DIE WILDE MEUTE
Italien 1975
Regie: Marcello Andrei
DarstellerInnen: Joe Dallesandro,
Martin Balsam, Magali Noel, Rossano Brazzi, Guido Leontini, Cinzia
Mambretti, Gianluca Farnese u.a.
Inhalt:
Piero und seine Bande verdingen sich
mit Einbruchdiebstählen. Wenn sie nicht gerade in Sachen
Geldbeschaffung unterwegs sind, leben sie locker in den Tag hinein
und machen anderen Menschen das Leben schwer. Manchmal vergnügen sie
sich wie unschuldige spätpubertierende Jugendliche am Strand, an
anderen Tagen zerren sie eine Frau aus dem Auto, um sie zu
vergewaltigen.
Vor allem Piero hat es offenbar satt,
sich an irgendwelche Regeln zu halten und durch seine sich steigernde kriminelle Energie und seine Brutalität gerät er immer mehr außer Kontrolle...
Immer cool auf der Leinwand - Dallesandro |
Herumalbern am Strand |
Unser kleiner Joe Dallesandro (als
Piero) mit seinem amerikanischen Waschbrettbauch, den
durchtrainierten Schenkeln und der schönen, symmetrischen Nase, mimt
wieder mal den Schurken.
Man muss ihn einfach überzeugend
finden in so einer Rolle, denn die Darstellung von Brutalität und
Gefühlskälte gelingt ihm jedes Mal aufs Neue ausgezeichnet. Und seine Biographie lässt erahnen, dass er sich für diese Rollen nicht allzu heftig verbiegen musste. Immerhin ist er in den gefährlichen Ecken von Brooklyn
aufgewachsen und sammelte bereits als Jugendlicher Knast-Erfahrung.
Ein schlimmer Finger, doch die Leinwand
liebt ihn.
Wer Joey etwas abgewinnen kann, wird sich auch sicher diesen Film gerne bis zum Ende ansehen.
Mit der Besetzung der Hauptrolle hat
Regisseur Andrei schon mal etwas richtig gemacht. Allzu viele
Highlights bietet "Die wilde Meute" im weiteren Verlauf leider
nicht.
Die Erzählung dümpelt ohne großartige
Ausreißer nach oben oder nach unten irgendwie vor sich hin, ohne zu
langweilen, ohne zu begeistern. Das Potential der Gesellschaftskritik
und des emotionalen Aufwühlens durch die Gewaltspitzen wurde eben so
wenig ausgeschöpft wie das unseres Joey.
In dem viele Parallelen zu "Die wilde Meute" aufweisenden hervorragenden Fango Bollente wirkt das kleine Muskelpaket wesentlich eindringlicher, in "Toy" skrupelloser und schmieriger.
In dem viele Parallelen zu "Die wilde Meute" aufweisenden hervorragenden Fango Bollente wirkt das kleine Muskelpaket wesentlich eindringlicher, in "Toy" skrupelloser und schmieriger.
Die Rolle des Polizisten (Martin
Balsam), der gegen die Verbrecherbande ermittelt, verläuft ebenso
ins Leere wie die bestimmt gut gemeinte Rolle des Priesters.
Und die kleine schüchtern-naive
Sandra, die von ihrer durchtriebenen Freundin Marisa in die
Verbrecher-Clique eingeführt wird, erscheint ebenso lustlos
heruntergekurbelt wie die unnötige Rolle der einsamen Mutter von Pieros
Kind.
Zu wenig Charaktertiefe kann oft durch
ambitionierten Drehbuch-Übermut und heftigen Sleaze ausgeglichen
werden. Doch es scheint fast so, als ob Andrei einen Film mit
ernsthafteren Untertönen als Konzept gehabt hätte und dieses
Kunstwerk ist ihm leider nicht gelungen.
Ein weitaus eleganteres und nachdenklich stimmenderes Werk mit ähnlicher Thematik hat in dieser Hinsicht Leopoldo Savona mit seinem 1959
entstandenen "Die Nächte sind voller Gefahren" vorgelegt.
"Die wilde Meute" ist in meinen Augen ein eher
halbgares Filmchen, das man sich als Genrefan natürlich ansehen kann
und soll.
Weil Joe Dallesandro und seine Kumpanen
coole enge Schlaghosen tragen, weil er in Rom gedreht wurde und eine
Seite der italienischen Gesellschaft der Vororte zeigt, die
zeitgeschichtlich interessant ist und (zwar wenig ausgefeilte, aber) durchaus interessante sozialpolitische Ansätze bietet.
Mit etwas heruntergeschraubten
Erwartungen einen Blick wert.
Foto: VÖ von Subkultur