DELLAMORTE DELLAMORE
Deutschland, Frankreich, Italien 1994
Regie: Michele Soavi
DarstellerInnen: Rupert Everett, François Hadji-Lazaro, Anna Falchi, Mickey Knox, Fabiana Formica, Clive
Riche, Katja Anton, Barbara Cupisti u.a.
Inhalt:
In dem beschaulichen
italienischen Örtchen Buffalore geht es nicht mit rechten Dingen zu.
Doch außer dem Friedhofswärter Francesco Dellamorte und seinem
einsilbigen Helfer Gnaghi scheint das niemand zu registrieren.
Dabei haben es die beiden Männer
wirklich schwer. Nacht für Nacht kehren kürzlich Verstorbene auf der Suche nach Nahrung (Menschen) aus
ihren Gräbern wider und müssen schleunigst dorthin zurückbefördert werden.
Francesco wird diese undankbare Aufgabe zuteil. Wie praktisch ist es da doch, dass sein
Häuschen mitten auf dem Friedhofsgelände steht.
Und auch sonst gibt es nur Kummer für die beiden. Mit der Liebe, zumindest zu lebenden Personen, will es auch nicht so richtig klappen. Die Eintönigkeit seiner Existenz macht Francesco zunehmend zu schaffen und er beginnt den Verstand zu verlieren. Wir sind sowieso alle dem Tod geweiht, warum also nicht gleich schon die Lebenden eliminieren?
Foto: Laser Paradise, Medusa und CMV-Retro Edition
Und auch sonst gibt es nur Kummer für die beiden. Mit der Liebe, zumindest zu lebenden Personen, will es auch nicht so richtig klappen. Die Eintönigkeit seiner Existenz macht Francesco zunehmend zu schaffen und er beginnt den Verstand zu verlieren. Wir sind sowieso alle dem Tod geweiht, warum also nicht gleich schon die Lebenden eliminieren?
Unglücklich: Francesco (Everett) und die Namenlose (Falchi) |
Verliebt: Gnaghi und die Tochter des Bürgermeisters |
In den 90er Jahren schien die
Horrorfilmwelle ziemlich abgeflaut zu sein und es fanden in jener
Dekade nicht mehr allzu viele bemerkenswerte Genrewerke den Weg in
die Videotheken.
Die Blütezeit des italienischen Kinos
war bereits Geschichte, die Kulissen in Cinecittà angestaubt und nur
ganz wenige Filme aus dem Stieffelland (meist von zweifelhafter
Qualität) schwappten noch auf den internationalen Markt.
Michele Soavi, der sich sowohl als
Schauspieler (u.a. in Ein Zombie hing am Glockenseil) als auch
als Regisseur verdingte, sorgte jedoch mit seinem ganz besonderen
Beitrag zum Zombiefilm unter den Eurohorror-Fans für Aufsehen.
Nach dem wunderbaren The Sect war "Dellamorte Dellamore" Soavis erster eigenständig produzierter
Film und zugleich der Beweis dafür, dass nicht allein sein
bisheriger Förderer Dario Argento für die Atmosphäre und die
besonders schöne morbide Ästhetik der vorangegangenen Filme
verantwortlich war.
Dellamorte Dellamore. Der Titel ist
zugleich Programm. Im Wesentlichen geht es um die großen Themen der
Menschheit, denen sich niemand entziehen kann. Die Liebe, das Leben
und der Tod.
Ein Zombiefilm mit Ansätzen von Poesie
und Romantik. Eine vergnügliche Verquickung von Genres und Themen,
wie man sie in dieser Kombination nur selten vorfindet.
Auf den ersten Blick kann und soll man
nicht alles zu ernst nehmen und auf den zweiten Blick findet man doch
wieder Tiefgründiges. Oder ist es umgekehrt? Wie immer liegt es im
Auge der Betrachterin und des Betrachters.
"Dellamorte Dellamore" lädt mit
seinen One-Linern über Eros und Thanatos zum (Schmalspur-)
Philosophieren ein, findet aber aufgrund der originellen Effekte von
Maskenbildner-Routinier Sergio Stivaletti (sorgte auch für Gruselszenen in Phenomena oder "Opera") auch sein Publikum unter den Horror-und Zombiefilm-Fans.
Der Friedhof, auf dem Francesco (Rupert
Everett) und Gnaghi leben (und lieben) ist nach dem in Nightbreed einer der mystischsten und romantischsten, den ich je in einem Film
gesehen habe.
Die ästhetische Anordnung der teils verwitterten
und bemoosten Grabsteine und Gruften, die beeindruckenden Engelsstatuen mit ihren
ausgebreiteten Flügeln und die umher wehenden Herbstblätter lassen jedes
morbid angehauchte Herz vor Verzücken ein paar Takte höher
schlagen.
Kuss im Gebeinhaus |
Francesco und Gnaghi |
Inspiration
Dylan Dog Comics, frisch importiert |
Interessant ist außerdem der Aspekt,
dass es sich bei "Dellamorte Dellamore" um eine Adaption bzw.
Verfilmung einer Comic-Geschichte handelt. Die vor allem in Italien
bekannten und beliebten "Fumetti neri" des Zeichners Tiziano Sclavi rund um
den in London lebenden Privatdetektiv Dylan Dog erfreuen sich auch im
europäischen Ausland einiger Beliebtheit.
Francesco Dellamorte ist ein
Doppelgänger von Dylan Dog, der mit seinem Kumpel und Helfer Gnaghi
auf dem Friedhof von Buffalore sein Dasein fristet.
Die Inspiration für den Film "Dellamorte Dellamore" stammt aus einer Geschichte namens "Orrore
nero".
Es wurden Monologe, Dialoge und sogar Kameraeinstellungen direkt daraus übernommen. Dies merkt man dem Film natürlich an und auch Figuren, die in der gedruckten Vorlage nicht vorkommen (beispielsweise die Tochter des Bürgermeisters oder die Freundin von Claudio) verhalten sich wie man es sich von Charakteren in einem Comic erwarten würde und wirken nicht authentisch. Aber trotz einer gewissen Eindimensionalität sind sie in ihrer Überdrehtheit sehr lustig und passen zum Gesamt-Szenario.
Der Schauspieler Rupert Everett sieht Dylan Dog übrigens nicht nur verblüffend ähnlich, sondern war tatsächlich das Dylan Dog-Vorbild für den Zeichner Sclavi.
Es wurden Monologe, Dialoge und sogar Kameraeinstellungen direkt daraus übernommen. Dies merkt man dem Film natürlich an und auch Figuren, die in der gedruckten Vorlage nicht vorkommen (beispielsweise die Tochter des Bürgermeisters oder die Freundin von Claudio) verhalten sich wie man es sich von Charakteren in einem Comic erwarten würde und wirken nicht authentisch. Aber trotz einer gewissen Eindimensionalität sind sie in ihrer Überdrehtheit sehr lustig und passen zum Gesamt-Szenario.
Der Schauspieler Rupert Everett sieht Dylan Dog übrigens nicht nur verblüffend ähnlich, sondern war tatsächlich das Dylan Dog-Vorbild für den Zeichner Sclavi.
Ist es Liebe?
Oft fallen im Zusammenhang mit "Dellamorte Dellamore" Worte wie "Romantik" und "Liebe".
Doch geht es wirklich darum?
Francesco verguckt sich in eine schöne
Witwe (Anna Falchi). Die Unbekannte, von der er beim ersten Hinsehen
scheinbar schon weiß, dass er sie liebt, hat nicht viel zu erzählen,
aber das spielt auch keine Rolle.
Sie hat keinen Namen, keine
Persönlichkeit und keine Vorgeschichte (außer dass sie mit einem
älteren Mann verheiratet war) und das spielt auch alles keine Rolle.
Er will sie haben und sie ist willig. Das ist das Einzige, was zu
zählen scheint.
Diese Frau ist austauschbar und
begegnet Francesco nach ihrem (endgültigen) Tod immer wieder aufs
Neue, nur in leicht veränderten Rollen (Sekretärin des neuen
Bürgermeisters und eine Prostituierte). Er ist fixiert auf sie, er
begehrt ihren Körper, die seelenlose Hülle. Es geht nicht um eine bestimmte Person, sondern das Abbild, das Francesco sich von ihr macht. Um seine (zynische) Idealvorstellung von einer Frau.
Die Ironie an seiner Liebes-Misere ist, dass ihm nicht
bewusst ist, dass er den Bezug zur Welt der Lebenden schon lange
verloren hat und eigentlich alle (Menschen und Zombies) verabscheut.
Mit den Worten "Die erste Liebe zählt
nicht, nur die Letzte" versucht Francesco seinen Kumpel Gnaghi zu
trösten und verkennt dabei, dass Gnaghi seiner wahren Liebe (die
Tochter des Bürgermeisters) viel näher ist als Francesco es jemals
war.
"Dellamorte Dellamore" hat sich
über die Jahre zu einem beliebten Klassiker des Horrorfilms gemausert und nimmt durch seine besondere Optik und seinen kultigen Soundtrack einen besonderen Stellenwert innerhalb des Genres ein.
Für mich ist es mein zweit-liebster
Soavi Film nach dem verkannten und wenig beachteten The Sect.
Foto: Laser Paradise, Medusa und CMV-Retro Edition