VAMPIRE GEGEN HERAKLES
Italien 1961
Regie: Mario Bava
DarstellerInnen: Reg Park, Christopher Lee, Leonora Ruffo, George Ardisson,
Marisa Belli, Ida Galli, Raf Baldassarre, Franco Giacobini u.a.
Inhalt:
Herkules hat seine Geliebte Deianira zu lange allein gelassen und muss nach
seiner Rückkehr in ihr Königreich feststellen, dass sie an einer mysteriösen Geisteskrankheit
leidet. Von ihrem Onkel Lykus erfährt unser berühmter Halbgott, dass Deianira
mithilfe eines Steins aus dem Reich des Pluto gerettet werden kann. Also macht
er sich mit seinem Freund Theseus und dem freiwilligen Helfer Telemachus auf eine Odyssee in die Unterwelt...
Abenteuerlustige Freunde: Herkules u. Theseus |
Die großartige Ida Galli als Tochter des Pluto |
Bei allen, die in den
Neunziger Jahren ab und zu bei MTV reingeschaut haben, weckt der prinzipiell gar nicht so unpassende deutsche Filmtitel "Vampire gegen Herakles" wahrscheinlich Erinnerungen an die verrückte Serie "Celebrity Deathmatch".
Wenngleich es in "Vampire gegen Herakles" bisweilen ähnlich zugeht wie in der erwähnten Fernsehsendung hat der zweite (unter seinem Namen veröffentlichte) Spielfilm von Regisseur Mario Bava natürlich einen völlig anderen Hintergrund.
Figuren und Kreaturen, erwähnte Gottheiten und (historische) Orte wurden der griechischen Mythologie entlehnt und Vieles davon ist fröhlich und frei neu interpretiert.
Wie der italienische Originaltitel nahelegt,
reist der schwer muskelbepackte Herkules (Reg Park) zum Mittelpunkt der
Erde, um seine Deianira aus dem Nebel der geistigen Umnachtung zu befreien. Bei den ihm gestellten Aufgaben und Kämpfen gegen allerlei Ungeheuer, zuletzt auch tatsächlich gegen Vampire in Mumien-Kostümierung, kommt ihm seine übermenschliche Stärke und sein eiserner Willen zugute.
Was nimmt man nicht alles auf sich für die Liebe seines Lebens?
Basierend auf den in den Fünfziger und Sechziger Jahren erfolgreichen Sandalenfilmen verlässt "Vampire gegen Herakles" jedoch ähnlich wie Maciste, der Rächer der Verdammten und ein paar andere Pepla die populären Genre-Pfade durch eine Verflechtung mit zahlreichen Fantasy und Horror-Elementen.
Ein Bild wie ein surrealistisches Gemälde |
Wobei man anmerken sollte, dass die trivial gehaltene Story funktionell in erster Linie den groben Rahmen bildet für
ein kunterbuntes und temporeiches Effekt-Spektakel. Mario Bava schafft es, in den knapp 86
Minuten Spielzeit Futter fürs Auge en masse zu servieren.
Es gibt nichts was es
nicht gibt und das Motto lautet offenbar: alles leuchtet bunt!
Von geheimnisvoll grünlich oder blau glimmenden Nebelschwaden über prominent in
Szene gesetzte Spinnweben, Höllenfeuer, in diversen Farben illuminierte
Kulissen bis hin zu kargen Landschaften mit Totholz und Skeletten sowie Dingen und
Kreaturen, die man sich nicht einmal in seinen wildesten Fieberträumen
vorstellen kann, ist alles vorhanden.
Herkules jagt so schnell es sein Kampfgewicht zulässt von einem Set zum nächsten und wirft dabei fleißig mit Gesteinsbrocken um sich. Dem unverkennbar hinterlistigen Schurken
Lykus (Christopher Lee) jedoch tritt unser Held dermaßen vertrauensselig gegenüber, dass man bis zur
letzten Minute trotz seiner übermenschlichen Kräfte arge Zweifel hegt,
ob die arme Daianira überhaupt noch zu retten ist.
Würdet ihr diesem Mann vertrauen? |
Zu den
hyperaktiven Muckibrüdern Herkules und Theseus, die sich eher planlos in jede
Situation stürzen bzw. in jedes Szenenbild werfen, bildet Christopher Lee als
böser Onkel Lykus mit seiner unterkühlten Art einen wohltuenden Kontrast.
Doch ohne die
wunderbaren und anbetungswürdigen Hauptdarstellerinnen wäre die eher trivial gehaltene action- und
testosterongeladene Handlung nur halb so reizvoll.
Leonora Ruffo als Daianira ist nicht nur eine Augenweide, sondern spielt ihre
Rolle auch mit einer der Sache zuträglichen Ernsthaftigkeit ohne
Tendenzen in Richtung Over-Acting zu zeigen.
Die unvergleichliche Ida Galli (Un bianco vestito per Marialé, Il delitto del diavolo) beweist als
Lieblingstochter des Gottes der Unterwelt, dass sie in jede Rolle schlüpfen
kann und dabei immer irgendwie majestätisch wirkt.
Neben den optischen Leckerbissen jeglicher Art gilt es noch zu erwähnen, dass der Maestro laut seinem
Sohn Lamberto Bava sogar ein mehrgängiges Menu all’italiana in Form von
traditionellen Gerichten wie Pasta und Polenta in diesen Film eingebaut oder, korrekt formuliert, eingekocht hat.
Es klingt schier unglaublich und dezent verrückt, aber so besagt es die
Legende.
Für das Modell des Schiffes, mit dem Herkules und seine Amici über das
Meer tuckern, soll Bava nämlich Pasta verwendet haben. Und bei der Szene, in der Theseus (Giorgio Ardisson, I lunghi cappelli della morte) an einem Seil über brodelndem Höllenschleim baumelt, wurde mehrmals rot beleuchteter blubbernder Polenta eingeblendet.
Mystische und ästhetische Bildsprache |
Abseits allerlei skurriler und lustiger Begebenheiten gelang es dem Multitalent Bava, der nicht nur Spezialeffekte selbst kreierte, sondern auch versiert im Umgang mit Filmkameras war, auch in diesem Werk ikonische Szenen und Fotografien zu verewigen. Besonders der Moment, in dem sich der niederträchtige Lykos in einer unnatürlich geformten Blutlache spiegelt, dürfte Dario Argento beeindruckt und Eingang in die Bildsprache von "Profondo Rosso" gefunden haben.
Dank der
qualitativ hochwertigen Veröffentlichung von Koch Media ist dieses kunterbunte sowie durch und durch ästhetische Kleinod endlich in voller Farbenpracht zu bewundern.
Der Kauf ist ein Muss für alle VerehrerInnen der visuellen Kunst und des
visionären Filmschaffens Mario Bavas.
Foto: DVD vom Label Fantoma und Kinowelt VÖ