DIE FALLE
Frankreich, Italien 1968
Regie: Giulio Questi
DarstellerInnen: Gina Lollobrigida,
Jean-Louis Trintignant, Ewa Aulin, Jean Sobieski, Renato Romano,
Giulio Donnini u.a.
Inhalt:
Die geschäftstüchtigen Eheleute Anna
und Marco betreiben eine Hühnerfarm. Abgesehen von Gesprächen
über Profit-Maximierung haben sich die beiden jedoch nicht mehr viel
zu sagen.
Umso mehr genießen sie die Gesellschaft von Gabrielle, die beide mit ihrem jugendlichen Aussehen und ihrem naiv wirkenden Gemüt bezaubert und betört. Die Cousine Annas hat es jedoch faustdick hinter den Ohren und schmiedet gemeinsam mit ihrem Verbündeten bereits hinter dem Rücken des nichts ahnenden Ehepaars Intrigen...
Umso mehr genießen sie die Gesellschaft von Gabrielle, die beide mit ihrem jugendlichen Aussehen und ihrem naiv wirkenden Gemüt bezaubert und betört. Die Cousine Annas hat es jedoch faustdick hinter den Ohren und schmiedet gemeinsam mit ihrem Verbündeten bereits hinter dem Rücken des nichts ahnenden Ehepaars Intrigen...
Undurchschaubar: Marco (Trintignant) |
Anna (Lollobrigida) ist zärtlich zu Gabrielle (Aulin) |
Der Film beginnt mit einem Vorspann,
der uns leinwandfüllend in Eiern pulsierende Küken-Embryonen zeigt,
und dessen verstörende Wirkung durch die disharmonischen Ton- und
Instrumentenkombinationen intensiviert wird.
Regie-Exzentriker Questi (Töte, Django, "Arcana") leitet sodann
unsere Aufmerksamkeit zu weiteren beklemmenden Sequenzen: Ein Mann,
der in der sterilen, trostlos wirkenden Umgebung eines Hotelzimmers
Selbstmord verübt. Ein anderer Mann, der auf sadistische Weise einen
augenscheinlich sexuell motivierten Mord an einer Prostituierten
begeht. Ein weiterer Mann als stummer Beobachter des Geschehens, der nicht
eingreift, sondern passiv an Ort und Stelle verharrt.
Überleitung zum frustrierten Ehepaar
Marco (der Mörder aus der Anfangssequenz) und Anna, die wie Kinder
inmitten der trostlosen Szenerie von eingepferchten Hühnern (man
denkt hier unweigerlich wieder an das unpersönliche Hotel, das seinen Bewohnern
eine gewisse Quadratmeteranzahl und notdürftige Grundausstattung
bietet) gemeinsam mit Gabrielle ein Fotoshooting machen und sich
bestens zu amüsieren scheinen.
Wer bis zu diesem Zeitpunkt
durchgehalten hat und sich auf der Welle morbider
Faszination mittragen lässt, hat gute Chancen, Gefallen an Giulio Questis
avantgardistischem Giallo zu finden.
Eindeutig gehört "Die Falle" nicht
zu der Kategorie von Film, die lockere Unterhaltung verspricht.
Jedoch hat er inhaltlich unheimlich viel zu bieten. Er weckt Assoziationen, regt zu eigenen Interpretationen an und stimuliert unser limbisches System (das Hirnareal, das für Emotionen zuständig ist).
Die Morde, die Marco verübt, treten
erzählerisch auf groteske Weise in den Hintergrund, geraten zur
Nebensache.
Es verhält sich hierbei ähnlich dem routinierten und rationalisierten Töten der Hühner in der Farm, das ebenfalls wie beiläufig eingeschoben und detailliert gezeigt wird.
Im Zentrum der Geschichte steht scheinbar die Dreiecksbeziehung des Ehepaars und Gabrielle. Die sexuelle Anziehungskraft der jungen Blondine weckt sowohl Marcos als auch Annas Begierde.
Es verhält sich hierbei ähnlich dem routinierten und rationalisierten Töten der Hühner in der Farm, das ebenfalls wie beiläufig eingeschoben und detailliert gezeigt wird.
Im Zentrum der Geschichte steht scheinbar die Dreiecksbeziehung des Ehepaars und Gabrielle. Die sexuelle Anziehungskraft der jungen Blondine weckt sowohl Marcos als auch Annas Begierde.
Analog zu Questis Intention, zu keinem
der ProtagonistInnen eine tiefere emotionale Bindung zu entwickeln,
verfolgt man die bemerkenswert eigenwillig konstruierten Szenenabläufe und die
Aneinanderreihung einzelner Handlungsstränge, deren teilweise
Desorganisation wiederum eine stimmige Parallele zum Soundtrack
markieren.
Sowohl Marco als auch Anna sind gewissenlose Ausbeuter, denen jegliche Empathie (sowohl für die von ihnen entlassenen Arbeiter als auch für die von ihnen gequälten Tiere) zu
fehlen scheint. Doch dieselbe Emotionsarmut ist auch bei Gabrielle
erkennbar, die wiederum ihre Unterkunftgeber ausbeutet, hinter deren
Rücken sie einen eiskalten Plan verfolgt.
Marco und Anna befinden sich selbst –
ohne es zu wissen – in einer Art Käfig unter Beobachtung.
"Homo homini lupus!" (Der Mensch
ist des Menschen Wolf) schreit uns Questis desillusionierendes Werk
förmlich entgegen.
Und auch das Schlagwort "Ausbeutung" wird in "Die Falle" groß geschrieben. Menschen benutzen Tiere für finanziellen Gewinn, Menschen benutzen Menschen, um zu Reichtum zu gelangen.
Und auch das Schlagwort "Ausbeutung" wird in "Die Falle" groß geschrieben. Menschen benutzen Tiere für finanziellen Gewinn, Menschen benutzen Menschen, um zu Reichtum zu gelangen.
Stoff zum Analysieren und Interpretieren
findet der geneigte Filmfreund und die Filmfreundin hier natürlich en
masse. Ohne die einzelnen Handlungsstränge an dieser Stelle weiter
entflechten zu wollen (das Schöne sind ja oft die eigenen
Rückschlüsse, die sich nicht unbedingt mit den meinen decken
müssen), reduziert sich "Die Falle" auf ein zurückbleibendes
Gefühl der Irritation.
Dies geschieht nicht mithilfe
expliziter Gewaltszenen (von der Grausamkeit den bemitleidenswerten
Hühnern gegenüber abgesehen), sondern mehr durch seine
psychologische Komponente.
Jean-Louis Trintignant (Marco) mimt
wieder einmal den Undurchschaubaren und lässt aufgrund seiner nur
dezent vorhandenen Mimikregungen kaum Affekte erkennen.
Gina Lollobrigida, aus zugegebenermaßen
mir nicht nachvollziehbaren Gründen als Sexsymbol des italienischen
Kinos der Nachkriegszeit deklariert, fügt sich gut in die Rolle der
unzufriedenen Ehefrau.
Ewa Aulin, das Blondchen mit dem Schlafzimmerblick, gibt sich ebenfalls große Mühe mit der Interpretation ihrer Rolle als hinterhältige Gabrielle.
Ewa Aulin, das Blondchen mit dem Schlafzimmerblick, gibt sich ebenfalls große Mühe mit der Interpretation ihrer Rolle als hinterhältige Gabrielle.
"Die Falle" ist nicht unbedingt ein vergnüglicher Krimi zum Mitraten, bietet aber dem Zuschauer am Ende doch
ausreichend rätselhafte Aspekte, die den Denkapparat ankurbeln. Questi lehnte sich damit weit über die eng gesteckten Genre-Grenzen hinaus.
Der Film polarisiert und spaltet Genre Fans aus nachvollziehbaren Gründen in zwei Lager. Wer diesen schrägen Streifzug durch
die Gefilde der niederen menschlichen Instinkte bis zum Finale gebannt verfolgt hat, weiß, wovon ich schreibe.
Foto: italienische VÖ von Eagle Pictures und VÖ von Ascot Elite