Sonntag, 1. März 2020

LA NUIT DE LA MORT! (1980)














DIE NACHT DES TODES

Frankreich 1980
Regie: Raphaël Delpard
DarstellerInnen: Isabelle Goguey, Michel Flavius, Betty Beckers, Charlotte de Turckheim, Jean Ludow, Georges Lucas, Germaine Delbat u.a.

Inhalt:
Martine nimmt nach einem Disput mit ihrem Freund spontan eine Stelle als Hausmädchen in einer Seniorenresidenz an. Doch irgendetwas scheint dort überhaupt nicht zu stimmen. Ihre Kollegin Nicole verschwindet eines Nachts spurlos. Die BewohnerInnen spielen immer wieder verrückt, ein Frauenmörder treibt in der Gegend sein Unwesen und der hässliche Hausmeister Flavien wirkt nicht nur seltsam bis geisteskrank, sondern auch zunehmend bedrohlich. Je mehr Martine über ihren neuen Arbeitsplatz herausfindet, umso größer wird für sie die Gefahr...


Martine wird vorsichtig


Die Leiterin der Seniorenresidenz führt etwas im Schilde


"Die Nacht des Todes", den ich vor ziemlich genau zehn Jahren zum ersten Mal gesehen habe, ist meiner Meinung nach ein bemerkenswert schöner Genre-Film.
Die oft bemühte Negativ-Kritik aufgrund der Vorhersehbarkeit ist in meinen Augen etwas müßig und überzogen. Wenn wir Horror KonsumentInnen ganz ehrlich zu uns selbst sind – mutiert man nicht nach einer gewissen Anzahl von Filmen selbst zu einem Drehbuch-Orakel? In jeder Dekade erkennt man gewisse Trends und Themen, die sich wiederholen.
Wen das ermüdet, der sollte sich wohl besser andere Filme zu Gemüte führen oder einem anderen Hobby zuwenden.

Dieser weitgehend unbekannte französische Film weist nicht wenige typische Merkmale eines Märchens auf. Märchen... übrigens auch arg vorhersehbare Geschichten...
Martine ist ein Waisenkind, die sanft und gutmütig eine Art Aschenputtel Arbeit macht - und das nicht nur sprichwörtlich - sie poliert sogar Töpfe mit Asche!
Sie erhält dafür nicht viel Lob oder Anerkennung. Die sie umgebenden Menschen verhalten sich ihr gegenüber tendenziell feindselig. Die Leiterin der Seniorenresidenz gebärdet sich wie die in etlichen Märchen obligatorische böse Stiefmutter.
Kollegin Nicole ist zu den Senioren oft grob und zeigt nicht so viel Verständnis wie Martine. Nicole würde eine gute Pech-Marie in Frau Holle abgeben.
Die ganze Geschichte wimmelt dermaßen vor Märchen Analogien, dass man sogar fast damit rechnet, dass Flavien, der jeder jungen Angestellten die immer exakt gleiche, seltsam formulierte Frage stellt: "Würden Sie einen Mann wie mich heiraten? Ich meine nicht mich, aber einen Mann wie mich." in Wahrheit ein verzauberter Prinz ist, der sich zu erkennen gibt, sobald eine der jungen Frauen diese Frage selbstlos und frei von jeder Oberflächlichkeit mit "ja" beantwortet.

Abgesehen von der speziellen Atmosphäre einer Fabel ist "Die Nacht des Todes" zuweilen mysteriös, durch die sparsam gesäten, aber überraschend brachialen Gore-Einlagen in der Zusammenschau mit der an sich eher langsam und ruhig erzählten Geschichte wiederum regelrecht provokativ.
Definitiv eine gewagte Mischung für den damals noch sehr unerfahrenen Regisseur Delpard, der aufgrund seines als sperrig und inkohärent beschriebenen Nachfolgewerks "Clash" einen heftigen Rückschlag einstecken musste. Wegen dieses Misserfolgs und einiger Schmäh-Kritiken verschwand der Name Delpard schließlich von der Leinwand.

Bei den Charakteren und der Interaktion zwischen den Figuren ist eine gewisse Kälte und Distanziertheit spürbar. Diese ist ebenfalls in der Bildsprache und dem Interieur der Räumlichkeiten verortet. Eine Besonderheit, die man in vielen französischen Filmen wahrnimmt und die mich jedes Mal von Neuem fasziniert.


SeniorInnen: Dement, wunderlich oder einfach hinterlistig?


Die eigentlichen Stars von "Die Nacht des Todes" sind die eigensinnigen und exzentrischen Bewohner und Bewohnerinnen des Anwesens. Auf den ersten Blick scheinen sie mit ihren Macken und Verrücktheiten liebenswerte ältere Menschen zu sein. Doch in Wahrheit haben sie es faustdick hinter den Ohren und Martine würde gut daran tun, ihnen nicht über den Weg zu trauen.
Alte Menschen, die andere um ihre Jugendlichkeit und Vitalität beneiden, können absolut skrupellos und arglistig sein. Und sie gehen sprichwörtlich über Leichen.
Besagt zumindest ein wichtiges Genre-Klischee.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute...




Foto: DVD v. Synapse Films und die sehr schöne BD VÖ aus dem Hause Camera Obscura