LANDHAUS DER TOTEN SEELEN
Italien, USA 1976
Regie: Dan Curtis
DarstellerInnen: Karen Black, Oliver Reed, Burgess Meredith, Eileen Heckart, Lee Montgomery, Dub Taylor, Bette Davis, Anthony James u.a.
Inhalt:
Marian und Ben Rolf wähnen sich im Urlaubsglück – um nur 900 Dollar dürfen sie die wunderschöne Villa des verschrobenen älteren Geschwisterpaars Allardyce mieten. Für den ganzen Sommer versteht sich. Die Allardyces wirken zwar etwas sonderbar, aber sie sind ja in der Zeit nicht da. Nur ihre 90 Jahre alte Mutter und die soll angeblich sehr pflegeleicht sein. Sie verlässt ihr Zimmer nie und ist zufrieden, wenn man ihr jeden Tag eine warme Mahlzeit hinstellt. Kein Problem für Marian. Mit Bens's Tante Elizabeth und dem Rolfschen Sohnemann Davey macht es sich das Ehepaar Rolf in der ländlichen Gegend gemütlich. Es wäre ein perfekter Sommer, würde das Haus nicht ein seltsames Eigenleben entwickeln und es immer häufiger zu Konflikten, Gewalt und diversen unliebsamen Zwischenfällen kommen...
Sonderbar: das Geschwisterpaar Allardyce |
Schlechte Stimmung bei den Rolfs |
Dieser hervorragende Haunted House Film, der auf einer Geschichte von Robert Marasco beruht, fristet sein Dasein nach wie vor in einer dunklen, verstaubten Ecke des Horror-Subgenres. Im Gegensatz zu dem kommerziell wesentlich erfolgreicheren "Amityville Horror", dessen Horror sich mir ehrlich gesagt nie ganz erschlossen hat, beruht diese Geschichte nicht auf simpler Effekthascherei.
Die Atmosphäre basiert ganz wesentlich auf dem, was in bzw. mit der Familie Rolf geschieht: Die mehr oder weniger kleinen zwischenmenschlichen Grausamkeiten, die emotionale Entfremdung und die Ausbrüche von roher Gewalt.
Die Villa |
Was beinahe wie ein Familiendrama anmutet, hat jedoch einen paranormalen Hintergrund, dessen Deutlichkeit im Lauf der Handlung immer näher ans Tageslicht rückt:
Die Villa, in der die Familie Rolf die Ferien verbringt, ist von Natur aus böse. Sie bezieht ihre Energie aus den Ängsten, Schmerzen und nicht zuletzt aus dem Tod ihrer Bewohnerinnen und Bewohner. Sie ernährt sich von ihnen. Die geballte negative Energie verhilft ihr, die Jahrhunderte zu überdauern und sich regelmäßig selbst zu erneuern.
Wie die böse Schwester des unheimlichen Marsten-Hauses (Brennen muss Salem) demonstriert sie den Menschen mit ihrer kurzen Lebensspanne und Verwundbarkeit deren eigene Vergänglichkeit und somit ihre Überlegenheit. Sie wird nicht müde, unter Beweis zu stellen, wie erbärmlich begrenzt die Spezies Mensch doch ist.
Gelingen kann so ein Film, der seine ProtagonistInnen in seelische Abgründe stürzt und den Verfall familiärer Bindungen zeigt, selbstredend nur mit gutem Schauspiel. Karen Black sieht ja per se schon irgendwie unheimlich aus mit ihren Katzenaugen und den stark betonten, weit auseinander liegenden Wangenknochen. Sie mimt eine Marian Rolf, deren Obsessionen ein haarsträubendes Ausmaß annehmen und die von ihren Liebsten nicht wiedererkannt wird.
Mit Hingabe pflegt sie die Villa und fühlt sich ihr und der mysteriösen Greisin Mrs. Allardyce immer mehr zugehörig während sie sich gegenüber ihrem Mann, Elizabeth und sogar ihrem eigenen Sohn zunehmend rücksichtslos bis feindselig verhält. Eine grandiose Performance.
Oliver Reed, der in der Tat ein weitaus besserer Darsteller war, als sein Ruf als Trinker und Draufgänger es vermuten ließe, stellt als Ben Rolf seine Tiefgründigkeit eindrucksvoll unter Beweis und Bette Davis (Tante Elizabeth) ist natürlich unbestritten eine Leinwandlegende.
Sie alle verhelfen "Landhaus der toten Seelen" zu seiner bedrückenden, gespenstischen Atmosphäre.
Wenn man "Landhaus der toten Seelen" zum ersten Mal sieht, wäre es fatal, sich einen Haunted House Film mit übersinnlichen Phänomenen und zahlreichen Effekten zu erwarten. In der Tat offenbart er sein Wesen nicht unbedingt unmittelbar, sondern entfaltet seine Wirkung erst nach und nach, vielleicht sogar erst mit etwas zeitlichem Abstand.
Gegen Ende hin gerät die Handlung jedoch ganz rasant in Fahrt und wen der vornehmlich psychologische Grusel bis zu diesem Punkt nur ein müdes Lächeln gekostet hat, der wird vielleicht durch die Kompromisslosigkeit und Radikalität des Finales doch noch etwas versöhnlich gestimmt.
Foto: Mediabook von NSM und amerikanische DVD (MGM)