Montag, 22. Dezember 2014

LET'S SCARE JESSICA TO DEATH (1971)














GRAUEN UM JESSICA

USA 1971
Regie: John D. Hancock
DarstellerInnen: Zohra Lampert, Barton Heyman, Kevin O'Connor, Gretchen Corbett, Alan Manson u.a.


Inhalt:
Jessica, ihr Mann Duncan und deren gemeinsamer Freund Woody ziehen in ein abgelegenes viktorianisches Farmhaus auf dem Land.
Gerade erst von einem mehrmonatigen stationären Aufenthalt in einer Nervenklink entlassen, hofft Jessica, inmitten der idyllischen Umgebung ihre psychische Gesundheit wieder vollends herstellen zu können.
Die Dorfbewohner verhalten sich den Neuankömmlingen gegenüber seltsam reserviert, fast schon feindselig.
Im Haus angekommen, stellen die drei Freunde fest, dass dieses bereits bewohnt ist: Emily, eine hübsche rothaarige Frau, hat es sich in dem vermeintlich verlassenen Haus gemütlich gemacht.
Da sie allen sympathisch ist, wird sie in der Hausgemeinschaft aufgenommen und darf bis auf Weiteres bleiben. Doch irgendetwas scheint mit ihr nicht ganz zu stimmen... Nicht nur, dass sie einer Frau auf einem alten, vergilbten Foto, das Jessica auf dem Dachboden des Hauses findet, zum Verwechseln ähnlich sieht. Sie hat auch etwas Bedrohliches, Unwirkliches an sich.
Jessica ignoriert vorerst die warnenden Stimmen in ihrem Kopf, bis sie immer mehr Hinweise findet, dass ihr aller Leben in Gefahr ist...


Das ominöse stumme Mädchen versucht Jessica zu warnen


Auch sie macht der armen Jessica eine Heidenangst


Es gibt Filme, bei denen ich aus dem Staunen darüber, wie stiefmütterlich sie behandelt werden, kaum herauskomme. "Das Grauen um Jessica" ist einer davon.
Warum dieser schöne klassische Horrorfilm aus den frühen Siebzigern wohl bislang ausschließlich in Amerika erhältlich ist?
Der Regisseur dieses Films, John D. Hancock, ist ein relativ unbekannter Filmschaffender, der offenbar außer einigen 80er Jahre Serien nur wenig gedreht hat.
Sein erster Spielfilm "Let's scare Jessica to death" weckt bei mir Assoziationen zum faszinierenden "Messias des Bösen": sowohl stilistisch, als auch in Punkto Qualität sowie Bekanntheitsgrad her finden sich Parallelen.
Beide Filme sind meiner Meinung nach zu Unrecht nur wenig bekannte Genreperlen aus den 70er Jahren.

Die Geschichte ist aus der Perspektive Jessicas erzählt. Wir können Teil haben an ihrer Gedanken- und Gefühlswelt, ihren emotionalen Berg- und Talfahrten und ihrer zunehmenden Verunsicherung und Angst.
Bis zum Ende ist unklar, ob Jessica aufgrund ihrer Labilität besonders sensibel und somit imstande ist, als Einzige die Bedrohung zu erkennen oder ob Jessica's eigene angeschlagene Psyche der Auslöser für die geisterhaften Phänomene ist.
Egal zu welcher Interpretation man selbst tendiert, der Film wirkt in erster Linie durch seine alptraumhafte Atmosphäre. Sogar an sich recht banale Szenen wirken Furcht einflößend, weil durch die Art der Aufnahme und die Musik ständig vermittelt wird: "Nimm dich in Acht, hier stimmt etwas nicht!"

Nebelverhangene Landschaften, ein immer wieder unvermittelt auftauchendes stummes Mädchen in einem weißen Kleid und eine im See ertrunkene Frau, die plötzlich im Wasser auftaucht und nach Rache sinnt, jagen Fans des stilvollen Grusels wohlige Schauer über den Rücken.

Die Wirkung dieses besonders unheimlichen Films entfaltet sich auf subtiler Ebene und wird zudem gekonnt ergänzt vom archetypischen psychologischen Horror: dem Gefühl der Entfremdung von ehemals vertrauten Personen, dem Erkennen der drohenden Gefahr und dem Unvermögen, die anderen davor zu warnen und der schlussendlich bitteren Erkenntnis, ganz auf sich allein gestellt den Kampf um Leben und Tod auf sich nehmen zu müssen.

Ein auf Zelluloid gebannter Alptraum aus vergangenen Zeiten, der durch eine absolut klaustrophobische Atmosphäre besticht und dadurch - im Gegensatz zu aktuellen Gruselfilmen - ohne Gongschläge, Kreisch-Einlagen oder überlaute Geräusche auskommt.
Darf's mal etwas leiser und subtiler sein?
Dann tauch gemeinsam mit Jessica in diesen bedrohlichen Alptraum ein. Aber pass gut auf, dass du auch wieder daraus erwachst...




Foto: DVD von Paramount