DIE DREI GESICHTER DER FURCHT
DER RING DER VERDAMMTEN
(österreichischer Kinotitel)
Frankreich, Italien 1963
Regie: Mario Bava
DarstellerInnen: Boris Karloff, Mark Damon, Michèle Mercier, Glauco Onorato, Gustavo de Nardo, Rika Dialyna, Lidia Alfonsi, Jacqueline Pierreux u.a.
DarstellerInnen: Boris Karloff, Mark Damon, Michèle Mercier, Glauco Onorato, Gustavo de Nardo, Rika Dialyna, Lidia Alfonsi, Jacqueline Pierreux u.a.
Inhalt:
Horror-Ikone Boris Karloff berichtet
von gruseligen Begebenheiten und stimmt uns mit finsteren
Prophezeiungen und Warnungen auf die folgenden drei Episoden ein,
in denen es um geisteskranke ehemalige Liebhaber mit Mordabsichten,
vampirähnliche Wesen im winterlichen Russland und Heimsuchungen
durch Verstorbene geht...
Boris Karloff stimmt uns auf das Folgende ein... |
Wenn sich der Herbst dem Winter
entgegen neigt, die Tage dunkler, kälter und regnerischer werden,
wenn die Bäume ihre farbenprächtigen Blätter abgeworfen haben und
ihre kahlen Äste wie skelettierte Finger dem grauen Himmel entgegen
recken, dann ist Zeit für "Die drei Gesichter der Furcht".
Über zehn Jahre ist es her, dass ich
dieses zeitlose cineastische Kunstwerk, das damals zum Glück von Anolis veröffentlicht wurde, gesehen habe. Eigenartigerweise
kann ich mich noch wie heute an diesen Winterabend erinnern, an dem
ich ob der Bildsprache Bavas in einen tranceähnlichen Zustand
zwischen Euphorie und ehrfüchtigem Staunen versetzt wurde.
Im Nachhinein betrachtet war dieses
Erlebnis so etwas wie ein Intitationsritus und entflammte endgültig
meine Liebe zum italienischen Genrekino der Sechziger und Siebziger
Jahre.
Ein aschfahler Boris Karloff stimmt uns mit durchdringendem Blick und eindrücklichen Warnungen umrahmt von einem expressiven Farbspiel in bester Lagerfeuergeschichten-Manier auf
die folgenden drei Beiträge ein, deren Intensität und
Schauerlichkeit sich von Episode zu Episode kontinuierlich steigern.
Michèle Mercier am roten Telefon |
Episode 1 – DAS TELEFON
Eine Frau erfährt aus der Zeitung,
dass ihr geisteskranker und gemeingefährlicher ehemaliger Liebhaber
aus dem Zuchthaus ausgebrochen ist. Kurz darauf beginnt er sie über
das Telefon zu terrorisieren und behauptet, sie zu beobachten und sogar schneller bei ihr sein zu können als die Polizei...
Schon die ersten Sekunden dieses
Kurz-Giallos sind sagenhaft kunstvoll inszeniert. Wir sehen eine
leere Wohnung, die nur spärlich beleuchtet ist. Die Kamera fährt
langsam durch den Raum. Das schrille Läuten eines roten Telefons
(das später in Blutige Seide wieder auftaucht) dringt
unangenehm ins Ohr und geht in einen etwas erträglicheren Nachhall
über, auf den dann wieder erbarmungslos der nächste alles
durchdringende Ton folgt.
Als Kind, das noch in einem Haushalt mit Wählscheibentelefon aufgewachsen ist, denke ich mir so im Nachhinein betrachtet "Eigentlich kein Wunder, dass alle immer gleich gerannt sind, wenn das Telefon gebimmelt hat."
Als Kind, das noch in einem Haushalt mit Wählscheibentelefon aufgewachsen ist, denke ich mir so im Nachhinein betrachtet "Eigentlich kein Wunder, dass alle immer gleich gerannt sind, wenn das Telefon gebimmelt hat."
Das enervierende Klingeln wird abgelöst vom monotonen Ticken einer Uhr, das eine nur kurze Entspannung suggeriert,
bevor ganz plötzlich lautstark die Tür geöffnet wird.
Durch diese paar Sekunden wird bereits die angespannte Atmosphäre der gesamten Episode vorweggenommen, in der die schöne Michèle Mercier (Friedhof ohne Kreuze) durch Telefonterror und Drohungen beinahe in den Wahnsinn getrieben wird.
Die erste der drei Erzählungen, die häufig als die schwächste der drei eingestuft wird, bietet natürlich nicht die inszenatorische Qualität eines im selben Jahr entstandenen La ragazza che sapeva troppo oder anderer Gialli Mario Bavas. Im Grunde genommen ist es auch vermessen, überhaupt einen Vergleich anzustreben, da "Das Telefon" ein auf 23 Minuten komprimiertes psychologisches Kammerspiel in bester Thriller Tradition mit wundervollen Beleuchtungseffekten ist.
Durch diese paar Sekunden wird bereits die angespannte Atmosphäre der gesamten Episode vorweggenommen, in der die schöne Michèle Mercier (Friedhof ohne Kreuze) durch Telefonterror und Drohungen beinahe in den Wahnsinn getrieben wird.
Die erste der drei Erzählungen, die häufig als die schwächste der drei eingestuft wird, bietet natürlich nicht die inszenatorische Qualität eines im selben Jahr entstandenen La ragazza che sapeva troppo oder anderer Gialli Mario Bavas. Im Grunde genommen ist es auch vermessen, überhaupt einen Vergleich anzustreben, da "Das Telefon" ein auf 23 Minuten komprimiertes psychologisches Kammerspiel in bester Thriller Tradition mit wundervollen Beleuchtungseffekten ist.
Episode 2 – DER WURDELAK
Ein nobler junger Mann reitet durch das
winterliche Russland. Inmitten der Ödnis entdeckt er eine kopflose Leiche und kommt kurze Zeit später bei einer verängstigten Familie unter, die ihm etwas
von Wurdelaks erzählt, die der Legende nach ihren Liebsten das Blut
aussaugen. Bei dieser Gelegenheit macht er Bekanntschaft mit dem alten Vater der Familie,
der sich äußerst merkwürdig verhält...
Das dumpfe unheilvolle Trompetenspiel, mit der die
zweite Episode beginnt, lässt schon erahnen, auf welch düstere
Handlung man sich nun einlassen wird.
Die letzten Sonnenstrahlen am Firmament
werden von der Last der dichten blaugrauen Wolken, die am Abendhimmel
erscheinen, eingekesselt und erdrückt. Vladimir (Mark Damon) macht in der Dämmerung
einen grauenvollen Fund. Es handelt sich um eine Leiche mit
abgetrenntem Kopf, in deren Rücken ein Dolch steckt. Dies ist nur
der erste Vorbote allen Grauens, das da noch kommen wird. Die folgenden Szenen sind in eisigen bläulichen Nebel gehüllt, es gibt
kein Sonnenlicht mehr zu sehen und auch keinen Hoffnungsschimmer für
die Familie, bei der Vladimir Unterschlupf findet.
"Der Wurdelak" ist von einer solch
formvollendeten Morbidität durchzogen, dass alle mir geläufigen Superlative für die Beschreibung dieser ästhetischen Bildsprache
als nicht ausreichend erscheinen. Die kahlen Bäume, dekorativ beleuchtete Spinnweben, der bläulich waberende Nebel, die farbenprächtig illuminierten Ruinen, die Gestalt
des Großvaters (Boris Karloff) an der Fensterscheibe (Vorbote der
Szene mit Melissa in Die toten Augen des Dr. Dracula) - es gibt
so viele Szenenbilder, die ich am liebsten einfrieren und mir direkt an die
Wand hängen möchte!
Boris Karloff als furchterregender Familientyrann Gorgo, der nach der Wurdelak Jagd unverhofft wieder bei seinen Liebsten auftaucht, guckt absolut finster aus der Kapuze und trägt ganz wesentlich zu der grimmigen Stimmung dieser Episode bei.
Boris Karloff als furchterregender Familientyrann Gorgo, der nach der Wurdelak Jagd unverhofft wieder bei seinen Liebsten auftaucht, guckt absolut finster aus der Kapuze und trägt ganz wesentlich zu der grimmigen Stimmung dieser Episode bei.
Glauco Onorato, der neben einigen
Auf(t)ritten in Italowestern auch in Racket eine starke Rolle spielte, mimt seine Rolle ebenso intensiv wie die schöne Griechin Rika Dialyna als
Maria. Susy Andersen (als Sdenka) sieht trotz ihres auffallend wuchtigen Kiefers irgendwie sehr attraktiv und geheimnisvoll
aus.
Und ehe man sich aus den Fängen dieses dramatischen und finsteren Blutsauger Nachtmahrs befreit hat, findet man sich in der stürmischen regnerischen Nacht der nächsten Episode wieder...
Und ehe man sich aus den Fängen dieses dramatischen und finsteren Blutsauger Nachtmahrs befreit hat, findet man sich in der stürmischen regnerischen Nacht der nächsten Episode wieder...
Episode 3 – DER WASSERTROPFEN
Eine Krankenschwester wird mitten in
der Nacht in einen Haushalt gerufen, wo eine ältere Dame während
einer Séance verstorben ist. Sie soll der Dahingeschiedenen das Totenkleid
anziehen, klaut den Ring der Dame und wird alsbald nicht nur von
mysteriösen Wassertropfen-Klängen heimgesucht...
Als Geräuschkulisse zur Einstimmung auf die verstörende
Beschaffenheit der letzten Geschichte dient die
verzerrt und dissonant wirkende Musik, die aus dem Grammophon der
Krankenschwester Helen (perfekt unsympathisch gespielt von Jacqueline
Pierreux) erklingt. Wie in der ersten Episode ist es wieder das
Telefon, das Unheil und Verderben ankündigt. Helen erhält einen
Anruf von einer verzweifelten älteren Haushälterin, die zu verängstigt ist, ihrer bei einer spiritistischen Sitzung verstorbenen Herrin das
Totenhemd selbst anzuziehen.
Die gute Helen, die auf Pietät und Respekt vor den Toten keinen allzu großen Wert legt, übernimmt den nächtlichen Auftrag zunächst widerwillig und gibt die Routinierte. Doch beim Anblick der toten Frau muss sogar sie kurz durchatmen und sich am Bettpfosten festhalten...
Die Dame des Hauses hat ein schrecklich verzerrtes Gesicht, das wie im Moment großen Schocks eingefroren zu sein scheint. Die Augen der Leiche sind weit aufgerissen, der Mund offen, die Haut bereits wächsern. Die Totenstarre hat schon eingesetzt.
Die gute Helen, die auf Pietät und Respekt vor den Toten keinen allzu großen Wert legt, übernimmt den nächtlichen Auftrag zunächst widerwillig und gibt die Routinierte. Doch beim Anblick der toten Frau muss sogar sie kurz durchatmen und sich am Bettpfosten festhalten...
Die Dame des Hauses hat ein schrecklich verzerrtes Gesicht, das wie im Moment großen Schocks eingefroren zu sein scheint. Die Augen der Leiche sind weit aufgerissen, der Mund offen, die Haut bereits wächsern. Die Totenstarre hat schon eingesetzt.
Dieser sehr unheimliche Anblick wird
vom verstörend anmutenden Interieur der Wohnung ergänzt.
Es ist sehr dunkel, die Raumhöhe
und Türen lassen die Haushälterin und die herbeigerufene
Krankenschwester wie kleine verlorene Kinder wirken. Über den
heruntergekommenen Teppichboden laufen scheinbar rastlos irgendwelche
Katzen, auf den antiken Möbeln und in den Schubladen befinden sich
Unmengen an Puppen (womit wieder Erinnerungen an Die toten Augen des Dr. Dracula geweckt werden).
Für die ruppige Krankenschwester, die
der Toten den Ring vom Finger stiehlt, ist es der Beginn einer
dämonischen Heimsuchung, von der der titelgebende mysteriöse
Wassertropfen, der sie bis in ihre eigenen Vier Wände begleitet,
noch der harmloseste Part ist.
Mit nur wenigen Minuten Laufzeit und mit spärlich aber pointiert platzierten Effekten erschuf Mario Bava eine hochgradig atmosphärische und gehaltvolle rabenschwarze Schauergeschichte, die in der Erinnerung kleben bleibt wie die Spinnweben am Kellerfenster...
Mit nur wenigen Minuten Laufzeit und mit spärlich aber pointiert platzierten Effekten erschuf Mario Bava eine hochgradig atmosphärische und gehaltvolle rabenschwarze Schauergeschichte, die in der Erinnerung kleben bleibt wie die Spinnweben am Kellerfenster...
Darüber, ob Bava, hätte er die Möglichkeit
gehabt, einen Director's Cut seines favorisierten Werks zu erstellen, das humoristische und demaskierende Ende mit Karloff weggelassen hätte, kann nur spekuliert werden. Es bleibt fraglich, ob dieses Finale, das den Änderungswünschen der co-produzierenden AIP entsprach, in die endgültige Fassung Eingang gefunden hätte oder nicht.
Ist man mit den Filmen Bavas vertraut, freut man sich über einige Déjà-vus, da der italienische Genre
Regisseur einige Motive aus "Drei Gesichter der Furcht" in seinen
späteren Werken nochmals aufgegriffen hat.
Doch kann man sich ebenso für den Film begeistern wie wenn man (so wie ich damals, vor über einem Jahrzehnt) ganz unbedarft an dieses Werk herantritt und sich einspinnen lässt in das mentale Netz der stimmungsvollen Schauerromantik und der Magie der düsteren Fotografie.
Doch kann man sich ebenso für den Film begeistern wie wenn man (so wie ich damals, vor über einem Jahrzehnt) ganz unbedarft an dieses Werk herantritt und sich einspinnen lässt in das mentale Netz der stimmungsvollen Schauerromantik und der Magie der düsteren Fotografie.