemlich (durchtriebene) Luder, Flittchen oder eben arme ängstliche Mädchen, die von den Männern mit besonders maskuliner Ausstrahlung und strammen Körperbau (Urbano Barberini oder Bobby Rhodes) gerettet werden müssen und selbstverständlich auch wollen.
Auf der anderen Seite könnte man auch sagen, dass der Film mit diesen Frauenbildern dem (Kino-)Publikum der Achtziger Jahre einen Spiegel vor die Augen hält, in den man heute vielleicht eher nicht mehr gerne länger hinein blickt oder in dem man meint, sich selbst nicht zu reflektieren...

Das handlungstechnisch omnipräsente Spiel mit den verschiedenen Ebenen der Wahrnehmung, also was sich zwischen der Leinwand und dem Publikum im Film und zwischen uns als ZuschauerIn abspielt, ist mit einem verschmitzt-sympathischen Augenzwinkern versehen. Die Handlung ist scheinbar nebensächlich. Dem Kinopublikum in "Dämonen 2" geht es vornehmlich darum, sich zu gruseln und genau das ist es, was wir uns selbst vorrangig von diesem Film erwarten dürfen.
Die Effekte sind bunt und gespickt mit Referenzen an das phantastische Kino der Achtziger Jahre. Die Verwandlungsszenen und Effekte wecken Reminiszenzen an "Tanz der Teufel" (nicht nur beim Namen der Protagonistin "Cheryl"), American Werewolf (nicht nur die körperliche Transformation sondern auch die ähnlich inszenierte Sequenz mit den Punks in der U-Bahn), "Nosferatu – Phantom der Nacht" (von dem auch ein Filmplakat im Hintergrund zu sehen ist). Bei der Gruppe von Punks, die als Unbeteiligte verspätet ins Metropol gelangen und auch der Auswahl von Musik entdeckt man (unbeabsichtigte) Parallelen zu einem unter Horrorfans bis heute noch populären Film wie Return of the living dead, der ebenfalls im Jahr 1985 entstand.


Michele Soavi verteilt Flyer

Mit dem Schauspieler und Regisseur Michele Soavi wurde jemand gecastet, der mit seinen Arbeiten nicht nur selbst wunderbare Beiträge zum Genrekino abgeliefert hat, sondern sich auch durch seine Zusammenarbeit mit Dario Argento auszeichnete und als Nebendarsteller in Lucio Fulcis Ein Zombie hing am Glockenseil einen denkwürdigen Auftritt hatte.

Nicoletta Elmi in der Rolle einer geheimnisvoll wirkenden Platzanweiserin stellt sogar eine Querverbindung zwischen dem Namen Bava und Argento her. Immerhin spielte sie als einstige Kinderdarstellerin mit mysteriöser Aura und ernstem Blick sowohl in mehreren Produktionen Mario Bavas als auch in "Profondo Rosso" von Dario Argento eine wichtige Rolle.

Argento selbst soll laut überlieferten Aussagen des Regisseurs Lamberto Bava nicht nur als Produzent fungiert, sondern großen inhaltlichen Einfluss auf das Drehbuch und die Gestaltung des Films genommen haben.


Das Kino

Kino sowohl im übertragenen als auch im ganz substanziellen, wörtlichen Sinn, ist das zentrale Thema bei "Dämonen 2".
Der Filmpalast namens Metropol, in dem sich die Dämonen und das anfangs noch ahnungslose Publikum befinden, wirkt auf den wenigen Außenaufnahmen selbst wie eine mächtige, dunkle Entität. Ein architektonisch gewaltiger Klotz, der in den dunkelrot glühenden Horizont ragt. Wenn das mal kein (schlechtes) Omen ist.


Grüner Schleim, rot-orange Augen. Hauptsache bunt

Auf jeden Fall sehe ich mir diesen Film immer wieder gerne an, weil er laut und bunt, bisweilen skurril und schlichtweg ein charmantes Produkt seiner Zeit ist. Die quirlige Lebendigkeit der actionreichen Handlung und die Exzentrik der einzelnen Charaktere sind ein Zeugnis von Kreativität, Ideenreichtum und Experimentierfreude. Diese Zuschreibungen können auch als wunderbar passende Allegorie zum Drehort Berlin gelesen werden.
Lamberto Bava war sich auch nicht zu schade für skurrile Wendungen und schelmischen Humor.


Zuerst blind, jetzt auch noch ohne Augäpfel

Als Beispiel kann der blinde Kinobesucher, der von seiner attraktiven Frau während des Films im Nebenraum betrogen wird benannt werden. Oder der Zuhältertyp und seine Begleiterinnen, die sich in der ersten Reihe wie renitente Jugendliche benehmen und kichern, als sie vom Kinopersonal aufgefordert werden müssen, das Rauchen einzustellen. Oder der Mini-Dämon, der ähnlich wie das Alien in Ridley Scotts gleichnachmigen Film aus einem menschlichen Körper herausbricht. Bisweilen wirkt "Dämonen 2" sogar wie ein schrilles Musikvideo.

Überraschenderweise ändert sich die zwar gorige, aber doch eher spaßige Atmosphäre radikal nach dem Durchbruch des Hubschraubers durch die Kinodecke. Cheryl und George können dadurch zwar der klaustrophobischen Enge des Gebäudes entkommen, finden sich jedoch in einem noch schlimmeren Alptraum wieder, denn die Welt ist während ihrem Überlebenskampf im "Metropol" bereits komplett aus den Fugen geraten. So steuern sie unerwartet auf ein apokalyptisches Ende zu, das ganz in der Tradition von Altmeister Lucio Fulci steht und an dessen düsterste Horrorfilme wie Woodoo-Schreckensinsel der Zombies, Ein Zombie hing am Glockenseil oder Über dem Jenseits erinnert.

Wie ich diversen Kommentaren in den Untiefen des Internets entnehme, kommt "Dämonen 2" bei allen, die ihren eigenen Begriff von Logik über den Wert von Unterhaltung stellen, nicht wirklich gut weg.
Ich denke, dies kann man - je nach persönlicher Präferenz - getrost als berechtigten Einwand, Warnung, vielleicht aber auch als paradoxe Form von Empfehlung verstehen.




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