Freitag, 30. Januar 2015

LA VERGINE DI NORIMBERGA (1963)














DAS SCHLOSS DES GRAUENS

Italien 1963
Regie: Antonio Margheriti
DarstellerInnen: Rossana Podestà, Georges Rivière, Christopher Lee, Jim Nolan, Anny Degli Uberti, Luigi Severini u.a.


Inhalt:
Mary Carson begleitet ihren Mann Max zum ersten Mal zu dessen Schloss in Deutschland, das er ein Mal jährlich besucht, um nach dem Rechten zu sehen.
Dort lernt sie nicht nur den mit mittelalterlichen Folterinstrumenten gut ausgestatteten Schlosskeller, sondern auch den unheimlichen Schlossverwalter Erich kennen.
Mary erfährt, dass Erich einst an der Seite ihres im Krieg gefallenen Schwiegervaters gegen die Nazis kämpfte. Seither entstellen Narben sein Gesicht. Und weil der Folterkeller und der einsilbige, verunstaltete Erich noch nicht unheimlich genug sind, verschwindet schließlich eine Hausangestellte, deren Leiche Mary in der Nacht findet. Die arme Frau wurde offensichtlich in der „Eisernen Jungfrau“ zermatscht.
Als die neugierige Mary dann auch noch einem Mann in mittelalterlicher Henkerkostümierung begegnet, fällt sie in Ohnmacht.
Wieder genesen, macht sie sich auf den Weg, das Rätsel um die Identität des Mörders zu lösen. Max scheint sie daran hindern zu wollen. Hat er etwas damit zu tun?


Mary im Nachthemd und eine Angestellte im Schlossgarten


Kein schöner Anblick: Hausverwalter Erich (Lee) 


Der oftmals unter dem Pseudonym "Anthony M. Dawson" in den Credits seiner Werke erscheinende Regisseur Antonio Margheriti lieferte stets gut verdauliche und ansehnliche Filmkost (Satan der Rache, "Asphalt Kannibalen") und experimentierte mit den unterschiedlichen populären Genres.

"Das Schloss des Grauens" stellt eine gelungene, unterhaltsame Mischung aus Gotik-Horror, aufgepeppt mit einer Prise "Giallo" dar und läutete das Zeitalter des etwas brutaleren italienischen Kinos ein.
Warum der Henker, dessen Identität erst gegen Ende offenbart wird, ausgerechnet junge Frauen foltert, wird zwar nicht hinreichend aufgeklärt, liefert aber zumindest den Ansatz einer Erklärung für misogyne Folterszenen, die in der gezeigten Brutalität unter Filmen dieser Zeit ihresgleichen suchen.
Vor allem die Szene, in der eine unschuldige Frau von einer Ratte die halbe Nase weg gefressen wird, ist regelrecht ekelerregend.

Was soll man dazu sagen? Die Geschichte lässt keine Wünsche offen und Margheriti wollte in seinem Werk wohl für jeden ZuschauerInnen-Geschmack etwas einbauen.
Denn auch Gotik- bzw. Hammer-Fans kommen auf ihre Kosten. Die pompöse Innenausstattung des Schlosses und die meist nur wenig, aber gezielt beleuchteten Szenerien zählen zu den ästhetisch geschmackvollsten der Gruselfilme des italienischen Kinos.

"Das Schloss des Grauens" wirkt aufgrund der schrägen Geschichte insgesamt herzig naiv, wie manche Hammer-Filme zu ihren besten Zeiten. Das Schloss, das angeblich in Deutschland steht, ist umgeben von  einem pittoresken Garten mit Palmen, Pinien und anderer interessanter deutscher Flora.
(Gedreht wurde tatsächlich in der Villa Sciarra in Rom, die ebenfalls Schauplatz von Mario Bavas Giallo Blutige Seide war.)

Das Einzige, was im bzw. am Film eindeutig nicht naiv ist, ist die blendend aussehende Protagonistin Mary (Rossana Podestà). Sie traut nichts und niemandem und lässt sich auch von ihrem schmierigen Ehemann nicht täuschen. Denn auch ihr Gatte verhält sich suspekt und scheint mehr über die Vorgänge im Schloss zu wissen, als er zugeben möchte. Die Schlaftabletten, die er Mary verabreichen will, lässt sie in einem unbeobachteten Moment elegant unters Bett fallen und nutzt die erstbeste Gelegenheit, sich unbemerkt aus ihrem Zimmer zu schleichen.
Ihre weiteren Ermittlungen stellt sie dann geschätzte zwei Drittel der Laufzeit in einem langen wallenden Nachthemd an.
Sogar als sie einen verdächtigen älteren Mann im Garten der Villa trifft, der herumzuspionieren scheint, gerät die tapfere Mary kein bisschen in Verlegenheit ob ihrer Gewandung.
Im Gegenteil – sie redet mit dem Mann, als ob es das Normalste der Welt wäre. Es sieht eben stylisch aus und passt zu ihrer Rolle als Schlossherrin.

Christopher Lee erscheint als Erich ein bisschen blass. Er stakst hin und wieder hölzern und unbeholfen durch das Bild und lässt ein wenig bedrohliche Stimmung aufkommen.
Sein Schauspiel war nicht nur durch die wenige Screen-Zeit, sondern auch durch seine Maske eingeschränkt. Mit nur einer beweglichen Gesichtshälfte lässt sich eben schlecht eine besondere Mimik darstellen.

Lieblingszitat (der ominöse Henker zu seinem Opfer):
"Sieh dir diesen Käfig an. So einen hast du noch nie im Leben gesehen. Vor 400 Jahren ist er zum ersten Mal benutzt worden. Es ist die teuflischste Foltermethode, die je ein Menschenhirn sich ausgedacht hat. (…)
Heute hat man zwar mit Hilfe der Wissenschaft erstaunliche Fortschritte gemacht. Aber die alten Martermethoden sind immer noch die besten."

Auch wenn die Handlung zugunsten von Ästhetik und Effekten in den Hintergrund rückt und insgesamt als lose zusammengeschustertes Flickwerk erscheint, zählt "Schloss des Grauens" aufgrund der Ausstattung der Kulissen, der sympathischen Charaktere, des stimmigen Soundtracks von Riz Ortolani und des gesamten Unterhaltungswerts und Niedlichkeitsfaktors zu meinen persönlichen Lieblingsfilmen des Antonio Margheriti.




Foto: Das schöne Digipak von Koch Media und die DVD von Shriek Show