SADO – STOSS DAS TOR ZUR HÖLLE
AUF
Italien 1979
Regie: Joe D'Amato
DarstellerInnen: Kieran Canter, Cinzia
Monreale, Franca Stoppi, Sam Modesto, Anna Cardini u.a.
Inhalt:
Frank ist untröstlich über das frühe
Ableben seiner Verlobten Anna. Er kann und will sich damit nicht abfinden. Als Tierpräparator weiß er genau, was er zu tun hat, als er
Annas Leichnam aus ihrem Sarg zu sich in die Werkstatt holt...Wer ihm fortan in die Quere kommt und seinen Hausfrieden mit
Anna (die er in einem Doppelbett drapiert) stört, wird gekillt.
Vornehmlich junge Frauen, die ihm zu nahe treten. Bei der Beseitigung
der Leichen wird er tatkräftig von seinem ehemaligen Kindermädchen,
der Haushälterin Iris, unterstützt. Wie lange kann er sein perverses Doppelleben geheim halten?
Iris und Frank - eine schwierige Beziehung |
Kurzer Schwächeanfall neben dem Säurebad |
Unterhalten sich zwei Filmfans (die lieber anonym bleiben wollen) nach der
x-ten Sichtung von "Buio Omega"
"Ich überlege noch, wie ich meinen
Zugang zu dem Film definiere. Ich meine, er ist weder lustig, noch
unheimlich oder gar tiefsinnig..."
"Ja, er ist ein reiner
Exploitationfilm."
"Das sehe ich auch so. Aber warum sieht man sich so einen Film an? Wie erklärt man das Jemandem?"
"Das sehe ich auch so. Aber warum sieht man sich so einen Film an? Wie erklärt man das Jemandem?"
"Ich weiß, was du meinst. Klar, wenn
sich Jugendliche sowas ansehen, kann man das noch besser verstehen.
Aber dass zwei Erwachsene sich diesen Film ansehen... Hmmmm..."
"Sado – Stoß das Tor zur Hölle
auf" ist ein Remake des Films "Das dritte Auge" (1966) mit Franco Nero und Erika Blanc in den Hauptrollen. "Sado" erzählt im Wesentlichen die selbe makabere, sexuell konnotierte Dreiecksgeschichte zwischen einem jungen wohlhabenden Mann, seiner
ihm hörigen Haushälterin und dem Objekt seiner sexuellen Begierde –
die Leiche seiner Verlobten.
Während sich Regisseur Mino Guerrini
1966 etwas mehr auf die Geschichte und die psychische Konstitution des Frauenmörders konzentrierte, entschied sich unser allseits beliebter sagenhaft unverschämter Schmuddelregisseur Joe D'Amato dreizehn Jahre später, die Schauwerte
(sprich: die ekelerregenden Effekte) in den Mittelpunkt des
Geschehens zu rücken. Und damit wurde bei diesem Film nicht gegeizt.
Gerüchten zufolge hat der in Deutschland bis zum heutigen Tag
beschlagnahmte Film damals sogar die italienische Justiz beschäftigt.
D'Amato wurde vorgeworfen, für die Ofen-Szene eine echte Leiche
verwendet zu haben...
Das Drehbuch von "Buio Omega" wurde von niemand Geringerem als Giacomo Guerrini verfasst. Ob sich sein Vater Mino
je zu dem daraus entstandenen Machwerk äußerte, ist nicht bekannt.
Er hat sich in einigen wesentlichen Szenen sehr an der väterlichen Vorlage orientiert, manche Einstellungen wurden sogar eins zu eins übernommen.
Jedenfalls haben es der Regisseur-Filius Guerrini und D'Amato verstanden, eine an sich spannungsarme Geschichte
durch die Aneinanderreihung einiger Szenen mit menschlichen
Innereien, Leichen, Sex, Kannibalismus, Nekrophilie und manchen besonders "kreativen" Arten
der Leichenbeseitigung (Zerstückelung und Säurebad) aufzumotzen. Die Kamera hält wirklich auf Alles
unerbittlich drauf.
Doch die Perversitäten und
Situationen, in denen man sich so richtig unbehaglich fühlt, sind
nicht nur die, in denen tief mit dem Skalpell durch totes Fleisch geschnitten oder im Innereien-Eimer gewühlt wird. Neben expliziten Spezialeffekten bietet auch die eindeutig
ungesunde Beziehung zwischen Frank und der Hausangestellten so Einiges an
Verstörungspotential. Manche gehen sogar so weit zu behaupten, dass
die Tisch-Szene, in der Iris Frank tief in die Augen schaut während sie ihm Einblick in ihre Mundhöhle bietet, wo sie ein undefinierbares braunes Fleischgericht von matschiger Konsistenz zermalmt, der
härteste Ekel-Effekt im Film ist.
Die Beziehung zwischen der Hausangestellten und dem Tier-Präparator hat außerdem einen unangenehmen inzestuösen Beigeschmack. Nicht nur, weil Iris sein
ehemaliges Kindermädchen ist und seiner Mutter am Sterbebett
versprochen hat, sich "für immer" (!) um ihn zu kümmern.
Nein,
sie verhält sich ihm gegenüber auch wie eine Mutter. Ihre Liebe ist
bedingungslos. Sie umsorgt ihn, lügt für ihn, erledigt seine
Drecksarbeit und überlässt ihm zum Trost schon mal die
(mütterliche) Brustwarze zum Saugen. Das alles tut sie, ohne Dank
und Anerkennung zu erwarten.
Er hingegen versucht zu rebellieren und
sich wie ein Teenager gegen die übermächtige Mutterfigur aufzulehnen.
Frank verhält sich ablehnend und verletzend, stößt Iris verbal von sich und ist/bleibt dennoch in
(emotionaler) Abhängigkeit zu ihr.
Der stimmungsvolle Soundtrack des Films gehört mit zum Besten, was je von der italienischen Prog-Rock Band Goblin produziert wurde. Er wechselt zwischen treibenden Synthie und E-Gitarre Kompositionen, düsteren Orgelklängen und melancholiegeschwängerter Klavier-Melodie.
In einem erstaunlich großen Ausmaß
profitiert der Film von der sich abwechselnden Tristesse und Energie der
Musik und natürlich auch den Schauplätzen im Südtirol. Warum auch immer die
Charaktere mit Autokennzeichen österreichischer Bundesländer herumfahren, der
Schauplatz von "Buio Omega" ist die malerische Berglandschaft und
Natur Brixens. (Location Fotos hier)
Jeder weiß, wie trügerisch eine ländliche Idylle sein kann und dass sich in ruralen, weniger dicht besiedelten Gebieten häufig die abartigsten Verbrechen abspielen. Dieser Teil des Plots ist neben der grandiosen charismatischen Franca Stoppi in der Rolle der Iris dann auch schon das Glaubwürdigste an dem ganzen herrlichen Schundwerk.
"Sado" zelebriert für sein Publikum eine Orgie des
schlechten Geschmacks.
Zwar sind die Effekte im Vergleich zu heutigen
Exploitationfilmen schlechter, doch vermochte dieser Film seinen Fans im Jahr 1979 und den VideothekenbesucherInnen der 80er Jahre
eine Grenzerfahrung der besonderen Art zu bescheren und ihn im Lauf der Jahre (nicht zuletzt wegen seiner Zensur Geschichte bei unseren deutschen Nachbarn) zu einer
kleinen Genre-Legende zu stilisieren.
Korrekten Menschen mit Buchhalterseele und selbstgefälligen Moral-Aposteln (soll es ja nicht nur bei der BPjM geben) bietet der Film sicherlich auch heute noch ausreichend Anlass, sich (künstlich) aufzuregen.
Und ja, mir bereitet "Buio Omega" immer noch diabolisches Vergnügen.
Und ja, mir bereitet "Buio Omega" immer noch diabolisches Vergnügen.
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