DER BERSERKER
Italien 1974
Regie: Umberto Lenzi
DarstellerInnen: Tomas Milian, Henry Silva, Laura Belli, Luciano Catenacci, Nello Pazzafini, Gino Santercole, Anita Strindberg, Ray Lovelock, Guido Alberti u.a.
Inhalt
Der Kleinkriminelle Giulio Sacchi hat
einen Hang zu dramatischen Auftritten und gewalttätigen Exzessen.
Leider hat er es in seinem bisherigen Leben weder als ehrlich
arbeitender Bürger noch als Gangster zu etwas gebracht.
Von seinen Ganoven-Kollegen wird er
immer wieder verspottet oder verprügelt. Manchmal auch beides.
Seine Freundin Jone, die aus einer gut bürgerlichen
Mittelschicht-Familie stammt und brav einer geregelten Arbeit
nachgeht, schämt sich, wenn er sie vom Büro abholt.
Doch nun sieht Sacchi sein Leben an
einem persönlichen Wendepunkt.
Schon bald soll alles anders werden.
Dazu plant er mit seinen guten Bekannten Vittorio und Carmine die
Entführung von Marilù Porrino, Tochter eines reichen Geschäftsmanns
(und ausgerechnet der Chef von Jone...).
Dieser Coup soll allen den lang
ersehnten Reichtum bringen. Es sieht zunächst auch danach aus, dass
Ihnen das tatsächlich gelingen könnte.
Der ermittelnde Kommissar Grandi tappt
über die Identität der Täterschaft lange Zeit komplett im Dunkeln.
Wäre Giulio Sacchi nur nicht so ein leicht reizbarer schnell die Beherrschung verlierender Zeitgenosse...
Wäre Giulio Sacchi nur nicht so ein leicht reizbarer schnell die Beherrschung verlierender Zeitgenosse...
Giulio Sacchi muss einstecken |
Kommissar Grandi ärgert sich über Sacchi |
Eigentlich hatte man Tomas Milian ja
die Rolle des Kommissars angeboten. Als er jedoch das Drehbuch
gelesen hatte, war ihm schnell klar, dass er sich viel mehr für die
Rolle des sadistischen und sich als überall benachteiligt sehenden
Giulio Sacchi berufen fühlte.
Anfangs gar nicht begeistert von der
Idee willigte Regisseur Umberto Lenzi schließlich ein (allerdings
unter der Voraussetzung, dass sich Milian mit der für die andere
Rolle vereinbarten Gage zufrieden geben musste).
Eine gute Entscheidung!
Milian spielt Giulio Sacchi nicht, er
ist Giulio Sacchi.
Neben dem Drehbuch von Ernesto Gastaldi
hat man es vor allem Milians ohne Übertreibung grandioser
schauspielerischer Leistung zu verdanken, dass "Der Berserker"
ist, was er ist: eine zynische Charakterstudie über einen Gangster
mit fiesen und intensiven Szenen, die unter die Haut gehen.
Definitiv kein Film für Zartbesaitete.
"Der Berserker" zeigt Gewalt, so wie sie ist und beschönigt
nichts.
Es geht hierbei nicht nur um einige
explizite Gewaltszenen sondern auch um die psychische Brutalität und
Kompromisslosigkeit, die Sacchi an den Tag legt.
Um seine Ziele zu erreichen, schreckt
er vor nichts zurück. Niemand kann ihn aufhalten und wer dennoch
versuchen könnte, sich ihm in den Weg zu stellen, wird mal eben
präventiv kalt gemacht.
Seine Begleiter Vittorio (Gino
Santercole) und Carmine (der niedliche Ray Lovelock) haben eigentlich
keine Wahl als bei der Entführung Marilùs mitzumachen: Er
unterbreitet den beiden anfänglich noch etwas skeptischen
Zeitgenossen seinen Entführungs-Plan und erklärt ihnen kurzerhand,
dass es für sie jetzt, wo sie davon wissen, kein Zurück mehr gibt.
Lenzi zeigt mithilfe des fiktiven
Charakters Giulio Sacchi in einer selten gesehenen Radikalität
menschliche Abgründe auf, die sich in der damaligen und heutigen
Gesellschaft immer wieder auftun.
Denn die Haut der Zivilisation ist
tatsächlich dünner als so Mancher es wahrhaben will.
Auf der anderen Seite steht Kommissar
Grandi (Henry Silva) dem Verbrechen fassungslos und zum Teil hilflos
gegenüber und muss immer wieder erleben, wie wenig er tatsächlich
ausrichten kann und wie oft ihm die Hände gebunden sind.
Er muss sich von seinem Vorgesetzten
und Anwälten erklären lassen, dass es sich bei den von ihm
präsentierten Informationen zur Entführung von Marilù allenfalls
um Verdachtsmomente oder Indizien handelt, er aber keine handfesten
Beweise hat.
Ein undankbarer Job.
Herausragend ist vor allem die Szene,
in der sich der Kommissar und Sacchi zum ersten Mal gegenüber
sitzen.
Das ist großes Kino. Aber seht
selbst...
Lieblingszitat (Sacchi zu seinem etwas
zögerlichen Verbündeten Carmine):
"Giulio Sacchi hat eine Regel entwickelt. Wer etwas weiß, ist dabei. Und wer etwas weiß und nicht dabei ist... der krepiert!"
"Giulio Sacchi hat eine Regel entwickelt. Wer etwas weiß, ist dabei. Und wer etwas weiß und nicht dabei ist... der krepiert!"
Lenzi ist mit "Der Berserker"
ein radikales und kompromissloses Meisterwerk gelungen mit Szenen,
die für die damalige Zeit mehr als gewagt waren und im heutigen Kino
unmöglich wären.
Wer noch kein Milian-Fan ist und ihn
nach Genuss des Films immer noch nicht für einen
Ausnahme-Schauspieler hält, dem kann nicht geholfen werden.
Filmfans, die mit italienischem Kino
der Siebziger etwas anfangen können und es in cineastischer Hinsicht
auch mal gerne "hart und dreckig" mögen, müssen bei "Der
Berserker" zugreifen.
Aber Achtung: Ein bereits einmaliger
Konsum könnte weitere Filmkäufe oder gar eine ausführliche
Entdeckungsreise ins Poliziottesco-Genre nach sich ziehen...
Foto: No Shame DVD, NEW, Alan Young Doppel-DVD
Foto: Blu Ray von FilmArt
Foto: Soundtrack (coole Vinyl-Premiere, gerade noch eine von 500 Stück ergattert)