EIN BÜRGER SETZT SICH ZUR WEHR
aka EIN MANN SCHLÄGT ZURÜCK
Italien 1974
Regie: Enzo G. Castellari
DarstellerInnen: Franco Nero, Giancarlo Prete, Barbara Bach, Renzo Palmer, Massimo Vanni, Romano Puppo u.a.
Inhalt:
Genua im Jahre 1974. Carlo
Antonelli, ein einfacher ehrbarer Bürger, leidet wie viele andere
brave Leute unter den Auswirkungen der enormen Kriminalitätsrate im
Land und scheint gerade vom Pech verfolgt zu sein.
Zuerst wird seine Wohnung von
Unbekannten ausgeraubt und völlig verwüstet.
Wenige Tage später gerät er mitten in
einen Banküberfall, bei dem die Verbrecher sein mühsam erspartes
Geld stehlen, das er dort eigentlich sicher verwahrt haben wollte.
Als er in dem Chaos des Banküberfalls
versucht, wenigstens ein paar seiner Scheinchen zu retten, wird er
dabei von den Gangstern auf frischer Tat ertappt, als Geisel genommen
und während einer turbulenten Verfolgungsjagd durch die Straßen
Genuas im Auto übel verprügelt.
Völlig desillusioniert muss er
feststellen, dass die Polizei wieder einmal nicht adäquat reagiert
und der harsche Umgang des Kommissars mit ihm als Zeugen schürt
seine Wut noch mehr.
Er will nur noch eines: das Gesetz
selbst in die Hand nehmen und sich an den Verbrechern, die ihn so
schlimm malträtiert haben, rächen!
Etwas ramponiert und "incazzato nero"! |
Autsch... |
"Ein Bürger setzt sich zur Wehr" ist ein klassischer Poliziottesco und zugleich ein gutes
Beispiel für die tolle Regiearbeit Enzo Castellaris und die
von Erfolg gekrönte Kooperation zwischen ihm und dem Schauspieler Franco Nero.
Mit Castellaris Erfolgsfilm Tote Zeugen singen nicht, ebenfalls mit Nero in der
Hauptrolle, war offenbar im Jahr zuvor der Grundstein für deren
weitere fruchtbare Zusammenarbeit gelegt worden, deren Höhepunkt
1976 mit dem Italowestern "Keoma" erreicht wurde.
Nero spielt Carlo Antonelli, einen
angepassten und etwas naiv wirkenden selbständigen Fotografen.
Stets freundlich, offenbar monogam
veranlagt, mit seiner Barbara (die schöne Barbara Bach) fest
liiert, sich an das Gesetz haltend - schlichtweg das Paradebeispiel
eines braven Zivilisten.
Doch als sich in seinem Leben die
negativen Erlebnisse aufgrund der in Italien explodierenden
Kriminalitätsrate häufen, erwächst eine unbändige Wut in seiner
zarten bürgerlichen Seele.
Wut auf die Verbrecher, das System, die
untätige Polizei, das Gesetz (das die Verbrecher mehr zu schützen
scheint als die braven Bürger) und die Wut, dem nicht
funktionierenden System ohnmächtig ausgeliefert zu sein.
Dieser unbändige Verdruss wird zu seinem einzigen
Antriebsmotor und macht ihn schließlich blind für die Gefahr, in
die er sich begibt.
Carlo gerät so tief in den Strudel
seiner eigenen Rachsucht, dass er schlussendlich bereit ist, nicht
nur seine Beziehung, sondern sogar seine finanzielle Existenz zu
ruinieren...
Aber vorerst muss er erst einmal die
Identität der Bankräuber herausfinden, was bis dato der Polizei mit
ihrer laschen Ermittlungsarbeit nicht gelungen ist.
Doch wie kommt ein bis dato durch und durch anständiger Durchschnittsmensch an Namen und Adressen von "großen Nummern"
in der Unterwelt?
Carlo muss feststellen, dass es nur wenig zielführend ist, einfach in zwielichtigen Spelunken suspekte Individuuen anzusprechen und bemüht sich vernünftigerweise bald um
eine etwas weniger heikle Vorgangsweise.
Durch Erpressung des jungen
Kleinkriminellen Tommy macht er sich dessen Kontakte zunutze und
taucht mithilfe seines neuen Bekannten immer tiefer in das
Verbrecher-Milieu Genuas ab.
Zeigt Tommy anfänglich noch wenig
Kooperationsbereitschaft, so freunden sich die beiden Männer doch im
Laufe ihrer Abenteuer in der Gangsterwelt an.
"Ein Bürger setzt sich zur Wehr"
beginnt relativ gemächlich mit einigen humoristischen Szenen,
entwickelt sich aber rasch zu dem, was er eigentlich ist: einer der
actionreicheren und rasanteren Poliziotteschi, bei dem die Spannung
kontinuierlich steigt.
Castellaris zweiter Poliziottesco ist
einer dieser Filme, bei dem man nicht nur mit dem Protagonisten
mitleidet, sondern auch wiederholt kopfschüttelnd dasitzt, weil
man eigentlich immer wieder versucht ist anzunehmen "schlimmer kann die Situation nicht mehr
werden" und prompt eines Besseren belehrt wird.
Franco Nero wird verfolgt, verprügelt,
mit dem Auto angefahren, durch den Dreck geschleift und sieht nicht
nur authentisch, sondern auch verdammt gut dabei aus.
Einige Szenen wecken Erinnerungen an den zeitlich später
entstandenen grandiosen Italowestern "Keoma".
Nicht nur wegen der von Agonie gezeichneten Mimik Neros, sondern auch, weil Castellari in einigen Actionszenen wieder einmal seine berühmten Zeitlupen-Sequenzen ausreizt.
Nicht nur wegen der von Agonie gezeichneten Mimik Neros, sondern auch, weil Castellari in einigen Actionszenen wieder einmal seine berühmten Zeitlupen-Sequenzen ausreizt.
Kollegial unterstützt wurde Nero von
einigen der charismatischsten und kultigsten Charaktergesichtern, die
das italienische Kino zu bieten hatte: Romano Puppo (u.a. bekannt aus Castellaris Racket), Renzo Palmer (Die Killer der Apokalypse) und
Massimo Vanni (Verdammte, heilige Stadt).
Die De Angelis-Brüder haben sich viel
Mühe gegeben und einen Soundtrack für die Ewigkeit geschaffen.
Die einprägsamen Songs, der dezent melancholische "Goodbye my friend" und die Easy Listening-Komposition "Driving all around" sind Balsam für die Seele und eines der Highlights der damals so populären italienischen Filmmusik-Komponisten.
Wer Franco Nero als vielseitigen Darsteller und Castellaris Gespür für stylisches und temporeiches Kino schätzt, ist mit "Ein Bürger setzt sich zur Wehr" gut bedient.
Die einprägsamen Songs, der dezent melancholische "Goodbye my friend" und die Easy Listening-Komposition "Driving all around" sind Balsam für die Seele und eines der Highlights der damals so populären italienischen Filmmusik-Komponisten.
Wer Franco Nero als vielseitigen Darsteller und Castellaris Gespür für stylisches und temporeiches Kino schätzt, ist mit "Ein Bürger setzt sich zur Wehr" gut bedient.
Foto: DVD von Blue Underground
Foto: Blu Ray von FilmArt