Sonntag, 3. August 2014

YANKEE (1966)














L'AMERICANO (Alternativtitel)

Italien, Spanien 1966
Regie: Tinto Brass
DarstellerInnen: Philippe Leroy, Adolfo Celi, Mirella Martin, Tomás Torres, Francisco Sanz, Víctor Israel u.a.


Inhalt
Der unter dem Namen "Yankee" bekannte Kopfgeldjäger hat es auf das Gold und den Kopf des Großen Concho abgesehen und unternimmt jeden Versuch, den Tyrannen und seine Männer aus der Reserve zu locken. Als Yankee die Frau das Großen Concho entführt, geht er zu weit.
Das blutige Spiel um Leben und Tod eskaliert...


Der Yankee guckt unterm Hut hervor


Der Große Concho - schwierig und schmierig


Es macht mich immer etwas stutzig, wenn ich ohne Mühe eine Inhaltsangabe in drei Zeilen verpacken kann.
Es gibt allerdings (zumindest in meinem cineastischen Universum) mehr als genug Filme, die auch ohne vielschichtige oder komplexe Story funktionieren.
"Yankee" ist einer dieser Filme.
Denn er ist ein außergewöhnlich fotografierter Italowestern mit für Genre-Verhältnisse beinahe exzentrisch anmutenden Aufnahmen und eigenwilligen Kameraspielereien.

Als Lager dient dem Großen Concho und seinen Männern eine verlassene Kirche.
Diese ist ausgestattet mit bunten Mosaikfenstern und einer Art Thron, von dem aus der Große Concho seine Befehle erteilt, bisweilen mit seiner Peitsche ausholt und Erinnerungen an einen römischen Imperator weckt.


Der Große Concho auf seinem Thron


An den Wänden hängen Portraitbilder, die seinen Mut und seine Stärke illustrieren sollen. Ja, der gute Mann hat einen Hang zum Größenwahn. Denn er ist das Gesetz.

"Und wenn du durch das Dorf reitest, versuch den Atem anzuhalten. Hier gehört sogar die Luft dem Großen Concho und er mag es nicht, wenn jemand sie ihm wegatmet."
Einer von Conchos Männern belehrt den Yankee

Des Großen Conchos Skrupellosigkeit und seine sadistischen Neigungen unterstreichen seinen schmierigen Charakter zusätzlich.

"Ich habe einen Grundsatz. Er lautet: Verbrenne die andern, damit sie dich nicht verbrennen."
Der Große Concho himself

Adolfo Celi (ebenfalls fabelhaft in Django – unbarmherzig wie die Sonne oder Der Mafiaboss), von Natur aus mit einer markanten Visage ausgestattet, wurde von den Maskenbildnern ein vernarbtes Auge verpasst, um noch fieser auszusehen. Dieses spezielle Gimmick verfehlt seine Wirkung nicht.

Der französische Schauspieler Philippe Leroy (Femina Ridens, Milano Kaliber 9), der seine großen Erfolge vornehmlich in Italien feierte und dort unter der Anleitung von namhaften Regisseuren wie Carlo Lizzani, Riccardo Freda, Fernando Di Leo, Sergio Sollima oder Steno arbeitete, ist der Yankee.
In dieser Rolle wirkt er zwar dezent unterfordert, aber auch Banalitäten wie in der Gegend herumstehen, verschmitzt unter dem Hut hervorlugen und kleine Stunts vollführen meistert er bravourös.
Und ans Rad gefesselt macht er mit seinem athletischen Körper eine gute Figur.


Was für ein farbenprächtiges Bild - der Yankee am Rad


Die Musik dümpelt ebenso gemächlich vor sich hin wie die Handlung, verfügt aber über einen passablen Wiedererkennungswert und hält gut bei Laune.

Regisseur Tinto Brass, der später durch seine erotischen Filme und im Besonderen sein Faible für Großaufnahmen von wohlgeformten weiblichen Hinterteilen von sich Reden machte, legte auch in seinem einzigen Western Wert auf weibliche Reize – beispielhaft dafür ist die Kamera, die beinahe ins Dekolleté einer Schauspielerin zu fallen scheint oder die verführerischen Halbnackt-Szenen mit Conchos Frau (die schöne Mirella Martin).

"Yankee" - bisweilen bunt wie ein Pop Art Portrait, gemächlich wie ein altersschwacher Gaul, ungewöhnlich wie Schnee im Sommer und ausreichend ausgestattet mit markigen Sprüchen ist ein netter Italowestern-Leckerbissen für zwischendurch.




Foto: DVD Nr. 2 der "Regenbogen-Collection" von Koch Media