EISKALTE TYPEN AUF HEISSEN ÖFEN
Italien 1976
Regie: Ruggero Deodato
DarstellerInnen: Ray Lovelock, Marc
Porel, Adolfo Celi, Claudio Nicastro, Bruno Corazzari, Franco Citti,
Sofia Dionisio, Silvia Dionisio, Marino Masé, Renato Salvatori u.a.
Inhalt:
Fred und Tony gehören einer
Undercover-Polizeieinheit an, die im Auftrag (oder der Duldung) ihres
Vorgesetzten nicht nur Verbrecher eliminiert, sondern auch gerne
Unruhe stiftet und oftmals über ihr eigentliches Ziel hinaus
schießt. Mit Gangsterboss Pasquini verfolgen sie derzeit einen
besonders gefährlichen Zeitgenossen...
Alfredo und Antonio auf der Jagd nach Verbrechern |
Mit solchen Bösewichten machen sie kurzen Prozess |
Fred (Alfredo) und Tony (Antonio) sind Bullen, wie man sie
nur hassen kann. Sie haben es sich zur Faustregel gemacht, die
Grenzen der Legalität weit zu überschreiten. Mit unglaublicher
Arroganz und Gefühllosigkeit töten sie Verbrecher. Sogar wenn diese
völlig am Ende sind und verletzt am Boden liegen, treten die beiden
Rowdies nochmal ordentlich drauf. Folter gehört selbstverständlich
zu ihren wichtigsten Verhör-Methoden und Frauen muss man einfach (verbal)
belästigen.
Halbherzige Standpauken ihres Bosses
(Adolfo Celi) "Also ich weiß nicht wie ich's euch klar machen
soll... Wie wär's denn, wenn ihr mal verhaftet und nicht immer
gleich losballert?" prallen völlig an ihnen ab und werden mit
Sätzen wie "Die Burschen wollen halt nicht immer so wie wir" dreist gekontert.
Frauen mit großer Klappe wird erstmal mit großer Wucht ins Gesicht geschlagen und mit einem Spruch wie "Noch so 'n
Scherz und du kannst dein Frühstück aus der Schnabeltasse
lutschen" endgültig zum Schweigen gebracht. Schon in Ordnung so. Immerhin hat das vermaledeite Weibsstück gerade Antonios Mutter beleidigt!
Für diesen Spät-Poliziottesco
benötigt man eine gewisse Toleranz gegenüber Gewalt auf dem
Bildschirm, nicht vorhandener Political Correctness und wahrscheinlich
auch einen etwas speziellen Humor.
"Eiskalte Typen..." ist eher als augenzwinkernde Karikatur des italienischen Polizeifilm-Genres zu verstehen.
Immer, wenn ich den Machos Fred (Marc
Porel, Non si sevizia un paperino) und Tony (Ray Lovelock, Il delitto del diavolo, Invasion der Zombies) beim
Brandschatzen und Töten zusehe und mich amüsiere, wie die beiden
Darsteller mit ihren adretten Bubi-Gesichtern die wilden Kerle mit
den dicken Eiern raushängen lassen, versuche ich mir dazu Drehbuchautor Fernando DiLeo vorzustellen. Ich male mir dabei aus, wie er sich beim Schreiben wohl selbst amüsiert hat und vielleicht sogar kichernd mit
seinen Co-Autoren bei einem Glas Vino Rosso am Tisch saß.
Dem politisch links orientierten und
intellektuellen DiLeo (Milano Kaliber 9, Oben ohne, unten Jeans) wurde, wie vielen seiner
Regisseur Kollegen, die sich unter Anderem italienischen Polizeifilmen
widmeten, gerne von der Presse unterstellt, reaktionäre und politisch rechte Aussagen in seinen Filmen zu
verbreiten.
Er steht sinnbildlich für viele italienische Filmschaffende der Siebziger Jahre, mit
denen sich in ihrer Heimat niemand seriös auseinandersetzen wollte und
die neben den großen Künstlern des italienischen Kinos, denen der
Feuilleton bei jedem Schritt die Füße küsste (Visconti, Fellini
etc.), für viele ihrer Filme gar keine oder nur negative Rezensionen erhielten.
Ruggero Deodatos berühmteste Werke
polarisieren aus nachvollziehbaren Gründen bis heute stark. "Eiskalte Typen auf
heißen Öfen" wirkt im Vergleich zu seinen Filmen "Nackt und
zerfleischt" oder "Der Schlitzer" sogar eher harmlos und dennoch geizt er nicht mit gewalttätigen Szenen heftigerer Natur.
Doch bevor es allzu derb und morbide
wird, lässt Deodato Darsteller Ray Lovelock mit samtweicher Stimme
seinen Song "Maggie" intonieren.
War es etwa pure Ironie des Zufalls
oder doch eiskalte Kalkulation?
Ganz bestimmt jedenfalls ist die einlullende Musik mit Textzeilen wie "Violence wasn't so wild around the world..." im Zusammenhang mit den sadistisch veranlagten Polizisten, einfach eine unglaublich tollkühne Verquickung.
Ganz bestimmt jedenfalls ist die einlullende Musik mit Textzeilen wie "Violence wasn't so wild around the world..." im Zusammenhang mit den sadistisch veranlagten Polizisten, einfach eine unglaublich tollkühne Verquickung.
Der leider im letzten Jahr viel zu jung
verstorbene Raymond Lovelock war meiner Meinung nach der sympathischste und
bodenständigste Darsteller des italienischen Genrekinos und ich
werde immer noch ganz wehmütig und melancholisch, wenn ich meine
Lieblingszahnlücke in "Eiskalte Typen..." auf dem Motorrad mit der Nase im Wind sehe und
seine Lieder höre. Und das, obwohl er hier einen wahren Ungustl
spielt, wie er im (österreichischen Wörter-) Buche steht.
Die Verfolgungsjagden, die wie damals durchaus üblich im
fließenden Verkehr ohne Drehgenehmigung gedreht wurden, gehören meiner Meinung nach zu
den waghalsigsten und spannendsten, die man im Genre je gesehen hat.
Wer das Gezeigte allzu ernst nimmt, ist selbst schuld.
"Eiskalte Typen auf heißen Öfen" ist somit geeignet für alle, die tief ins Genre abgetaucht sind und die im Film aufgezeigten Mechanismen zu deuten wissen.